📔 Geschichten … 04/08

Meine Oma machte alles mit links!

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Wenn jemand etwas besonders gut kann oder ihm eine Tätigkeit besonders leicht von der Hand geht, sagt man: Der macht das mit links!

Im Fall meiner Oma machte die nicht nur eine bestimmte Sache mit links, sondern grundsätzlich und ausnahmslos ALLES.
In der Schule habe ich natürlich damit angegeben. Wenn Mitschüler prahlten, ihr Opa sei im Krieg gefallen, dann konnte ich das nicht toppen, denn meiner war ebenfalls im Krieg gefallen. Mehr nicht.
Aber ich hatte einen Trumpf im Ärmel: Meine Oma macht alles mit links! – ALLES! Brot und Wurst schneiden, Stullen schmieren, kochen und backen, Holz hacken, Wäsche waschen, schreiben, in der Nase popeln, rasieren [ihren Oberlippenbart], Schuhe zubinden … Nur nicht ihre Fingernägel schneiden.
Hä, deine Oma kann ALLES, aber nicht sowas LEICHTES?
Ja, sie hat nur EINEN ARM, DEN LINKEN. – Den rechten hat sie verloren, als sie einen russischen Panzer aufgehalten hat, der meinen gefallenen Opa überrollen wollte!
Das war leicht übertrieben, aber doch noch nahe an der Wahrheit. Einen gefallenen Opa konnte nach dem Krieg schließlich jeder haben. Aber eine Oma, die eigenhändig Panzer aufhalten und einarmig Holz hacken konnte wie ein sibirischer Holzfäller (und fluchen wie ein russischer Seemann), die hatte nicht jeder.

Gut, der »Panzer« war in Wahrheit ein Traktor (aber laut und schwer wie ein Panzer!) und das »Schlachtfeld« war ein Acker, auf dem sich meine Oma als junges Mädel rumtrieb. Aber ansonsten stimmte die Geschichte.

Als meine Oma jung war, musste niemand nach links und rechts gucken, bevor er eine Straße überquerte. Außer Pferdefuhrwerken und gelegentlich mal einem Traktor gab es nichts, was die Dorfidylle stören oder einen gar versehentlich überfahren konnte. Man konnte getrost seine Kinder den ganzen Tag alleine draußen spielen lassen, ohne sich Gedanken um deren Sicherheit machen zu müssen.

Heute ist das wieder ganz ähnlich: Man muss sich keine Sorgen um sein Kind machen, weil das keine zehn Pferde von seinem Smartphone oder seiner Spielekonsole wegkriegen.

Wie es meine Oma geschafft hat, dass ihr ein Traktor über den rechten Arm fährt, weiß ich nicht. Als sie noch lebte, habe ich sie das nicht gefragt, weil ihre Einarmigkeit für mich das Normalste der Welt war. Ich kannte sie ja nicht anders (und dachte vielleicht, alle Omas dieser Welt wären einarmig).

Wäre ihr 100 Jahre später ein Traktor über den Arm gefahren, dann hätte sie mit dem anderen ihr Smartphone gezückt, über den Bildschirm gewischt und einen Notruf abgesetzt. Zehn Minuten später wäre ein ADHC-Hubschrauber nebst Notarzt vom Himmel gestoßen, hätte neben ihr Platz genommen und sie innerhalb weiterer 10 Minuten ins nächste Krankenhaus geflogen, wo man ihr den Arm mühelos repariert hätte.
Ihr Arm war ja nach dem Unfall nicht ab, sondern musste ihr erst später amputiert werden, weil sie viel zu spät ins Krankenhaus kam. (Pferdefuhrwerke hatten damals noch kein Blaulicht und waren mit 2 PS auch nicht sonderlich schnell unterwegs.)

Seit diesem Tag nannte man Traktorfahrer »Traktoristen«, was sich von TRAKTOR und TERRORISTEN ableitete.

Damit meine Oma nicht »mit leeren Händen« das Krankenhaus verlassen musste, schenkte man ihr zum Trost einen HOLZ-ARM.

Ja, damals bestanden die menschlichen Ersatzteile noch aus NACHWACHSENDEN ROHSTOFFEN heimischer Herkunft!
Hätte ihn meine Oma über Nacht in einen Eimer mit Wasser gestellt (statt ihn über ihr Bett an die Wand zu hängen), dann hätte ihr Kind (meine Mutter) wahrscheinlich weniger Albträume gehabt und dem Arm wären vielleicht ein paar Zweige (gewissermaßen: zusätzliche Finger) gewachsen.

Aber meine Oma mochte diesen Arm nicht und meinte, der sei so nutzlos wie eine Kerze unter Wasser.
Wenn sie ihn umschnallte, drückte er nur (er drückte sich sogar vor der Arbeit) und war zu nichts zu gebrauchen. Und wenn sie auf einem Stück Holz schlafen will, könne sie sich auch zu den Hühnern auf die Stange hocken.
Über dem Bett ersetzte er ein (holzgerahmtes) Bild, war niemandem im Weg, und im Notfall konnte man ihn immer noch im Küchenofen verfeuern.

Meine Mutter (also die Mutter meiner 6 Geschwister) klagte mir jahrelang ihr Leid, dass dieser Holzarm an der Wand der Albtraum ihrer gesamten Kindheit gewesen wäre. Andere Albträume hätte sie nie gehabt.
Ich fand das ziemlich arm-selig. Ein Holz-Arm überm Bett kann doch nicht schlimmer sein als das, was heutzutage über diverse Bildschirme in Kinderköpfe kommt (viele Kinder nehmen freiwillig sprechende Schwämme, Spinnenmänner, Eisprinzessinnen und spindeldürre Barbies mit ins Bett!).
Wenn auf einem öffentlich-rechtlichen Kinderkanal zum Sendeschluss stundenlang ein blöd-quatschendes BROT über den Bildschirm flimmert, DAS sollte Kindern Albträume machen!
Was ist dagegen ein Arm aus Holz? ICH, als Junge, würde den in meine Bauklötzer-Sammlung aufnehmen und zum Beispiel als KRAN benutzen. Und meine Mutter hätte den hübsch einkleiden und als kopflose-Puppe verwenden können. Er wäre auch ein prima Rückenkratzer für Stellen, wo man selbst nie hinkommt. Man könnte ihn auch aus Schabernack dem Fleischer in die Ladentür klemmen oder in der Schule dem Lehrer auf den Pult legen.

Ja, heute habe ich gut reden.
Aber damals, als ich dieses Ungeheuer im Schrank meiner Oma fand, standen mir alle Haare zu Berge! Sogar die, die mir erst Jahre später in der Schamgegend wuchsen. Und das kam so:

Meine Großmutter hatte sich, wie jeden Sonntag, in die Kirche begeben. Ich weilte besuchsweise bei ihr, hatte sie aber nicht dorthin begleitet, weil mir der Lärm der Kirchenglocken aus der Ferne vollauf genügte. Außerdem hatte ich schon Mühe, in der Schule einem lehrenden Quatschkopf länger als drei Minuten zuzuhören. Einer stungenlangen Predigt vom Stadtpfarrer war ich psychisch einfach nicht gewachsen.

Als derselbe Pfarrer mich wenig später sogar adoptieren wollte (weil mein Stiefvater mich misshandelte) und das eine gute Alternative zum Kinderheim sein sollte (er hätte mich studieren lassen wie seine beiden leiblichen Söhne und »etwas Anständiges« aus mir gemacht), konnte ich diesem Schicksal nur entkommen, indem ich verkündete, mich in diesem Fall im Glockenturm am Glockenseil aufzuhängen.
Das war natürlich nicht mein Ernst. Aber ich hatte es sehr überzeugend vorgetragen. Deshalb durfte ich dann im Kinderheim leben (statt im Glockenturm zu hängen). 😎

Meine Oma weilte also in der Kirche, und ich konnte in aller Ruhe meine Langeweile mit dem Durchsuchen ihrer wenigen Habseligkeiten bekämpfen.
Ich hatte weder Bodenschätze noch andere Reichtümer im Sinn, sondern war einfach nur neugierig, was eine »alte Frau« so alles in ihren Schränken aufbewahrt. Ich habe sie komischerweise als alte, grauhaarige Frau in Erinnerung, obwohl sie damals erst 50 war, also 20 Jahre jünger als ich heute).
Vielleicht hatte ich alte Fotos von meiner Mutter als Kind erwartet. Oder vom gefallenen Opa.
Von der Existenz ihres Holz-Armes wusste ich bis zu diesem Tag absolut nichts. Er war nie ein Thema.
Wahrscheinlich lag der schon seit 40 Jahren oder länger bei meiner Oma im Schrank und gammelte dort vor sich hin. Jedenfalls sah er ziemlich schrecklich aus, als ich ihn dort antraf. Besonders gruselig fand ich, dass meine Oma den in eine alte Übergardine gewickelt und mit der Hand nach oben in eine Ecke ihres Kleiderschrankes gestellt hatte. Als ich neugierig die Gardine entfernte, starrte mich eine verschimmelte Hand an! Der ehemals schwarze Lederhandschuh über der Holz-Hand sah wegen des Schimmels aus, als hätte er ein FELL!

Bis zu diesem Tag war mein Leben in relativ ruhigen Bahnen verlaufen und es gab kaum etwas, das mich aufregte.
Dazu muss man wissen, dass unsereiner ja keinerlei Medien konsumierte. Kein Mensch hatte einen Fernseher, im Radio wurden nur Kirchenlieder oder Marschmusik gedudelt. Da konnte einem schon der nächtliche Ruf des »Käuzchens« (einer Eulen-Art, die angeblich den nahenden Tod ankündigt) eine Gänsehaut machen. Wenn wir Kinder mal abends Bock auf Gänsehaut hatten, dann haben wir mit den Händen vor einer Kerze Schatten an die Wand geworfen und dazu gruselige Geräusche mit dem Mund gemacht.

Was sind denn Schatten der eigenen Hand an der Wand gegen eine leibhaftige tote Hand im Kleiderschrank der Großmutter?! Noch dazu, wenn man mutterseelenallein mit diesem Monster ist!
Zum ersten Mal – und für Jahrzehnte auch zum letzten Mal – durchbrach mein Blutdruck die Schallmauer, meine Adern wurden mit Adrenalin geflutet, mein Puls erklomm den Mount Everest … Ich war stocksteif vor Panik, wollte flüchten, konnte mich aber nicht fortbewegen.
Dann endlich erklangen die Kirchenglocken, die das Herannahen meiner Oma ankündigten! Ich habe mich nie zuvor und danach auch niemals wieder so sehr über die Kirchenglocken und die Rückkehr meiner Oma gefreut!

Meine Oma fand mich im Treppenhaus auf den Stufen sitzend. Dass ich weiß wie Kalk war und zitterte wie Espenlaub, konnte sie zum Glück nicht sehen, weil sie den grauen Star hatte und so gut wie blind war.
Sie war zwar verwundert, dass ich sie im Treppenhaus erwarte, gab sich aber damit zufrieden, dass mir in ihrem Zimmer langweilig war.

Später habe ich dann meiner Mutter von diesem gruseligen Erlebnis berichtet.
Meine Mutter konnte nicht fassen, dass meine Oma diesen Arm immer noch hatte. Zumal sie den nie benutzt hatte, ihn also besser im Ofen verheizen könnte.

So ein fehlender Arm hat aber nicht nur Nachteile.
Kaufte sich meine Oma ein paar Handschuhe, hatte sie doppelt so lange Freude an ihnen, weil sie die nacheinander tragen konnte. War der linke kaputt, zog sie eben den rechten links an. Bei Strickhandschuhen ging das (während ein Ein-BEINIGER nicht einfach den rechten Schuh links tragen kann).
Angezogen hat sie den Handschuh mit den ZÄHNEN. Meine Oma machte sowieso ganz viel mit den Zähnen. Praktischerweise konnte sie die rausnehmen und an Stellen verwenden, wo unsereiner mit seinen Zähnen gar nicht hinkommt. Theoretisch konnte sie sich damit selbst in den Hintern beißen. Oder sie könnte einem Mitmenschen in den Hintern beißen und dann sagen, Ich war das gar nicht! Der hat sich auf meine Zähne gesetzt!

Meine Oma war sehr geschickt mit ihrer linken Hand, sodass es kaum auffiel, dass ihr die rechte fehlte (nebst Unterarm und Ellbogen; vom Oberarm fehlte nur die untere Hälfte, sie hatte also einen halben Oberarm, gewissermaßen einen Stummel, der aber zu nichts nütze war).
Wenn sie Brot schnitt, dann klemmte sie es sich zwischen die Knie und säbelte mit einem Sägemesser (mit dem man hätte Bäume fällen können) eine fette Scheibe ab. Die Scheiben waren so dick, dass ich regelmäßig beim Essen Maulsperre bekam. Ihr selbst machte das nichts aus, weil sie sowieso alles »eintunkte«, also in Kaffee (»Muckefuck«) oder Tee einweichte, damit ihre Zähne nicht im steinharten Brot steckenbleiben.
Mit der Wurst machte sie es genauso.

Mich würde mal interessieren, was sie mit den »Resten« von Brot und Wurst gemacht hat, die zu klein waren, um sie sich zwischen die Knie zu klemmen. Oder wie sie Kartoffeln geschält hat.
Damals habe ich nicht auf solche Details geachtet, und heute fragen kann ich meine Oma nicht mehr. Fragen könnte ich schon, aber ich bekäme keine Antwort.

03.08.2023, Nachtrag:
Darum habe ich nun der KI von ChatGPT ein paar Fragen gestellt: Bildschirmfoto   Text-Seite
Leider konnten die von ChatGPT erwähnten Hilfsmittel meiner Oma nicht helfen, weil es die damals noch gar nicht gab oder meiner Oma unbekannt waren.

Wenn sie Holz gehackt hat, bin ich lieber weggegangen. Ich konnte da nicht hingucken, wenn sie sich vor den Hackklotz setzte, sich ein Holzscheit zwischen die Knie klemmte und mit der Axt drauflosschlug. Ich habe fest damit gerechnet, dass sie sich eines unerfreulichen Tages auch noch beide Beine abhackt!

Ihre Fußnägel – ich nenne sie besser ZÄH-Nägel, weil das ihre Beschaffenheit besser beschreibt – hat sie mit einem Werkzeug geschnitten, das heute in Baumärkten als ASTSCHERE verkauft wird!
Wenn sie an ihren ZÄH-Nägeln rumgeschnippelt hat, bin ich lieber ins KINO gegangen, da bekam man weniger Blutrünstiges zu sehen.

Das KINO lag direkt unter der Oma, eine Etage tiefer.

Wenn ich ihr ein Loch in den Fußboden gebohrt hätte, dann hätte ich kostenlos Kinofilme gucken können.(Den TON hatten wir ja, aber leider fehlte das BILD.)
Kostenlos Kino gucken konnte ich aber sowieso: Ich aufgewecktes und wissbegieriges Kerlchen hatte mich klugerweise mit dem Film-Vorführer angefreundet, den es freute, dass ich mich für seine Arbeit und die Technik interessierte. So ganz nebenbei hatte ich ihn wissen lassen, dass ich über dem Kino bei der Oma wohne und ja mal aus Gaudi einen Eimer Wasser in ihr Zimmer kippen könnte, dann würde es im Kino regnen!
Der Film-Mensch war natürlich daran interessiert, mich bei guter Laune zu halten, damit ich nicht diesen Unfug in die Tat umsetze. Darum hatte ich bei ihm »freien Eintritt«.

Ich war übrigens auch mit dem örtlichen Fleischer sowie dem Bäcker, Friseur und Sargtischler »befreundet«.
Der Bäcker sammelte für mich die Krümel der Blechkuchen, die ich mir zum Feierabend abholen durfte. Beim Metzger bekam ich Wurst-Reste. Beim Friseur einen kostenlosen Haarschnitt (na ja, völlig kostenlos war der nicht, denn ich fegte dafür den Bürgersteig vor dem Laden und den Hof; damals gab es noch keine Stadtreinigung, die das tat, jeder fegte selber den Dreck vor der eigenen Tür). Auch beim Sargtischler fegte ich den Hof, ließ mich aber in bar statt in »Naturalien« bezahlen, weil ich etwas zu jung für seine Erzeugnisse war. Ich fand es überaus interessant, wie aus einem Baum Bretter werden, die zu einem Sarg, der dann zu Erde, auf der ein Baum wächst, der dann zu Brettern wird und so weiter.

Damals war es sowieso kinderleicht, als Kind zu Geld zu kommen, ohne sich prostituieren zu müssen:
Man konnte den Leuten die Straße und den Hof kehren, Alt-Glas, Lumpen oder Alt-Papier sammeln. Auch Eicheln und Kastanien, die man dem Förster verkaufte, der damit im Winter die Wildtiere fütterte. Man konnte Lindenblüten für die Apotheke sammeln, die daraus Tee machte. Oder Pilze und Blaubeeren. Oder im Herbst »Kartoffeln stoppeln«, also Kartoffeln aufsammeln, die die Erntemaschine liegengelassen hatte.

Was meine Oma nicht selbst tun konnte, das tat man ihr im »Club der Volkssolidarität«.
Praktischerweise befand sich der ebenfalls unter meiner Oma. Links das Kino, rechts ihr Club. Dort bekam sie ihre warmen Mahlzeiten, nachmittags Kaffee und Kuchen. Man schnitt ihr die Haare (und Fingernägel), flocht ihr den Zopf. Und die alten Leute vereinsamten nicht, hatten immer jemanden, mit dem sie über »die gute alte Zeit« reden konnten.
So, wie ich heute Zweidrittel meines Lebens am Computer verbringe, tat das meine Oma in ihrem Club. Wenn ich sie besuchen wollte, konnte ich mir das Treppensteigen sparen, weil sie unten in ihrem Club hockte.

Weil meine Oma wegen ihres grauen Stars die Sehkraft eines Maulwurfs hatte, musste ich ihr ständig sagen, Oma, fass das mal nicht an! Das ist ja total verschimmelt!, wenn sie Brot oder Wurst aus der Ofenröhre nahm.

Die Ofenröhre ihres Kachelofens war im Sommer ihr »Kühlschrank« (im Winter war es das Fensterbrett). Weil kein Mensch einen Kühlschrank besaß, mussten die Leute in der »guten alten Zeit« (in der doch angeblich alles so viel besser war), ständig frische Lebensmittel einkaufen. Bis auf meine Oma …

Die schmiss nichts weg. Schon gar keine Lebensmittel!
Wenn ich ihr sagte, Oma, die Wurst hat schon ein Fell wie eine Katze. Die kann man nicht mehr essen!, dann fuhr sie mich an: Papperlapapp (das hieß soviel wie »Quatschkopf!« oder »Leck mich im Arsch!«) Ich esse das schon ewig! Und, hat’s mir geschadet?!
Na ja, direkt geschadet hatte es ihr augenscheinlich nicht, denn sie lebte ja noch.

Das war bei ihr wahrscheinlich wie bei einem geübten Alkoholiker: Was der schlucken und vertragen kann, bringt einen Ungeübten glatt um! Wenn meine Oma jeden Tag »ihre Prise Gift« zu sich nimmt, dann schadet es ihr auch nicht, wenn sich mal ein Knollenblätterpilz in ihre Suppe verirrt oder ein Pfeilgiftfrosch in ihre Bratensoße hüpft.

Meine Oma hat wirklich keine Gelegenheit versäumt, mir von der »guten alten Zeit« zu berichten.
Als sie nach dem Krieg kein Fleisch zu kaufen bekamen und deshalb KATZEN aßen! Die schmecken wie Kaninchen! Den Unterschied merkt man nur, wenn man die Rippen zählt. Kaninchen haben eine Rippe weniger als Katzen. Aber die Rippen isst ja sowieso niemand, sondern nur das zarte Fleisch, das da dranhängt.
Na lecker. ICH ESSE NIE WIEDER »FALSCHER HASE«, weil ich nun weiß, dass da gewissermaßen ein »Wolf im Schafsfell« bzw. eine Katze im Kaninchenfell steckt!

Aber damit hatte die Meuchelei noch kein Ende. Die haben die Katzen KOMPLETT VERWERTET:

Aus dem FETT (unterm Fell) haben sie Rheuma-Salbe gemacht.
Das FELL haben sie sich im Winter auf die kalten Knie gelegt, um gar nicht erst Rheuma zu kriegen.
Man könnte daraus auch eine Fliegenklatsche machen. Oder es mit Stroh füllen und dem Kind als Kuscheltier überlassen.
Die KNOCHEN bekam der Hund (der das Katzenvieh sowieso nie leiden konnte).
Der SCHWANZ bekam vielleicht als Flaschenbürste ein zweites Leben.
Mit den PFOTEN konnte man sich den Rücken kratzen.
Die AUGEN verwendete man als Rückstrahler am Fahrrad oder Pferdefuhrwerk (daher der Begriff »Katzenaugen«).
Die DÄRME konnte man mit Wurstmasse füllen (es ist doch der Wurst völlig Wurscht, ob sie in Schweine-, Schaf- oder Katzendärme gepresst wird).

Die Katze war damals kein HAUS-Tier, sondern ein reines NUTZ-Tier, das man nur deshalb in der Wohnung duldete, weil es so immer greifbar und in der Nähe des Kochtopfes war, man es nicht erst auf Dachböden oder in Kellern einfangen musste.

Natürlich habe ich meine Oma gefragt, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, sich die Katze LEBEND auf den Schoß zu legen. Dann bekäme man doch sicher ebenso wenig Rheuma. Und was antwortet mir die Gute:
Papperlapapp, eine Katze auf den Knien macht doch nicht SATT!
Damit hatte sie wieder mal Recht.
Vielleicht hätte eine VEGANE Katze das Hunger-Problem gelöst, also eine Katze aus Soja, Mais, Kuhmist oder was diese Irren sonst so als Fleisch-Ersatz nehmen.

Das mit der Katze hätte meine Oma mal den heutigen Tierschützern, Veganern, Vegetariern, Atom-, Kohle-, Solar-, Wasser-, Windkraft-Anlagen-Gegnern erzählen sollen!
Die machen ja schon einen Volksaufstand, wenn mal eine unbetäubte Kuh vom Fleischerhaken hüpft. Oder wenn ein Viehtransporter im Hochsommer mal zwei Wochen in der prallen Sonne bzw. im Winter bei klirrender Kälte in der Gegend rumsteht. (Als wenn es in Pfanne und Tiefkühltruhe gemütlicher wäre!)
Die sammeln Unterschriften für ein Volksbegehren, weil eine Lege-Henne nicht genügend »Auslauf« hat! (Ja, wieviel Platz braucht denn solch ein Vieh zum Eierlegen? Doch wohl nicht mehr als zum Kacken!)
Wenn mal ein Delfin in der Thunfischdose landet, dann rücken die mit der Kriegsflotte aus!
Ich habe mir berichten lassen, dass der Berliner Großfluchhafen nur deshalb nicht fertig wird, weil da im Umland ein Igelpärchen brütet (es können auch Fledermäuse oder Bandwürmer gewesen sein, so genau kenne ich mich mit der Vogelwelt nicht aus).
Da wurde schon ein kompletter Autobahn-Neubau gestoppt, weil auf dem Gelände EIDECHSEN hausten! – Hallo. Was haben denn Eidechsen auf einer künftigen Autobahn verloren? Warum sind die denn nicht im ZOO, wo sie hingehören, und gehegt und gepflegt und bewundert werden?! – Und das Verrückteste an der Geschichte war: Als man endlich eine millionenschwere Umsiedlungsaktion für die 6 Eidechsen organisiert hatte und der »Umzugstrupp« anrückte, waren die dummen Viecher ganz von selbst umgezogen, hatten sich ein ruhigeres Quartier gesucht.

Liebe Bauherren, man muss Tiere nicht umsiedeln! Solange sie Beine, Flügel, Flossen haben oder sich kriechend fortbewegen können, verpissen die sich ganz von selbst, und ganz kostenlos!
Und wenn nicht: Selber Schuld!

Wie viele Wildtiere werden täglich auf bundesdeutschen Straßen über den Haufen gekarrt – nach denen kein Hahn kräht (wie auch, wenn längst schon alle Hähne im Suppentopf endeten).

Mein eigener Schwager hat auf der Autobahn bei Tempo 210 ein Reh geköpft!

Da ich in die Zukunft gucken kann, hatte ich ihm 30 Minuten vorher gesagt: Uwe, denkst du bitte an die REHE?! (Ich habe das auf Video!) Wenn ich jemanden warne, dann kann der sicher sein, dass ihm demnächst ein Meteorit auf den Kopf fällt oder zumindest vergleichbares Ungemach bevorsteht!

Als dann das kopflose Reh die Autobahn zierte, ist der nicht mal angehalten, sondern hat erst Kilometer später (bei unvermindertem Tempo) die Polizei angerufen und in einer Seelenruhe informiert, als berichte er von seinem Strandurlaub.
Den blutigen AUDI hat er anderentags der Leasing-Firma zurückgegeben und einen anderen bekommen. Das Reh hat sich vielleicht die Autobahnpolizei schmecken lassen. Also, alles halb so wild mit dem Wild auf der Straße.
Hier das YouTube-Video: Mit Tempo 210 Reh geköpft

Das mit der Komplett-Verwertung muss ich irgendwie geerbt haben:
Wenn ich irgendwo ein altes Brett finde, dann gucke ich, ob da noch Nägel drin sind. Wenn ja, dann ziehe ich die mit einer Zange raus, klopfe sie gerade und verwende sie beim nächsten Karnickelstall-Bau.

Aus alten Schränken habe ich damals Klo-Häuschen gebaut. Und wenn die ausgedient hatten, daraus Karnickelställe. Die Karnickel haben die dann im Laufe der Zeit zernagt und aufgefressen.
Und wenn es dann bei uns Karnickel-Braten gab, dann haben wir praktisch den Karnickelstall, der mal ein Klo-Häuschen und davor ein Kleiderschrank war, mitgegessen.
Heutzutage esse ich Fische, und damit auch Trinkhalme, Wegwerfwindeln und Monatsbinden, die der Fisch in Form von Mikroplastik im Leib hat. So viel leckerer und gesünder als Klo-Häuschen ist das aber auch nicht.

Wenn ich heute eine vergammelte Salami im Kühlschrank finde, dann schabe ich ihr das faulige »Fell« ab und gönne ihr ein zweites Leben in der Kartoffelsuppe.
Und wenn mich einer fragt, warum ich das tue, dann antworte ich ihm wie meine Oma: Na und, hat’s mir geschadet?

Nicht nur KATZEN wurden damals nicht verschwendet, sondern auch alles andere. Zum Beispiel ZEITUNGEN.

In erster Linie dienten sie der Information bzw. Unterhaltung. Sie waren gewissermaßen der Fernseher- und Radio-Ersatz.
Wenn man sie ausgelesen hatte, konnte man sich mit ihnen den Hintern wischen (die DDR-Zeitungen verwendete man am besten dazu, ohne sie vorher gelesen zu haben!).

Ach, wie Ressourcen-schonend wäre es, wenn heutzutage RECHNUNGEN und MAHNUNGEN gleich auf Klopapier gedruckt würden …
Ich hatte verschiedenen Gläubigern den entsprechenden Vorschlag unterbreitet, weil normales Schreibpapier einfach nicht die optimalen Eigenschaften zum Hinternwischen hat. Leider stieß diese konstruktive Idee auf wenig bis gar keine Begeisterung.

Kein Mensch verschickt heute (gestern und auch morgen) Briefe mit der POST. Trotzdem quellen die Hausbriefkästen über, weil die Firmen Hinz & Kunz denken, dass man ohne ihre Werbung nicht leben kann.
Auch WERBUNG könnte auf Klopapier gedruckt werden. Dann lohnte es sich wieder, zum Briefkasten zu gehen!
Sämtliche TAGESZEITUNGEN und besonders auch alle Frauen-Klatsch-und-Tratsch-Zeitschriften sollten auf Klopapier gedruckt werden, damit sie wenigstens EINEN praktischen Nutzen haben! Auch die sogenannten MÄNNER-MAGAZINE sind entbehrlich, weil jeder Mann INTERNET hat. (Wozu brauche ich einen auf Hochglanz-Papier gedruckten Frauenarsch, wenn ich sie zu abertausenden in jeder beliebigen Form und Größe [und noch dazu VÖLLIG KOSTENLOS] im Internet haben kann?!)

Wozu braucht man noch TV-ZEITSCHRIFTEN? Bei 500 empfangbaren TV-Sendern dauert schon das Zappen durch die diversen Kanäle länger als eine Kuh trächtig ist. Wie und wann will man da noch eine TV-Zeitschrift lesen?

Mir persönlich reichen 17 frei empfangbare öffentlich-rechtliche Sender völlig zum Einschlafen. Eigentlich erfüllen allein ZDF info und ZDF neo diesen Zweck.

🛈 Zur Info: Mein Fernseher hat eine Bildschirm-Diagonale von lumpigen 25,5 cm. Das ist kleiner als ein DIN-A4-Blatt! Theoretisch würde mir ein Bildschirm in der Größe einer Kreditkarte genügen. Aber es wäre dann schwierig, ihn wiederzufinden, wenn man ihn mal beim Staubwischen zur Seite stellt. Eventuell würde er auch vom Saugroboter geschluckt … Ein Bild von ihm.
Aber zurück zur »guten alten Zeit«:

Metzger und Fischhändler wickelten ihre Produkte in ZEITUNGEN. Das sparte nicht nur Verpackungsmaterial, sondern man brauchte sich deshalb auch keine Zeitung kaufen.
Meine Oma kaufte Wurst, die in der aktuellen Tageszeitung verpackt war, wickelte sie zu Hause aus, lagerte sie (die Wurst) in der Ofenröhre und las auf dem Plumps-Klo die Zeitung, bevor sie sich damit den Hintern wischte.

Ich erinnere mich an Zeiten, da haben wir unseren Kindern PLASTIK-SPIELZEUG mit in die Badewanne gegeben.
Heute drehen wir nur den Wasserhahn auf – und da kommen alle möglichen und unmöglichen Plastik-Dinge raus: Von Mamas ausgedientem Dildo bis zu Papas DVD-Pornosammlung ist so ziemlich alles dabei, was sich ein Kind in der Badewanne nur wünschen kann … Allerdings in Form von Mikro-Plastik – was den Vorteil für das Kind hat, dass es sich daraus jeden beliebigen Gegenstand zusammenfantasieren kann.

Wir haben unsere Schulhefte und ‑bücher in Zeitungspapier gewickelt (»Schutzumschlag«), auch unsere Pausenbrote. Wir haben damit Schränke und Schubladen ausgelegt, nasse Schuhe damit ausgestopft, Feuer im Küchen- oder Stubenofen angemacht.
Noch heute findet man in Altbauwohnungen 70 Jahre alte Zeitungen unter der Tapete (sie dienten als »Untertapete«, um Wandunebenheiten zu kaschieren).
Im Sommer haben wir uns nicht schicke, aber zweckmäßige Sonnenhüte aus Zeitungen gefaltet, oder Schiffe. Oder wir haben sie stückweise zu kleinen Kügelchen gerollt, mit Spucke nass gemacht und dann die Lehrer damit beschossen.

Seit es INTERNET gibt, habe ich mir keine Zeitung oder gar Zeitschrift mehr gekauft!
Wozu auch, wenn GOOGLE NEWS doch sehr viel aktueller, umfassender und sogar ganz kostenlos über alles informiert?! Und dazu noch über genau die Themen, die mich interessieren!
Eine ZEITUNG blättere ich innerhalb weniger Minuten durch – dann landet sie im MÜLL (wenn sie Glück hat, im ALTPAPIER, und wenn sie noch mehr Glück hat, bekommt sie ein zweites Leben als Klopapier [ja gut, ob es wirklich ein »Glück« ist, anderen den Hintern sauber zu lecken, darüber ließe sich diskutieren]). Wäre es da nicht sinnvoller, Zeitungen gleich auf KLOPAPIER zu drucken?

Meiner Oma (und auch mir) wäre es niemals eingefallen, ein leeres SCHRAUBGLAS einfach wegzuwerfen.
In ausgedienten Schraubgläsern kann man so ziemlich alles aufbewahren, was da reinpasst: Obst, Gemüse, Wurst, Fleisch, Hosenknöpfe, Milch- oder Dritte Zähne …

Hier ein kostenloser Tipp:
Wenn man die DECKEL von Schraubgläsern unter ein Brett schraubt (sinnvollerweise verwendet man 3 Schräubchen pro Deckel), dann kann man mit einer kleinen Drehung daran die Gläser befestigen. Das ist nicht nur für einarmige Omas sehr praktisch, weil man dann keine zwei Hände braucht, um Glas und Deckel gleichzeitig festzuhalten! Besonders praktisch in der Küche (für die Gewürze) und im Hobbykeller (für Kleinteile wie Schrauben, Nägel, Dübel usw.).
Auf diese »Erfindung« habe ich seit 1967 das weltweite Patent und bitte meine Leser, sie ausgiebig und kostenlos zu nutzen.

Der fehlende Arm meiner Oma war übrigens auch eine zuverlässige WETTERSTATION!
Lange, bevor das Wetter von trocken auf regnerisch, von windstill nach stürmisch, von heiß zu kalt umschlug (und umgekehrt), wusste das meine Oma.
Sie sagte dann nicht direkt, dass es in Kürze regnen wird, sondern sowas wie:
Ich hab wieder so ein Reißen im Arm. Da kommt bald was von oben! Und was sollte das wohl sein, wenn nicht Regen? Flugzeuge oder Raketen hatte damals ja so gut wie keiner.
Weil ich mich mit fehlenden Armen nicht so gut auskannte, habe ich sie verwundert gefragt:
Wie kann denn ein FEHLENDER Arm reißen? Ich meine, wenn der Kopf ab ist, kann man doch auch keine Kopfschmerzen mehr haben?
Meine Oma nutzte diese Gelegenheit, mich über PHANTOMSCHMERZEN schlau zu machen.

Ich finde es fantastisch, dass sich die Natur sowas Schlaues wie Phantomschmerzen einfallen lässt, damit die Leute den Verlust eines Körperteils nicht allzu sehr bedauern!
Der Arm ist zwar ab, aber er reißt und schmerzt und juckt trotzdem noch, als wäre er anwesend …
Das mit dem Jucken war meiner Oma besonders unangenehm, weil ja nichts da war, das sie kratzen konnte. Und wenn ihr der verbliebene Arm juckte, dann war das auch nicht viel besser, weil ja der andere fehlte, um sich damit zu kratzen.
Wenn es der (vorhandene) Ellbogen war, der ihr juckte, dann behalf sie sich damit, dass sie ihre Zähne rausnahm, zwischen die Knie klemmte und den Ellbogen daran scheuerte, bis er blutete. Aber er juckte dann wenigstens nicht mehr – bis er verheilte. Dann juckte die Wunde … Deshalb kenne ich meine Oma eigentlich nur mit einem blutigen Ellbogen. Aber ich sage mir: Besser ein blutiger Ellbogen als gar kein Arm!

Juckte ihr der RÜCKEN, fand ich das besonders lustig: Im  Z O O  oder Natur-Dokus sieht man das auch oft, wenn sich Vierbeiner an Bäumen schuppern/ scheuern, weil sie keine Hände haben, um sich den Rücken zu kratzen. Meine Oma hatte zwar zumindest EINE Hand, war mit ihren 50 Jahren aber wohl nicht mehr die Gelenkigste (im Gegensatz zu meiner Mutter, die 20 Jahre jünger war und sogar noch die Beine hinter den Kopf bekam [mein Stiefvater verlangte und erwartete im Bett derartige akrobatische Übungen von ihr!]).

Wenn ich einst meine Oma im Himmel wiedersehe (ich bin heute 20 Jahre älter als meine Oma damals war und denke, dass unser Wiedersehen nicht mehr allzu fern ist), werde ich ihr viel zu berichten haben.
Zum Beispiel von FEUERWEHR-AUTOS (meine Oma kannte nur den Wassertank auf einem Pferdefuhrwerk), die zu dritt mit lautem Geschrei anrücken, wenn sich eine Katze nicht mehr vom Baum traut oder der Wellensittich sich hinter dem Stubenschrank verschanzt hat. Oder der Hamster sich hinterm Kinderzimmerschrank versteckt.

Papi, mein Fernseher geht nicht mehr! Und der Hamsterkäfig steht offen! Und Schnucky ist nicht mehr drin!
Weil er schlau ist! – Würdest DU in einem OFFENEN KÄFIG hocken bleiben?
Wenn mit dem Nagetier zeitgleich auch das TV-Programm verschwindet, dann darf man daraus schlussfolgern, dass zwischen beiden Ereignissen ein direkter ZUSAMMENHANG besteht!

Zuerst haben wir Schnucky mit Leckerlies gelockt. Das war aber nutzlos, weil der seine Backentaschen voller Fernsehantennenkabelstückchen hatte.
Dann haben wir die Schubladen rausgenommen, die Rückwand rausgedrückt und am Ende den Schrank komplett zerlegt!
Aber unsere Mühen haben sich gelohnt. Wir fanden nicht nur den Hamster, sondern auch zahlreiche verlorengeglaubte Spielzeuge, die mein Sohn längst vergessen und durch neue ersetzt hatte, nun aber wieder wie alte Freunde liebgewinnen konnte. Und ich konnte endlich mal sein Zimmer an Stellen staubsaugen, die man sonst vernachlässigt.

Kein Mensch würde sich heutzutage diese Mühe machen (hinter einem Schrank staubzusaugen), sondern über sein Smartphone wischen, einen Notruf absetzen und die Drecksarbeit den Profis der Feuerwehr überlassen (bei einer Katze im Baum sind die HÖHENRETTER zuständig, bei einem Kind im Brunnen die TAUCHER, bei Drogenbesteck im Buddelkasten die Spezialisten für CHEMIE-UNFÄLLE und CHEMISCHE KAMPFSTOFFE; es gibt sogar Leute, die rufen die Feuerwehr, weil ihre Katze nicht kotzen kann oder die Lesebrille nicht auffindbar ist!).

Das Erlebnis mit dem Hamster hinterm Schrank brachte mich dann auf die Idee, sämtliches Hartgeld, das ich beim Einkaufen zurückbekam, hinter meinen (massiven) Wohnzimmerschrank zu werfen. Das hatte einen doppelten Nutzen: Der Hamster kam wegen des vielen Hartgeldes nicht mehr so leicht an das Antennenkabel. Und Einbrecher würden da niemals Bargeld vermuten oder gar einsammeln.
Als ich später den alten Schrank abriss, lagen dahinter 1.400 D-Mark, die ich für die Anschaffung eines neuen Schrankes verwenden konnte.

Auch WEGWERF-WINDELN fände meine Oma sicherlich nützlich, zumal es die ja auch für Omas und Opas gibt.
Monatsbinden, Waschmaschinen, Geschirrspüler (alle mit Auslaufschutz!), sind ebenfalls neumodische Dinge, die meine Oma nicht kannte. Tampons, wahlweise mit Rechts- oder Linksgewinde. Selbstbräunende Cremes und Sonnenbrillen. Selbstfahrende Autos (die nicht mal mehr Selbstmörder überfahren). Selbstdrehende Fleischspieße … Meiner Oma wird der Kopf wegfliegen, wenn ich ihr das alles berichte!

Apropos HIMMEL: Als meine Oma ihren Arm verlor, ist der da gewissermaßen schon in den Himmel »vorgegangen« und wartete dort auf seine Eigentümerin, oder muss sie auch dort ohne ihn auskommen? Na ja, falls sie im »Himmlischen Chor« mitspielt, muss es ja nicht die Harfe sein, die sie spielt, eine Pauke täte es auch.

Irdische Güter habe ich nicht von meiner Oma geerbt, aber viele kluge Erkenntnisse und gute Eigenschaften:
Neben der Sparsamkeit und der Eigenart, nichts Ess- oder Verwertbares wegzuwerfen, liebe ich ALTE BACKWAREN. Frische Brötchen oder gar Kuchen, die vom Backen noch warm sind, fasse ich nicht mal mit einer Zange an.

In Berlin-Moabit gab es eine Bäckerei, die ausschließlich Backwaren »vom Vortag« verkaufte. Zum halben Preis.
Es war aber nicht der halbe Preis, der mich durch halb Berlin reisen ließ, um mich dort mit steinhartem Streuselkuchen einzudecken, sondern die Tatsache, dass ich ihn nicht mehr tagelang herumliegen lassen musste.
Meine Kollegen fanden das »abartig«. Aber die finden wahrscheinlich auch ein »gut abgehangenes« Stück Fleisch abartig.
Wenn es WÜHLTISCHE mit alten Backwaren gäbe (warum gibt es die eigentlich nicht?), fände man dort nur Schweine und MICH!

Was ich noch »geerbt« habe (je zur Hälfte von Mutter und Großmutter) ist das MECKERN und LAMENTIEREN, zu dem ICH aber auch allen Grund habe!

• Da können Millionen Leute Cheestrings-Käsestangen essen. In MEINEM ist ein Haar! Hier der Beweis: Briefe: Haariger Käse

• Hunderttausende Leute kaufen das gleiche Handy wie ich. Aber nur MEINS spinnt und zeigt Macken, die sonst kein anderes Handy auf diesem Planeten hat.

• Microsoft verkauft Millionen Webcams, die weltweit zur vollsten Zufriedenheit ihrer Besitzer funktionieren – nur MEINE spinnt.
Live-Bericht auf meiner Seite: Ergüsse: Ich hasse Microsoft!

• Weltweit werden Milliarden Leuten nach einer Herz-Operation die Leiber mit selbstauflösenden Fäden zugenäht – nur bei MIR eitern die 5 Monate lang wie Sau, weil mein Körper die nicht auflöst, sondern abstößt!
Siehe: Wundheilungsstörungen nach Bypass-O‌P im DHZB

• Grundig verkaufte Fünfhunderttausend Fernseher desselben Typs, den auch ich kaufte. Aber nur MEINER hatte eine »Sonnenallergie«, die sich darin äußerte, dass er die Sonne für die Fernbedienung hielt. Sobald ihn ein Sonnenstrahl traf, fing er an zu spinnen, schaltete die Programme um, den Videotext ein und aus. Auch sich selber! Er machte das Bild heller oder dunkler, den Ton lauter oder leiser.
Er verbrachte volle zwei Wochen in einer Fachwerkstatt, ohne dass dort ein Fehler gefunden wurde oder er irgendeine Macke zeigte. Der Techniker bringt ihn mir zurück, stellt ihn auf – und das Teil spinnt! Warum tat er das nicht in der Fachwerkstatt? Weil die FENSTERLOS war, also kein Sonnenstrahl meinen Fernseher treffen konnte! Auf sowas muss man erstmal kommen …

• Ich stehe an der Straße und kann sie nicht überqueren, weil da 30 TAXIs pro Minute an mir vorbeirasen. Stehe ich an derselben Stelle und BRAUCHE ein Taxi, kann ich mir dort 15 Minuten lang die Beine in den Bauch stehen – es kommt kein verfluchtes Taxi! Also steige ich gefrustet in einen Bus. Sobald ich am Ziel aussteige, komme ich nicht über die Straße, weil da 30 TAXIs pro Minute an mir vorbeirasen!

Ich gehe fest davon aus, dass da jemand in einer »himmlischen Schaltzentrale« hockt, der nur den Auftrag hat, mich zu ärgern!
Der Hans braucht ein Taxi, also sperren wir die Straße für Taxis. Der Hans hat einen Herzanfall und braucht einen Notarzt, also schicken wir den zu Fuß los.

Der Volksmund nennt sowas PECH, und Leute, denen das widerfährt, PECHVÖGEL. Ich selbst nenne mich GLÜCKSPILZ – weil ich trotz aller Widrigkeiten immer noch lebe.

Aber ich beklage mich nicht. Ich suche auch nie »das Haar in der Suppe«, sondern es ist einfach in meiner drin. Damit muss man sich abfinden.

Nicht abfinden konnte ich mich mit der Lamentiererei meiner Mutter.
Da bringe ich ihr nach der Maueröffnung meinen alten Farbfernseher und denke mir, dass sie sich einen Kullerkeks freuen wird, endlich einen Fernseher in FARBE und mit FERNBEDIENUNG zu haben, aber Pustekuchen!
Sie lamentiert: Aber den riesigen Karton nimmst du doch wieder mit nach Berlin?! Wir haben in unserem Papiercontainer keinen Platz für solch große Kartons!
Aber ja, Mutti. In Berlin haben wir viel größere Papiertonnen als du hier. Dort sind auch die Brötchen doppelt so groß wie eure hier. Auch Katzen, Hunde, Fliegen und Mücken sind bei uns riesig! Soll ich auch noch deinen Küchenmüll oder ein paar alte Möbel mitnehmen?
Auf meinen Einwand, dass ich etwas mehr Begeisterung wegen meines Geschenks erwartet hatte, legt sie nach:
Ach Gott, was soll ich denn mit der großen Fernbedienung? Die hat ja Tausend Knöpfe. Da finde ich mich doch nie zurecht!
Du musst die ja nicht alle benutzen. Aber nun brauchst du zum Umschalten nicht mehr aufstehen und zum Fernseher gehen. Oder zum Laut- und Leisemachen. Das kannst du nun bequem von der Couch aus tun!
Aber ich schalte doch gar nicht um, gucke sowieso nur unseren Ost-Sender!
Dieser Frau konnte man nichts Gutes tun! Alles, was man ihr Gutes tat oder sagte, münzte sie ins Negative um!
Ich habe den Fernsehkarton mit nach Berlin genommen und meine Mutter nie mehr besucht! Nicht mal ihr Grab!
Diese Frau war mir einfach zu anstrengend. Brächte ich ihr Blumen ans Grab, würde ich ihre Stimme hören: Aber die Blumen-Verpackung nimmst du doch mit nach Berlin?! Und wer soll jetzt die Blumen gießen, wenn du wegfährst?

Ich halte mich ja grundsätzlich von Leuten fern, die mich »runterziehen«. Das gilt besonders für Leute, die in Gräbern liegen!

Apropos ABLEBEN:
Jahrzehntelang hatten wir keinen Kontakt mehr. Dann ruft sie mich plötzlich an:
Hier ist deine Mutti.
Hä? Wieso habe ich plötzlich eine Mutti? Als KIND hätte ich eine gebraucht, aber da wurde ich in Heime abgeschoben. Und jetzt, wo ich erwachsen bin und keine mehr brauche, habe ich eine?! – Wieso rufst du an?
Weil ich im Krankenhaus liege. Ich hatte einen Herzinfarkt.
Na, dann bist du doch in guten Händen. Ich bin kein Arzt und kann nichts für dich tun. Und wäre ich einer, würde ich nichts für dich tun!
Aber ich bin doch deine Mutti!
Als ich eine Mutter brauchte, hatte ich keine! Jetzt brauche ich keine mehr! Rufe mich nie wieder an!
Das war unser letztes Gespräch.

Für Außenstehende mag das herzlos klingen. Aber ich versichere dir, dass ich mehr Herz habe als die meisten meiner Mitmenschen. Allerdings habe ich auch ein verdammt gutes GEDÄCHTNIS. Darum vergesse ich nichts. Und ich verzeihe niemandem und nichts!

Wenn man als hilf- und wehrloses Kind jahrelang vergeblich um Hilfe schreit, dann geht man daran kaputt – oder man lernt, sich selbst zu helfen, weil das kein anderer tut.
Wenn mich mein jähzorniger Stiefvater nachts aus dem Bett holte und durch die Wohnung prügelte, dann hat sich meine »Mutter« nicht schützend vor mich gestellt, sondern die Fenster geschlossen, damit die Nachbarn meine Schmerz- und Hilfeschreie nicht hören. Als wenn die mich nicht sowieso grün- und blaugeschlagen gesehen hätten – ohne einen Finger zu rühren oder ein Wort gegen meinen Stiefvater zu sagen. Der war ein Fremdenlegionär, also ein »gelernter Killer«, mit dem niemand, der an seinem Leben hing, Stress haben wollte. Dann soll er lieber sein Kind erschlagen als mich!, werden sich die Leute gedacht haben.

Ja, auch in der »guten alten Zeit« waren die Leute herzlos und egoistisch. Das ist also keine moderne Erfindung, sondern eine hässliche Eigenschaft, die nur uns Menschen innewohnt. Keine andere Spezies auf Erden hat das dermaßen ausgeprägt in sich.

Wenn ich heute überhaupt von einer »glücklichen Kindheit« reden kann, dann nur, weil ich die Hälfte davon, also 7 Jahre, nicht zu Hause lebte, sondern in Heimen.
Trotz alldem Schlechten, was heute DDR-Kinderheimen nachgesagt wird, kann ich nichts Negatives darüber sagen. Natürlich gab es im Kinderheim genauso wie in Elternhaus, Kindergarten und Schule die »Prügelstrafe«. Körperliche Züchtigungen gab und gibt es bis in unsere moderne Zeit hinein. Als Kind muss man eben lernen, das hinzunehmen oder sich dagegen zu wehren. ICH habe gelernt, mich dagegen zu wehren, indem ich jedem ganz klar und deutlich sage, dass ich ihn töten werde, wenn er mich anfasst. Bisher konnte ich jeden »Gegner« davon überzeugen, dass ich das durchaus ernst meine … 😘

PS: Mir war es immer ein Rätsel, warum meine Oma einen Holz-Arm aufbewahrte, den sie nie benutzte.
Dieses Grübeln hörte erst auf, als mir klar wurde, dass unzählige Leute ein GEHIRN mit sich rumschleppen, das sie nie benutzen … 😉





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