Weiterbewilligung der Grundsicherung nach Ablauf…

Das Bundessozialgericht hat bereits im Jahr 2009 entschieden:
»Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums setzen keinen Folgeantrag voraus.«
Urteil vom 29.09.2009 – AZ: B 8 SO 13/08 R –

Dieses Urteil ist ein sogenanntes »Grundsatzurteil«, an das alle anderen Sozial­gerichte und ‑ämter gebunden sind.

Neben diesem Urteil gibt es auch die Ausführungsvorschriften über die Durchführung des Vierten Kapitels SGB XII70 KB (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) vom 29.11.2021, die für alle Sozialämter bindend sind.
Darin ist Folgendes nachzulesen:

14. Weiterbewilligung und Mitwirkung der Leistungsberechtigten
(1) Für die Weiterbewilligung der Grundsicherungsleistungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums ist keine erneute Antragstellung erforderlich.
In einem angemessenen Zeitraum vor Ablauf des Bewilligungszeitraums sind die Anspruchsvoraussetzungen für den weiteren Bezug der Grundsicherungs­leistungen zu überprüfen.
Sofern dem Bezirksamt entsprechende Erkenntnisse über die persönlichen und finanziellen Verhältnisse vorliegen, erfolgt die Weiterbewilligung der Grundsicherungsleistungen von Amts wegen. Ansonsten sind die persönlichen und finanziellen Verhältnisse durch Übersendung eines Fragebogens zu ermitteln. Über die Folgen einer fehlenden Mitwirkung sind die leistungs­berechtigten Personen schriftlich zu informieren.

Aber selbst wenn du deiner »Mitwirkungspflicht« nicht hinreichend nachkommst, soll dir das Amt nicht gleich die Leistungen versagen, sondern dich erst an deine Mitwirkungs­pflicht erinnern und andere Mittel ausschöpfen. Das steht in Absatz 2 derselben Vorschrift:

(2) Kommen die Leistungsberechtigten ihren Mitwirkungspflichten (Rücküber­sendung des Fragebogens, Übersendung von Unterlagen) nach § 60 SGB I nicht hinreichend nach, sollte den leistungsberechtigten Personen in der Regel eine entsprechende Erinnerung übersandt werden. Eine Versagung der Grund­sicherungsleistungen nach § 66 Abs. 1 SGB I sollte erst dann erfolgen, wenn unter Berücksichtigung der persönlichen Situation der leistungsberechtigten Person trotz Erinnerung und Ausschöpfen anderer adäquater Mittel (z.B. Einschaltung des Sozialdienstes) die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse weiterhin ungeklärt sind.

Und falls die Leistungen wegen deiner fehlenden Mitwirkung rechtmäßig versagt werden, ist dir das schriftlich – mit Begründung – bekanntzumachen. In dem Bescheid musst du auch darauf hingewiesen werden, dass du die Möglichkeit hast, das aus der Welt zu schaffen und die Leistungen doch noch (sogar rückwirkend) zu bekommen, indem du das Versäumte nachholst. Das steht in Absatz 3 dieser Bestimmung:

(3) Die Versagung der Leistung ist den leistungsberechtigten Personen durch Verwaltungsakt, der auf dem eigenständigen Versagungsgrund des § 66 Abs. 1 SGB I (fehlende Mitwirkung) beruht, bekanntzumachen. Dieser Bescheid ist mit der auflösenden Bedingung zu versehen, dass im Falle der Nachholung der Mitwirkung (Übersendung des Fragebogens bzw. anderer Unterlagen) die Wirksamkeit der Versagung entfällt. Bei Nachholung der Mitwirkung sind die Grundsicherungs­leistungen gemäß § 67 SGB I nachträglich in der den leistungsberechtigten Personen zustehenden Höhe zu gewähren.

Fazit:
Wenn du bereits »Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung« bekommst, musst du nicht jedes Jahr deinen Antrag erneuern. Du bist nur verpflichtet, dem Amt mitzuteilen, wenn sich etwas an deinen persönlichen oder finanziellen Verhältnissen geändert hat (bei Rentnern ist das z.B. die jährliche Rentenanpassung im Juli).
Nach deinem Erstantrag muss dir demnach die Grundsicherung fortlaufend und ohne neuen Antrag weiterhin gezahlt werden. Der Bescheid über die »Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung« ist zwar in der Regel auf ein Jahr begrenzt, das hat aber keine Auswirkungen auf deinen Grundsicherungs-Anspruch! Die Zahlungen des Amtes müssen also auch nach dem Bewilligungszeitraum weiterlaufen!


📌Tipp:
Du solltest vor Ablauf des Bewilligungs­zeitraums dem Amt kurz schreiben, dass sich deine persönlichen und finanziellen Verhältnisse nicht geändert haben und diesem Schreiben die Kontoauszüge der vergangenen drei Monate beifügen. Musterschreiben
Damit hat dann das Amt »die erforderlichen Erkenntnisse über deine persönlichen und finanziellen Verhältnisse«, sodass einer Weiterbewilligung der Grundsicherung »von Amts wegen« nichts im Wege steht.

Bist du der Meinung, dass das für dich zuständige Grundsicherungsamt gegen das BSG-Urteil und/oder die oben zitierten Ausführungsvorschriften verstößt, solltest du dich an einen Fachanwalt für Sozialrecht wenden und gegen dieses Amt klagen. Weise ihn gegebenenfalls auf das BSG-Urteil hin.
KOSTEN dürften dir dabei nicht entstehen, weil du als Grundsicherungsempfänger Prozesskostenhilfe bekommst und damit der Steuerzahler für die Anwalts- und Prozesskosten aufkommt.




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