Heute ist laut Kalender Europatag, Männertag oder Vatertag
– ganz, wie es einem beliebt.
Für die meisten Männer ein Grund zum Feiern. Für mich ein Grund, an Philipp und seinen Papa zu
denken.
Darum erzähle ich heute, wie es dazu kam, dass Philipp seit dem 7.10.2010 bei seinem Papa lebt.
Nachdem mir Philipps Großmutter zunächst eine bitterböse Mail geschrieben hatte
(Philipp – Nun ein Brief von der Großmutter?)
und ich ihr hier auf meiner Homepage darauf antwortete, entwickelte sich daraus ein ungewöhnlich
inniger und heftiger »Briefwechsel« zwischen uns.
Wir begriffen beide sehr schnell, dass wir vieles gemeinsam hatten – nicht nur das Schicksal, unsere
Enkel nicht sehen zu dürfen.
Ich breche heute noch (drei Jahre später) in Tränen aus, wenn ich daran denke, was
diese Frau durchgemacht hat:
Nachdem sich Philipps Eltern getrennt hatten, durften sein Vater und auch seine Großeltern Philipp
nicht mehr sehen.
Obwohl die Tochter der Großmutter in dieselbe Kita ging wie Philipp, durfte sie sich nicht als seine
Oma zu erkennen geben, sondern konnte ihm nur »zufällig« mal im Vorübergehen über die Haare
streicheln, ihm anonym kleine Geschenke zukommen lassen, und sie machte gelegentlich aus einem
Gebüsch heraus heimlich Fotos von ihrem Enkel. Wie ein perverser Spanner muss sie sich dabei
gefühlt haben, dabei war es doch nur eine verzweifelte Großmutter, die aus Liebe zu ihrem Enkel vor
Kummer umkam!
Philipps sehr herrschsüchtige und dominante Mutter hatte seinem Papa und der Großmutter mit der
Polizei gedroht, falls sie sich Philipp nähern!
Tja, damals waren die Gesetze noch auf Seiten der Mutter, auch wenn es eine Rabenmutter war!

Philipps Oma und ich schrieben uns dann in den folgenden acht Monaten
1.140 Mails! Zum Teil recht lange, und oft schrieben wir uns auch rund um die Uhr, also
tatsächlich vom Aufstehen bis zum Schlafengehen.
⇐ Hier links siehst du den Ordner mit unseren Mails.
Wenn du das Bild anklickst, siehst du es größer (398 KB).
Dieser Ordner enthält nur MAILS, also keine Empfangsbestätigungen o.ä.
AUSGEDRUCKT hätten diese 1.140 Mails eine Länge von mindestens 1 Kilometer!
Philipps Oma hat dann mit ihrem Sohn (Philipps Papa) darüber gesprochen und ihm auch gesagt, dass
ich wohl der einzige Mensch bin, der ihnen helfen kann, Philipp dauerhaft aus seiner Kinderhölle zu
befreien. Dazu brauchten wir aber die Hilfe von Philipps Papa, der damals allerdings ganz andere
Interessen hatte und keineswegs bereit und in der Lage war, seine Vater-Pflichten wahrzunehmen.
Doch dann schickte er mir diese eMail über mein Kontaktformular:
Sa 10.07.2010, 21:37 Uhr Absender: Papa von Philipp
Hallo Hans,
Hier ist der Papa von Philipp. Ich weiß es ist ungewöhnlich das ich Dir schreibe. Aber mir geht es
nicht so gut… Der Grund ist das mit Philipp. Ich habe ein sehr großes Problem. Ich möchte mir den
großen zu mir holen. Da ich weiß das du sehr viel Ahnung hast möchte ich dich fragen ob du mir ein
paar Tipps geben kannst.. Ich kann mir das nicht mehr anschauen… Habe gestern mir Philipp geholt
und über Nacht gehabt und habe ihn gefragt ob er bei mit wohnen möchte und er hat es mit
Leuchtenden Augen bejaht… Ich will so wie Du ihn eine Rest Kindheit schenken…
Bitte Danke mich im vorraus auf die Antwort
Original-Mail
Am darauf folgenden Sonntag antwortete ich ihm dies:
So. 11.07.2010, 10:00 Uhr
Hi Michel,
schön, dass du dich endlich meldest. :-)
[…] Michel, ich bemühe mich zwar, dir nicht zu nahe zu treten, sehe andererseits aber keinen
vernünftigen Grund dafür, nach allem, was du mir und deinem Kind bisher zugemutet hast.
Ich werde nur aus einem einzigen Grund “Rücksicht” auf dich nehmen: Weil du der Einzige bist, der
PHILIPP dauerhaft helfen kann! […]
Gleich zu Anfang:
Ich spiele immer mit offenen Karten! Du weißt bei mir also immer und jederzeit, woran du
bist.
Und ich bin rücksichtslos offen - auch wenn ich dich mit dem, was ich schreibe oder sage,
verletze oder sogar “umbringen” könnte!
Für mich zählen nur Kinderleben, und PHILIPPs am meisten!
Ich sage dir auch, warum das so ist.
Weil du erwachsen bist und das aushalten musst! Schließlich bist DU für das Dilemma, in dem
PHILIPP steckt, zu einem großen Teil mit verantwortlich - zumindest seit du vor 21 Monaten zum
ersten Mal wieder in sein Leben getreten bist!
Und, weil du sehr lange Zeit PHILIPP (und damit auch mich) verletzt und leiden gelassen hast!
Es gibt keinen einzigen Tag in den vergangenen 2 Jahren, an dem ich nicht wegen
PHILIPP geweint habe! Ich begann damit im August 2008 - und ich habe damit nie mehr aufgehört!
Du und dein Seelenleben sind mir relativ unwichtig - weil ich und PHILIPP dir bisher ebenso
unwichtig waren!
Falls ich dir helfe, dann nur, weil ich PHILIPP
helfen will.
Bevor ich dir helfe, muss ich sicher sein, dass du ein Mensch bist, der für PHILIPP auf Dauer
endlich der PAPA sein kann - und ihn nicht wieder verlässt, wenn er das nächste Weib kennenlernt.
Ma… war dir wichtig, während
dein Sohn sich damit begnügen musste, dass du “anwesend” warst!
Seit dir Ma… unwichtig wurde, ist dir PHILIPP und sein Wohl wichtig. Du bist ein komischer
“Papa” …!
Zitat:
Ich weiß es ist ungewöhnlich das ich Dir schreibe. Aber mir geht es nicht so gut…
Ungewöhnlich ist nur, dass du mir erst jetzt schreibst - wo du seelisch in der
Scheiße steckst.
Ich tue das seit 2 Jahren! Dein Sohn seit sehr viel längerer Zeit!
Ich hoffe, dass du mit deiner Mutter über mich gesprochen hast, damit ich hier nicht bei Null
anfangen muss. Wir sind seit 2 Monaten in Kontakt und haben uns seit dem sehr viel geschrieben
- wenn man es ausdruckt, kommen einige hundert Seiten zusammen …
Zitat:
Der Grund ist das mit Philipp. Ich habe ein sehr großes Problem. Ich möchte mir den großen zu
mir holen. Da ich weiß das du sehr viel Ahnung hast möchte ich dich fragen ob du mir ein paar Tipps
geben kannst.. Ich kann mir das nicht mehr anschauen… Habe gestern mir Philipp geholt und über
Nacht gehabt und habe ihn gefragt ob er bei mit wohnen möchte und er hat es mit Leuchtenden Augen
bejaht… Ich will so wie Du ihn eine Rest Kindheit schenken…
Dass PHILIPP dir “mit leuchtenden Augen” bestätigt hat, dass er bei dir wohnen möchte, beweist
nur, dass sein Zuhause eine Kinderhölle ist und er alles andere vorziehen würde!
Das Leben (d)eines Kindes ist aber kein Wunschkonzert!
Du kannst dich da nicht ein- und ausklinken, wie es dir in den Kram passt!
PHILIPP braucht verlässliche “Bezugspersonen”, denen er 100-prozentig vertrauen kann,
dass sie immer für ihn da sind!
Seine einzige “verlässliche Bezugsperson” ist derzeit seine Mutter, die zwar als Mutter auf
der ganzen Linie versagt hat, aber (fast) immer zumindest für ihre Kinder “anwesend” war.
So sieht das auch das Jugendamt.
Michel, ich will dir nicht deine Fehler vorwerfen. Ich will dir damit sagen, dass du sehr
schlechte Karten in diesem Spiel hast! Sehr, sehr schlechte - wenigstens im Moment.
Wenn ich sicher bin, dass du PHILIPP nie wieder
seelischen Schaden zufügst, helfe ich dir. Dazu muss ich dich als “Menschen” kennenlernen.
Du hast momentan nicht die geringste Chance, PHILIPP zu “bekommen” oder “behalten” zu dürfen!
Deine Chancen kannst du aber erhöhen …
Ich bin nicht dein Vater, darum musst du mir nicht zuhören oder gar tun, was ich sage.
Wenn du mich davon überzeugst, dass es dir wirklich um PHILIPPs und nicht dein eigenes Wohl geht,
dann helfe ich dir!!!
[…]
Gruß Hans
Original-Mail
Dann schickte ich ihm diese Mail:
So 11.07.2010, 12:06 Uhr
Michel, du hattest 19 Monate lang Zeit, mit mir zu reden.
Hättest du es versucht, mir nur signalisiert, dass du es willst, dann wäre PHILIPP heute
schon lange bei dir!
Stattdessen warst du schwanzgesteuert und völlig blind, was PHILIPPs Situation und auch mich
betrifft!
Als du im Oktober 2008 in PHILIPPs Leben kamst, hast du deinen Sohn genauso wenig beachtet wie er
dich!
Michel, PHILIPP hat dich 19 Monate lang nicht als VATER erlebt, sondern als MANN, der was von seiner
Mutter will!
PHILIPP hat dich sehr lange nicht gesehen, nur zwischendurch immer wieder andere “Papas” gehabt.
Dann kam ich in sein Leben, und PHILIPP hat zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, dass er
jemandem wichtig ist!
Er hat erfahren, dass er für mich der wichtigste Mensch der Welt ist.
Ich (und alle, die ihn kannten) habe ihm das immerzu gezeigt, ihn spüren lassen, dass er geliebt
wird!
PHILIPP wusste jederzeit, dass mir niemand und nichts wichtiger ist als er. Dieses Gefühl sollten
Kinder von ihren “Eltern” bekommen …!
Ja, Michel, dir ist mein Engagement für Kinder - und besonders für PHILIPP - erstmal kaum
verständlich oder nachvollziehbar.
Das hat damit zu tun, dass ich so ziemlich der Einzige bin, der sich Kinderschutz
zur Lebensaufgabe gemacht hat.
Andere “Ziele” habe ich nicht … Außer dem einen, mal im Lotto zu gewinnen und dann von dem Geld
ein Kinderparadies zu schaffen, in dem viele von den Kindern leben können, die kein so schönes
Zuhause haben!
Das hat auch was mit meiner eigenen (sehr schlimmen) Vergangenheit zu tun.
In meiner Kindheit habe ich (außer Missbrauch) alles Schreckliche durchleben müssen, was ein Kind
erleben und aushalten kann!
Das hat mich geprägt! Es war viele Jahre zu meinem seelischen Schutz tief in meinem Innersten
vergraben.
Als ich PHILIPP kennen lernte, wurden meine eigenen Erinnerungen wach: An die schönen Seiten meiner
Kindheit - weil ich PHILIPP zu Anfang nur so erlebte, wie ich selber war: Intelligent, hyperaktiv,
offen, kontaktfreudig, fröhlich…
PHILIPP interessierte mich da überhaupt nicht weiter.
Ich traf fast täglich seine Mutter, und mit niemandem sonst konnte ich so “angenehm plaudern”.
Erst, als ich meinen Spielplatzbetreuer-Job hatte, änderte sich das.
Da merkte ich, dass PHILIPP wegen seines “Andersseins” von den anderen Kindern missverstanden,
gemobbt, geschlagen und getreten wurde. Erst da stellte ich mich schützend “wie ein Papa” vor
ihn … so wuchs ich ein wenig in meine Papa-Rolle, ohne das zu merken oder gar zu wollen.
Michel, PHILIPP wäre für mich “ein Kind von vielen” geblieben…
WENN ihn seine Mama beschützt hätte, als er Schutz brauchte!
WENN ihm seine Mama das gegeben hätte, was jedes Kind braucht. Zuwendung und Liebe!
WENN sie ihn versorgt hätte, wie das jede gute Mama für ihr Kind tut!
WENN sie ihn hätte “Kind” sein lassen und seine Kinderrechte respektiert und beachtet hätte!
WENN sie PHILIPP nicht seine Menschenwürde genommen hätte (von seiner Kinderwürde rede ich erst gar
nicht)!
Michel, auch du musst dir sagen und vorhalten lassen, dass du PHILIPPs Seele mit
Füßen getreten hast!
Du hast aber die riesige Chance, ihn das vergessen zu lassen und ihm das Gegenteil zu beweisen!
Weil PHILIPP sich nicht selbst gegen körperliche Angriffe schützen konnte, wie ich
das als Kind konnte, habe ich ihn “unter meine Fittiche genommen”, sein Selbstbewusstsein gestärkt
(dazu reichte eigentlich meine bloße Anwesenheit, meine Liebe und Zuwendung).
Dann habe ich ihm beigebracht, wie er sich selbst schützen kann, wenn ich nicht da
bin.
Nicht durch körperliche Auseinandersetzungen oder Prügeleien, sondern “psychisch”.
Solange er bei mir war, konnte er das sehr gut. PHILIPP kann bis zu einem gewissen Grad seine Seele
schützen. Ich habe ihm das beigebracht, damit er eine winzige Chance hat, wenn niemand für ihn da
ist!
Gegen DICH hat er diesen Seelenschutz allerdings nicht! Verletzt du ihn seelisch, erlebst du das
Schlimmste, was du dir vorstellen kannst und willst!
Wenn du ihn verletzt, indem dir eines Tages etwas anderes als er wichtig wird, dann erlebst du, was
ich niemandem wünsche!
Du musst dir also unbedingt im Klaren darüber sein, was du wirklich willst. Und
du musst das dann auch durchziehen, egal, was in deinem Leben passiert!
Philipp kann auch jederzeit STOP sagen, wenn ihm jemand zu nahe kommt oder ihm
wehtun will!
Wenn er das nun evtl. nicht anwendet, dann liegt das an seinen jetzigen Lebensumständen.
ICH habe mich als Kind niemals mit anderen Kindern rumgeprügelt. Wenn mir ein Kind einen
“wirklichen” Schaden zugefügt hat, dann habe ich es körperlich verletzt - nach meiner Erinnerung
zwei Kinder sogar beinahe tödlich! Ich bin darauf heute weiß Gott nicht stolz. Aber ich hatte aus
diesem Grund eine weitgehend “störungsfreie” Kindheit, was meine gleichaltrigen Mitmenschen betraf.
Ich habe jedem (auch Erwachsenen) ganz klar gemacht, dass er sein Leben riskiert, wenn er mir
Schaden zufügt (körperlich oder seelisch, nicht materiell)!
Daran hat sich bis heute nichts geändert …
Ich bin aus der Tiefe meines Herzens ein sehr guter Mensch - solange man es mich
sein lässt!
Alles, was sich gegen mich oder ein Kind richtet, bekämpfe ich gnadenlos und ohne Ende …!
Keine Sorge, PHILIPP habe ich “meine Überlebensstrategien” nicht beigebracht.
Nur, wie er seinen Körper und seine Seele schützen kann.
Er ist also weiß Gott nicht so “unverletzlich” wie ich das war und bin.
Ich bin mir sehr sicher, dass PHILIPP sehr harte Überlebensstrategien anwenden
wird, wenn er sein Überleben als Kind und Mensch gefährdet sieht!
Er wird über keinerlei Erfahrungen verfügen, die ich hatte. Deshalb wird er auch kein “Gewissen”
haben, das ihn stoppt!
Vertraue also niemals darauf, dass du PHILIPPs “Papa” bist, und Ma… seine
“Mama”!
Verlasse dich niemals darauf, dass du PHILIPPs Vertrauen hast - wenn du es einmal missbrauchen
solltest!
Für PHILIPP geht es einzig und allein darum, seine eigene Kindheit zu
überstehen!
Dazu ist ihm jedes Mittel recht! DU bist eines dieser “Mittel”.
Es liegt an DIR, ob PHILIPP “wirkliche Gefühle” zu dir entwickeln wird! Das kann lange dauern. Aber
schaffst du das nicht, sehe ich für PHILIPP schwarz!
Ja, Michel das ist harte Kost für dich.
Vertraue mir, wie mir dein Kind vertraut hat und sicher noch immer vertraut.
Sein Vertrauen in mich ist erschüttert, weil ich ihn in Obhut nehmen ließ.
Und ich möchte das nicht noch einmal durchleiden müssen. Aber, ich würde mir dieses letzte Leiden
antun, wenn ich damit PHILIPPs Kindheit retten könnte.
Dass PHILIPP mir noch immer vertraut, hast du gesehen, als er am 3. Juli zu mir
kam.
Nach allem, was ihm Ma… über mich erzählt haben wird, ist es eigentlich unvorstellbar, dass er
diesen Schritt tat.
Michel, muss PHILIPP diesen Schritt nochmals tun, weil du nicht für ihn da warst,
als er dich brauchte, dann hast du als Vater versagt und solltest dich aus PHILIPPs Leben
zurückziehen, wenn du dein Kind nicht umbringen willst!
Michel, ich hoffe, dass du etwas von dem begreifst, was ich dir heute sagen wollte.
Bitte denke über dich, deine Gefühle und “Lebensziele” nach, bevor du etwas tust, von dem es kein
Zurück mehr geben kann.
Bei dir allein liegt die Entscheidung, was aus PHILIPP und dir wird!
Ich helfe dir dabei - weil ich PHILIPP helfen will.
LG Hans
Original-Mail
Ich war nicht sicher, ob er darauf antworten würde. Immerhin hatte ich ihm ziemlich
schonungslos geschrieben, was ich von ihm und seinem bisherigen Verhalten Philipp gegenüber halte.
Aber vorsichtshalber hatte ich meine Mails zuvor an seine Mutter geschickt,
damit die entscheiden kann, ob ich ihm meine Texte zumuten kann. Und die hatte mir geschrieben,
dass meine Mails okay sind, weil sie ihrem Sohn jahrelang dasselbe gesagt hatte, ohne bei ihm Gehör
zu finden. Sie fand es gut, dass ihm das nun mal ein Außenstehender sagt. Und sie war gespannt auf
seine Reaktion. Und die kam dann auch ziemlich schnell.
So 11.07.2010, 12:42 Uhr
Hallo Hans,
ich danke dir für diese Worte. Deine Wörter und Sätze sind mir sehr arg doll unter die Haut
gegangen. Es gehen mir sehr viele Gedanken durch den Kopf. Das man manchmal gar nicht weißt, was
man dazu noch sagen soll. Bin auch nicht so der Mensch, der es gerne über Mail oder SMS austrägt.
Weil ich nicht immer so die richtige Wortwahl finde.
Ich weiß das ich auch nicht alles mehr gut machen kann. Möchte aber aus dem tiefsten Herzen das
es Philipp gut geht.
LG Michel
Original-Mail
In der Zwischenzeit hatte ich ihm diese Mail geschrieben:
So 11.07.2010, 12:49 Uhr
Michel,
damit wir uns richtig verstehen: Es geht hier weder um dein, noch um mein Seelenheil.
Ich widme dir meinen gesamten heutigen Sonntag genauso, wie ich die vergangenen 2 Monate
jede freie Minute deiner Mutter gewidmet habe.
Hast du mal darüber nachgedacht, warum ich das tue? Welche Motive ich dafür haben könnte?
Michel, ich habe (nachweislich) vor sehr langer Zeit gesagt: “Wenn PHILIPPs Vater auftaucht und
endlich seine Vater-Rolle ernst nimmt, muss ich PHILIPP nie wieder sehen. Mir genügt es zum
Glücklichsein, wenn ich sicher sein kann, dass PHILIPP glücklich ist!”
Ich sehe mich jetzt nicht mehr in der Rolle, PHILIPPs “Papa” zu sein, weil du nun da bist.
PHILIPP weiß genau, wer welche Rolle in seinem Leben spielt. Er kann das sehr gut auseinander
halten und richtig damit umgehen. Mich sieht er jetzt nicht mehr als seinen “Papa”, aber ich werde
immer der Mensch bleiben, der ihm den Papa ersetzt hat, als er ihn brauchte.
Gehe die Sache also ruhig und besonnen an. Ich helfe dir dabei.
LG Hans
Original-Mail
Dann beantwortete ich seine Mail.
So 11.07.2010, 13:38 Uhr
Hi Michel,
Zitat:
ich danke dir für diese Worte. Deine Wörter und Sätze sind mir sehr arg doll unter die Haut gegangen.
Es gehen mir sehr viele Gedanken durch den Kopf. Das man manchmal gar nicht weißt, was man dazu
noch sagen soll. Bin auch nicht so der Mensch, der es gerne über Mail oder SMS austrägt. Weil ich
nicht immer so die richtige Wortwahl finde.
Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn dir die richtigen Worte fehlen. Wichtig ist nur, dass du mir
mir redest!
Kommunikation ist das Wichtigste, wenn man was erreichen will!
Ich rede (und schreibe) so viel, weil ich verstanden werden will.
Nur, wenn ich verstanden werde, kann ich etwas bewirken.
Und wenn mir etwas wichtig ist, muss ich unbedingt verstanden werden, weil ich sonst mein Ziel nicht
erreichen kann: PHILIPP endlich wieder glücklich zu sehen!
Aber, dass du nicht für ihn da warst, als er dich so sehr brauchte, das hat ihn und mich sehr
tief verletzt!
Wir haben beide sehr tiefe Wunden in unseren Seelen und unseren Herzen, die nichts und niemand
heilen kann!
Wenn sie eines Tages vernarben, erinnern diese Narben uns bis ans Ende unseres Lebens an eine sehr
schlimme Zeit …!
Zitat:
Ich weiß das ich auch nicht alles mehr gut machen kann. Möchte aber aus dem tiefsten Herzen das es
Philipp gut geht.
Es ist richtig, dass man im Nachhinein schlecht die Wunden ungeschehen machen kann, die man mal
geschlagen hat.
Bezüglich PHILIPP hatte ich dir ja schon geschrieben, dass er das ganz gut “vergessen” könnte, wenn
du ihn jetzt nicht mehr enttäuscht.
Und was mich betrifft, gäbe es nur eine einzige Form der Wiedergutmachung: Du darfst deinem Kind nie
wieder antun, was du ihm angetan hast! Wenn du es schaffst, PHILIPP glücklich zu machen
(verwechsele Glück nicht mit kindlicher Freude oder Fröhlichkeit!!!), dann hast du auch mich
glücklich gemacht, dann können meine Narben anfangen zu heilen.
Michel, wenn du schreibst, dass du aus tiefstem Herzen möchtest, dass es PHILIPP gut geht,
dann bist du noch lange nicht reif dafür, einen Platz als PAPA in seinem Herzen einzunehmen!
Erst, wenn du genauso viel wie ich für dieses Kind willst (mehr als ich kann niemand
wollen!), wenn du mehr als ich um PHILIPP weinst, beim Lesen und Schreiben unserer Mails mehr
Tränen vergießt als ich (was ich für unmöglich halte, wenn du keinen eingebauten Wasseranschluss
hast!), erst dann wirst du den Weg sehen, auf dem ich seit langer Zeit gehe!
Michel, PHILIPP ist ein GEFÜHLSMENSCH durch und durch!
Und er hat mich als einen Gefühlsmenschen durch und durch erlebt!
Daran musst du dich jetzt von ihm messen lassen, wenn du als Papa nicht versagen willst!
Du musst deine Gefühle rauslassen, das ist sehr wichtig für PHILIPP!
Ich habe PHILIPP zum fröhlichsten und glücklichsten Kind gemacht. Aber, wir haben nicht nur
zusammen ohne Ende gespielt und gelacht, sondern auch zusammen gelitten und geweint - nicht
nur wegen seiner Situation zu Hause, sondern auch wegen scheinbar ganz “alltäglicher” Dinge.
Lasse PHILIPP an deine Seele und deine Gefühle. Er ist ein Kind, DEIN Kind. Er braucht das, wenn
er dich als seinen Papa im Herzen aufnehmen soll!
Erst, wenn du dir die schwarzen Flecken von der Seele heulst, erst dann hast du eine Chance, bei
PHILIPP als “echter Papa” anzukommen!
Bis es soweit ist, spielst du nur die Papa-ROLLE - und PHILIPP weiß das!
Du solltest JETZT deine Chance nutzen und PHILIPP ehrlich und ohne Schnörkel erzählen, warum du
bisher nicht sein Papa warst und warum du es jetzt sein möchtest.
Wenn das nicht aus deinem tiefsten Herzen kommt, wird es PHILIPP merken und dir das niemals
verzeihen!
Er würde weiterhin seine Sohn-Rolle spielen, weil das mit vielen persönlichen Vorteilen und
Erleichterungen für ihn verbunden ist.
Aber, in seinem Herzen anzukommen, hättest du dann verspielt.
Wenn du noch nicht so bereit bist, für dein Kind jederzeit zu sterben, dann sage ihm offen, dass
du erst deine Gefühle für ihn entdecken und entwickeln musst … DAS wird er verstehen und
akzeptieren. Und diese Ehrlichkeit wird dir ein kleines bisschen das Herz deines Kindes
öffnen …!
LG Hans
Original-Mail
Philipps Papa hat dann wohl eine Weile gebraucht, meine Mails zu verdauen …
So 11.07.2010, 17:06 Uhr
hi,
ich wollte dir nur sagen danke für deine Mails muss es erst mal alles verdauen… es ist
schon warn sinnig viel. will es auch erst mal verarbeiten… ich melde mich auf alle
Fälle bei dir…
LG Michel
Original-Mail
Dann schrieb er mir nicht mehr! Darum schrieb ich ihm zwei Monate später
dies.
Do 09.09.2010, 06:20 Uhr
Hi Michel,
der Text deiner letzten Mail vom 11. Juli war:
Zitat:
ich wollte dir nur sagen danke für deine Mails muss es erst mal alles verdauen… es ist schon warn
sinnig viel. will es auch erst mal verarbeiten… ich melde mich auf alle Fälle bei dir…
Ich finde es traurig und enttäuschend, dass du dich nicht mehr bei mir gemeldet hast.
:-(((
Deine Mutter und ich haben uns inzwischen 380 Mails geschrieben - wobei es gar
nicht mehr um PHILIPP geht. Wir sind auf einer Wellenlänge …
Sie hatte mir geschrieben, dass PHILIPP bei dir war und ihr auch an der Ostsee wart.
Michel, ich habe alles dafür getan, dass PHILIPP einen Papa hat, SEINEN Papa. Und es ist mir
gelungen.
Ich habe keinen Dank von dir erwartet. Aber, es hätte dir nicht schlecht gestanden, wenigstens
mit mir in Kontakt zu bleiben und es vielleicht zu ermöglichen, dass wir uns mal treffen.
Michel, so sollte man nicht mit Menschen umgehen, die selbstlos was für Andere tun.
Sonst kann es passieren, dass man eines Tages ganz alleine dasteht und niemanden mehr hat …
LG Hans
Original-Mail
Diese Mail hatte er bekommen, was die Empfangsbestätigung beweist.

Philipps Papa hat sich bis heute nicht mehr bei mir gemeldet, obwohl er mit meiner Hilfe sogar
das Sorgerecht für Philipp bekam und Philipp seit dem 7. Oktober 2010 bei ihm wohnen darf.
Nur von der Großmutter wurde ich auf dem Laufenden gehalten …
Wir schrieben uns zeitweilig derart oft und lange, dass unser Mail-Verkehr schon Chat-Charakter
hatte.
Nachtrag im Mai 2022:
Weil ich glaubte, Philipp sei in Sicherheit und endlich glücklich, sah ich meine »Mission« als
beendet an und der Mail-Verkehr zwischen seiner Oma und mir schlief ein. Uns hatte ja nur die Sorge
um Philipps Wohl verbunden.
Von Philipps weiterem Schicksal wusste ich jahrelang nichts, weil mich weder die Oma noch jemand
sonst darüber informierte. Darüber berichtet die nächste (und hoffentlich nun allerletzte)
PHILIPP-Seite …
|