📔 Geschichten … 05/08

Meine Väter

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Väter hatte ich wie andere Kinder vollgeschissene Unterhosen.

Da war zunächst mein Erzeuger, der aber nie als »Vater« in Erscheinung getreten ist.
Nachdem ihm klar wurde, welches Unheil er mit meiner Zeugung angerichtet hatte, entzog er sich 5 Wochen nach meiner Geburt seiner Verantwortung durch Republikflucht. Erst 27 Jahre, 9 Wochen und 3 Tage später sah ich ihn wieder.

Angeblich war er geflohen, weil er mein Geschrei nicht länger aushielt. So hatte mir das jedenfalls meine Mutter jahrelang berichtet.
Aber es war nicht alles ernst zu nehmen, was sie mir erzählte, denn sie wollte mir auch einreden, dass ein schwarz-weiß-gekleideter Vogel namens STORCH die Babys bringt. Das Einzige, was überhaupt ornithologisch mit meiner Geburt in Verbindung gebracht werden kann, ist die Tatsache, dass sie sich wahrscheinlich auf dem Küchentisch VÖGELN ließ – und mich infolgedessen neun Monate später nochmals auf diesem »empfing«.
Angeblich war mein Vater auch ein »West-Spion«, der bei seiner Flucht wertvolle Unterlagen mit in den Westen genommen haben soll. Das ist schon deshalb unglaubwürdig, weil der Westen gar kein Interesse an Unterlagen aus der DDR hatte, denn: Was die DDR aufbaute, hatte der Westen schon 30 Jahre zuvor abgerissen, weil es veraltet war! Außerdem hatte mein Vater bei seinem Job gar keinen Zugang zu irgendwelchen wichtigen politischen oder wirtschaftlichen Informationen.
Als ich 25 Jahre nach Hansi Geburt (bzw. 1978 Jahre nach Christi Geburt) meine Ausreise aus der DDR beantragte, wurde natürlich auch durch die Stasi geprüft, welche Erkenntnisse dort über meinen Vater vorlagen. Es gab keine. Außer, dass er kurz nach meiner Geburt in den Westen abgehauen war. Und dafür gab es auch keine politischen Motive, sondern überlebens-technische: Für ZWEI HERRMÄNNER war einfach nicht genug Platz in der Republik, damit wir einander aus dem Weg gehen könnten.
Wenn es nach meiner Mutter gegangen wäre, dann hätte sie meinen Erzeuger auch für die Sintflut, das Aussterben der Dinosaurier und den Furz auf der Gardinenstange verantwortlich gemacht.

FÜR meinen Vater spricht: Er hat mich volle fünf Wochen lang ausgehalten! (Wahrscheinlich war er die meiste Zeit davon körperlich abwesend.) Die meisten Leute, die ich kenne, rennen schon nach fünf MINUTEN davon!

Da ich ein ziemlich ungeduldiger Mensch bin, wollte ich den FALL DER MAUER nicht abwarten, sondern beantragte schon 11 Jahre früher meine Ausreise aus der DDR, mit Frau und Kind.
Nach 2 ½ Jahren »Kampf« hatte ich es geschafft, die Stasi davon zu überzeugen, dass ich »eine Gefahr für die innere Sicherheit der DDR« bin und auch ihrem »Ansehen in der Welt« schaden könnte – ohne allerdings einen konkreten Anlass für diese Vermutung zu geben. Allein meine politische Einstellung und mein »unberechenbares Wesen« genügten. Die Stasi selbst hatte dann angeregt, mich besser ausreisen zu lassen, weil dies das kleinere Übel für die DDR war.

Im April 1980 durfte ich mit Weib + Kind nach Westdeutschland ausreisen. (Einzelheiten dazu später an anderer Stelle.)
Die ersten sechs Wochen wohnten wir bei meinem Vater Erzeuger und seiner Familie in einem wunderschönen »Bergdorf« namens Hochhausen im Neckar-Odenwald-Kreis, Baden-Württemberg. Dann bekamen wir eine eigene Wohnung.

Mein Vater hatte dort eine »Einheimische« geheiratet und mit ihr im Schweiße seines Steißes drei gesunde Kinder in die Welt gesetzt. Somit bekam ich nun neben meinen bisherigen 6 Halbgeschwistern drei weitere hinzu, sodass ich nun 1 Bruder und 5 Schwestern im Osten hatte sowie 2 Brüder und 1 Schwester im Westen. Als Erstgeborener blieb ich aber der Stammesälteste und Thronfolger meines Vaters.

Die GEGEND in Baden-Württemberg war herrlich! Jedenfalls für Bergsteiger, Gleitschirm-Flieger und Wasser-Ratten.
Ich persönlich fand es zwar schön, vom Berg hinab ins Neckar-Tal zu schauen, oder im Tal zu stehen und ringsherum Berge zu sehen. Aber Bergsteigen gehörte nicht zu den Dingen, die ich gerne tat. Bergen, die ich nicht per Auto erklimmen konnte, blieb ich grundsätzlich fern!

Dazu muss man wissen, dass ich – trotz meiner Hyperaktivität, die mich keine Minute schweigen oder gar stillsitzen lässt – ein absoluter BEWEGUNGSMUFFEL bin.
Gut unterrichtete Zungen behaupten, dass sich jeder Querschnittgelähmte mehr bewegt als ich! Gewissermaßen bin ich der Ur-Ahn aller Faultiere. Wobei ein Faultier, das 24 Stunden reglos in seinem Baum hängt, immer noch mehr Bewegung hat als ich.
Ich habe meine Umgebung und mein gesamtes Leben danach aus- bzw. eingerichtet, dass ich so ziemlich alles »in Reichweite« habe und möglichst viele Dinge erledigen kann, ohne meinen angestammten Platz am Laptop verlassen zu müssen. Es gibt Tage, an denen ich nichts anderes bewege als meine Finger über der Laptop-Tastatur. Das geht so weit, dass ich manchmal zu faul bin, mir etwas zu trinken aus der Küche zu holen und das erst tue, wenn mir die vertrocknete Zunge am verdorrten Gaumen festklebt und ich deshalb gehindert bin, mich akustisch zu artikulieren. Man sagt mir nach, dass ich länger als ein Kamel gänzlich ohne Flüssigkeit auskommen kann – mit dem Unterschied, dass ein Kamel dazu mangels Wasser gezwungen ist, während ich nur in die Küche gehen und den Wasserhahn aufdrehen müsste … wenn ich nicht zu faul dazu wäre.
Einen Vorteil hat die Sache aber für mich: Ich muss nur höchst selten aufstehen, um meine Blase zu leeren!

Lass mich bitte mal kurz etwas ausrechnen:
Wenn ich 9 Halb-Geschwister habe, dann sind wir – einschließlich meiner Wenigkeit – 10 Halb-Geschwister. Das sind mathematisch 5 GANZE Geschwister. Aufgeteilt auf zwei Mütter (die 6 Väter lasse ich mal unberücksichtigt) ergibt das 2,5 Kinder pro Mutter.
Da eine Frau aber keine HALBEN Kinder haben kann (jedenfalls keine lebenden!), hatte die eine Mutter eben 3 Kinder, die andere 2 Kinder.
Die mit den 3 Kindern hatte ich soeben in Baden-Württemberg kennengelernt. Folglich hatte meine Mutter die restlichen 2 Kinder. Also meinen Bruder Karl-Heinz und mich … sowie unsere Schwestern Monika, Petra, Ilona, Ramona und Heidi.
Aber HALT, hier stimmt etwas nicht! Rechnerisch hatte meine Mutter nur 2 Kinder, im realen Leben aber SIEBEN! Wie kann das sein? 😮

MATHEMATISCH kann ich die Sache nicht aufklären, also probiere ich es EXPERIMENTELL:
Ich nehme 5 Salami-Scheiben und halbiere sie. Diese 10 halben Salami-Scheiben stellen nun meine 9 Halb-Geschwister und mich dar.
Um Irrtümer und Verwechselungen auszuschließen, halbiere ich 5 Zettel, auf die ich die Namen aller 10 Halb-Geschwister schreibe.
Die ganz Schlauen meiner Leserschaft (also so ziemlich alle) werden einwenden:
Du hättest doch statt der Salami-Scheiben gleich ZETTEL verwenden können!Denen möchte ich zurufen: HÄTTE ICH NICHT! Und das kann ich auch begründen:
Wenn ich eine Salami-Scheibe halbiere, habe ich 2 halbe Salami-Scheiben. Halbiere ich aber einen ZETTEL, habe ich anschließend 2 GANZE, VOLLWERTIGE Zettel!
Das ist so, weil nirgendwo definiert ist, wie groß ein Zettel sein muss, um als ZETTEL zu gelten!
Wenn ich ein DIN-A4-Blatt halbiere, habe ich 2 DIN-A5-Blätter. Jedes ein vollwertiges Blatt Papier von der Größe eines DIN-A5-Blattes.
Halbiere ich diese beiden DIN-A5-Blätter, erhalte ich 4 DIN-A6-Blätter, wobei jedes zurecht als ganzes Blatt betrachtet und benutzt werden kann.
Wenn wir uns also darin einig sind, dass eine halbe Salami-Scheibe nur die Hälfte einer Salami-Scheibe ist, ein Zettel aber unabhängig von seiner Größe ein Zettel bleibt, dann kann ich mit meinem Experiment fortfahren:
Ich ordne jeder halben Salami-Scheibe einen Zettel mit einem Namen von uns 10 Halb-Geschwistern zu, also: Hans-Jürgen, Karl-Heinz, Monika, Petra, Ilona, Ramona, Heidi, Peter, Andreas (Andy) und Cornelia (Conny).
Bis hierhin hat alles seine Ordnung und Richtigkeit.
Wenn ich aber die 10 halben Salami-Scheiben wieder paarweise zusammenfüge, komme ich auf 5 ganze Salami-Scheiben bzw. 5 ganze Geschwister. Dummerweise liegen jetzt aber auf jeder zusammengefügten Salami-Scheibe ZWEI Zettel mit Namen. Aus Hans-Jürgen + Karl-Heinz ist Hans-Jürgen-Karl-Heinz geworden, aus Monika + Petra Monika-Petra usw. Somit habe ich nun einen Doppel-Doppel-Vornamen und meine anderen Geschwister Doppelnamen, die besonders bei HEIDI-PETER sowie ANDY-CONNY zu denken geben. 🤔

Verfluchte Mathematik! Verfluchtes Experiment!
Ich hatte schon zu Schulzeiten meine guten Gründe, mich diesem Wahnsinn durch Ignoranz bzw. Abwesenheit zu entziehen!
Wenn ich überhaupt mal die Schule mit meiner Anwesenheit beehrte, nutzte ich die Zeit sinnvoll, um z.B. den vor mir sitzenden Mädchen Zöpfe zu flechten oder Pferdeschwänze zu binden (auch gegen ihren Willen – aber immerhin muss ICH ja mit ihrem Anblick leben, und ich gestalte mir meine Umwelt, wie sie MIR am besten gefällt).
Direkt NEBEN MIR sitzen wollte keine – was ich bis heute nicht nachvollziehen kann, denn ich war damals ein Kavalier durch und durch! Ich habe den Mädels zum Beispiel die Klo-Tür aufgehalten – und bin gleich mit hineingegangen (um sie ihnen dann von innen ebenfalls wieder aufzuhalten, wenn sie das Klo verließen), oder ich habe ihnen auf dem vier Kilometer langen Schulweg einen Liegeplatz im Wald angeboten, damit sie sich vom Laufen erholen können, habe ihnen sogar aus den Klamotten geholfen, wenn sie zu sehr ins Schwitzen kamen.
Im Kinderheim bin ich sogar nachts in den Mädchen-Schlafraum geschlüpft und habe mich zu einem der Mädchen gelegt, von dem ich annahm, dass es so ganz allein in seinem Bettchen ganz furchtbar friert und etwas Warmes im Bauch braucht.
Manchmal bekam ich dann zu hören: Was willst DU denn hier? Ich stellte dann die Gegenfrage: Und was willst DU hier? Das ist doch Gabis Bett! Wir haben die Betten getauscht. Dann schläft heute Gabi in deinem Bett? Nein, die hat mit Maria getauscht. Und so weiter. Am Ende lag kaum eines der Mädchen in seinem eigenen Bett. Aber das musste mich ja nicht hindern, ein paar Mädchenbeine zu wärmen. Ob die am Ende Gabi oder Schneewittchen gehörten, konnte mir egal sein. Schließlich war es nicht meine Schuld, dass die Mädels die Unart hatten, ihre Betten (und wahrscheinlich auch die Unterwäsche) zu tauschen. Ich war jedenfalls nicht bereit, in stockdunkler Nacht einer Auserwählten hinterher zu reisen!
Bei uns Jungs wäre es undenkbar gewesen, in einem anderen als dem selbst vollgepinkelten Bett zu schlafen.

Das wäre heutzutage undenkbar! Nicht, weil die Jungs weniger Kavaliere sind, sondern weil sie selbst Zöpfe und rosa Unterwäsche tragen. Und die Mädels rasieren sich die Schädel kahl und lassen sich Oberlippenbärte tätowieren …
Ich bin mal 10 Minuten lang einer hinreißenden Blondine nachgerannt, der die Haare bis runter zum Knack-Arsch reichten. Als ich sie dann endlich eingeholt hatte, stellte ich entsetzt fest, dass sie einen (echten) Vollbart trug und auf den Namen Klaus hörte! 😕
Da fragt mann sich als normalsterblicher Hetero natürlich: Wieso quält sich ein Kerl in Hotpants und Nylon-Strumpfhose, wenn er doch gar keine Kinder gebären kann? Da spritzt man doch gewissermaßen seine PERLEN VOR DIE SÄUE!

Nochmal kurz zur Mathematik:
Die Ehe meiner Eltern dauerte 13 Wochen (vom 10. Januar bis zum 10. April). Wenn man die 1 Woche ihres Kennenlernens abzieht, bleiben 12 Wochen. Abzüglich des obligatorischen »Trennungsjahres« (52 Wochen), bleiben minus 40 Wochen.
Rein mathematisch sind sie sich demnach niemals begegnet und folglich gibt es mich gar nicht!
Falls mich also keine Eselin im Galopp verloren hat, widerspreche ich hiermit vorsorglich meiner Existenz!


Nachdem das nun erledigt ist, fahre ich im eigentlichen Text fort. WOHIN, weiß ich selbst noch nicht.

Meine Mutter war auch nicht gerade ein Mathe-Genie. Wahrscheinlich hat sie mir DAS vererbt, damit ich nicht ganz mit leeren Händen dastehe, wenn ich in die Welt hinaus gehe.
Sie dachte sich nach meiner Geburt: Wenn ich EIN Problemkind habe, dann schaffe ich mir sechs weitere an – dann ist das eine (schlechte, missratene) »verdünnt«, fällt also in der Masse der Kinder nicht mehr so negativ auf. Sie hat gewissermaßen EIN faules Ei in die Pfanne gehauen, und damit das nicht so auffällt, hat sie SECHS gute Eier hinterhergeworfen.
Ob sie damit das faule Ei genießbar oder die anderen sechs Eier ebenfalls ungenießbar gemacht hat, kann jeder experimentell selbst rausfinden …

Beim Stichwort ESSEN fällt mir Folgendes ein … obwohl es hier um meinen ERZEUGER gehen sollte, aber was soll ich über einen Menschen schreiben, den ich direkt nach meiner Geburt 5 Wochen lang nur angeschrien habe, und 27 Jahre später (nach meiner Emigration in den Westen Deutschlands) bei jedem Satz ins Wort gefallen bin und ihn korrigiert habe – wobei er mir ständig ins Wort gefallen ist und alles besser wissen wollte! Aber diesmal war ICH es, der ganz weit weggelaufen ist; wir haben bis zu seinem Tod [und auch danach] nie wieder ein Wort miteinander geredet oder uns auch nur angesehen, auch wenn wir uns täglich mit unseren Autos auf der Straße begegneten – die Herrmänner können verdammt stur sein!

Nun aber zum Stichwort ESSEN: Der Spruch »Futtern wie bei Muttern« würde mir niemals über die Lippen kommen – außer, es geht um Hundefutter oder Schweinefraß.

Sie hatte schon 5 Kinder und 11 Jahre Erfahrung mit einem eigenen Haushalt, als sie mit ihrem 6. Mann, dem Fremdenlegionär, zusammenkam. In Sachen Kinder machen + gebären konnte ihr keiner etwas vormachen oder beibringen. Aber sie war nicht imstande, ein Frühstücks-Ei zu kochen!

Der Begriff »Kinder großziehen« stammt übrigens daher, weil früher die Eltern, aber auch Lehrer, Erzieher, Nachbarn oder Wildfremde »unartigen« Kindern die Ohren langzogen.
Wenn das Ohren-Langziehen Einfluss auf das Längenwachstum der Kinder gehabt hätte, dann wäre ich schon als 10-Jähriger mindestens 4 Meter groß gewesen! Leider war dem nicht so, ich hatte lediglich permanent eingerissene Ohrläppchen.

Den Begriff »unartige Kinder« sollte man sowieso mal kritisch überdenken!
Meines Wissens heißt ART ins Deutsche übersetzt KUNST. Demnach sind »unARTige Kinder« un-KÜNSTLICHE, also »NATÜRLICHE Kinder«.
Warum man(n und auch frau) Kindern, die sich NATÜRLICH verhalten, die Ohren lang zieht oder sie in Heime abschiebt, ist mir ein dauerhaftes Rätsel!
Mir persönlich sind ARTige, also KÜNSTLICHE Kinder ein Gräuel! Zehn kleine Teufel sind mir lieber als ein ARTiges Püppchen! 😛

Aber zurück zum FRÜHSTÜCKS-EI:
Mein Stiefväterchen (nicht verwandt oder verschwägert mit einem Stiefmütterchen) aß gerne weiche Eier. Um genau zu sein: Halb-weiche Eier. (DAS habe ich wahrscheinlich von ihm geerbt – ansonsten aber kaum was Brauchbares, was seine Ursache darin haben könnte, dass dieser Kerl einfach nicht totzukriegen war; nach 2 Mordversuchen, über die ich später zu berichten habe, habe ich es aufgegeben, ihm das ewige Leben zu nehmen!).

Als dieser Sohn einer räudigen Hündin + einer hässlichen Scheißhausparole sein Frühstücks-Ei aufschlagen will, gelingt ihm das nicht, obwohl er als geübter Holzfäller eine 50-jährige Krüppelkiefer mit wenigen Axthieben zum Erliegen bringen konnte.
Wutschnaubend wirft er das steinharte Ei an die Küchenwand, wo es ein Loch von der Größe eines hartgekochten Frühstücks-Eies hinterlässt. Dem fliegenden Ei wirft er die markigen Worte hinterher: Weib, bist du zu blöde, ein WEICHES Frühstücks-Ei zu kochen?
Meine Mutter steht wie versteinert vor den Eier-Scherben und wird im Gesicht knallrot wie ein Fliegenpilz.
Ja, aber ich … Weiter kommt sie nicht, denn das Stiefväterchen legt nach: Haben dir meine fünf Vorgänger nichts außer FICKEN beigebracht? – Ach, nicht mal DAS kannst du!
Zur Entschuldigung meiner Mutter muss ich hier einflechten, dass ihr »Unvermögen«, im Bett olympische Spitzenleistungen zu erbringen, in ihrer ländlichen Herkunft und mangelnden Sexual-Aufklärung begründet war. Den Begriff »Stellung« kannte sie nur im Zusammenhang mit Kriegsgeschehnissen (zu denken wäre da beispielsweise an die Stellungskriege der deutschen Wehrmacht vor Stalingrad).
Woher sollte dieses einfach-gestrickte Land-Ei wissen, dass es außer der Missionarsstellung noch unzählige andere gab? Gut, sie hätte sich ein paar Tricks bei kopulierenden Kühen, Schweinen und Dorfkötern abgucken können. Aber ihre Fantasie reichte nicht, um das tierische Vergnügen in zwischenmenschliches umzusetzen.
Manchmal konnte meine Mutter tagelang nicht laufen und war zu keiner Hausarbeit fähig (die blieb dann an mir hängen, obwohl ich an ihren nächtlichen Betätigungen gar keinen Anteil hatte), weil sie von meinem Stiefvater wieder mal »so richtig rangenommen« worden war. Sie klagte mir dann ihr körperliches Leid:
Mir tun alle Knochen im Leib weh, weil ich die halbe Nacht SPAGAT machen musste! – Mach mal stundenlang deine BEINE HINTER DEN KOPF, dann weißt du, was ich durchmache!
Mit Spagat kannte ich mich aus. Ich hatte mal im Sport-Unterricht einen versucht, um den Mädchen zu imponieren. Als ich ihn zur Hälfte geschafft hatte, bin ich zur Seite gekippt und konnte mich den Rest des Tages nur noch kriechend fortbewegen! SPAGAT ist nur was für Mädchen, die das später im Bett brauchen!

Nun stand also vor versammelter Mannschaft die Frage im Raum bzw. in der Küche, ob meiner Mutter ihre bisherigen 5 Kerle nicht das Eier-Kochen beigebracht hätten.
Sie verneinte das und fügte erklärend/entschuldigend hinzu: WANN hätten die mir das beibringen sollen? Die blieben ja nie lange bei mir! Noch ehe das Eier-Wasser kochte, waren sie über alle Berge verschwunden! – Vom vierten kannte ich nicht mal den Nachnamen! Der hat mich geschwängert, und ich habe ihn danach nie wieder gesehen!
Darüber solltest du mal nachdenken, Weib! Das muss ja seine Gründe gehabt haben, dass dir alle Kerle davonlaufen. – Da kannst du froh und Gott dankbar sein, dass ICH dich genommen habe und fünf fremde Kinder großziehe!

Zum Dank für seine Mühen machte er ihr noch zwei eigene Kinder – und ließ sie dann ebenfalls sitzen. Nun durfte sich der nächste Freier über sieben fremde Kinder freuen …

Betreffs der missratenen Frühstücks-Eier entschuldigte sich meine Mutter so:
Was soll ich denn machen, wenn die nicht weich werden? – Ich habe sie 30 Minuten lang gekocht! Die Kartoffeln sind schon nach 20 Minuten weich.
Tja, Kartoffeln, auch Kohl und anderes Gemüse, sogar Reis und Nudeln werden vom Kochen WEICH. EIER ABER HART. DAS hätte jemand meiner Mutter sagen sollen! Warum mann das unterlassen hatte, entzieht sich meiner Kenntnis.
Aber nun brachte ihr mein neuer Vater alles bei, was man in Bett und Küche wissen musste, um einen Mann rundum zu befriedigen.

Dass mein Stiefvater aus dem westdeutschen Kassel in die ostdeutsche Provinz übergesiedelt war und dort auch noch eine viel ältere Frau mit fünf Kindern geheiratet hatte, war schon beachtlich und jahrelang Titelthema der Klatsch- und Tratsch-Tanten (und ‑Onkels). Andere 24-Jährige hatten andere Lebensziele …

Die Eltern meines Stiefvaters hatten in Kassel eine Fleischerei. Ihr Sohn hatte aber kein Interesse am elterlichen Familienbetrieb und erlernte das blutige Handwerk lieber bei der französischen Fremdenlegion. Dort wurden allerdings keine Tiere abgeschlachtet, sondern Menschen. Blutige Hände holte man sich aber in beiden Gewerben.
 Im Gewerbe meines Stiefvaters kam es besonders auf die TECHNIK des Tötens an. Während ein Fleischer ein Bolzenschussgerät verwendet, um das Schlachtvieh vom Leben zum Tod zu befördern, konnte mein Stiefvater das mit bloßen Händen tun. Ich habe mal mit eigenen Augen erlebt, wie er mit einem einzigen Faustschlag zwischen die Augen eines durchgeknallten Ochsen diesen zur Besinnung brachte bzw. besinnungslos schlug. Zuvor hatten zahlreiche Bauern vergeblich versucht, diesem Vieh Herr zu werden.
Der OCHSE kann auch ein BULLE gewesen sein. Wo genau der Unterschied zwischen einem Ochsen und einem Bullen ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich erkennt man den Bullen an seiner Uniform. 😜

Dank seines Vorlebens konnte man meinen Stiefvater als Feinschmecker bezeichnen, zu Deutsch als GOURMET.
Und demzufolge erwartete er »deftige deutsche Küche«.

Im Bett bevorzugte er wohl eher die »französische Küche«. Davon soll hier aber nicht die Rede sein, weil ich davon (außer den Schmerzensschreien meiner un-akrobatischen Mutter) leider nichts mitbekam.

Doch: Eines Sonntags am Morgen musste ich dringend pinkeln und deswegen das Wohnzimmer durchqueren, in dem meine Eltern auf der Auszieh-Couch schliefen.
Dass sie schliefen, nahm ich jedenfalls an. Deshalb öffnete ich die Tür ganz leise, um sie nicht zu wecken. Da erblicke ich diese Menschen, die ich bis dahin für meine Eltern gehalten hatte, splitternackt!
Der männliche Mensch kniet mit steil erigierter Lanze vor dem weiblichen Menschen und schickt sich offenbar gerade an, ins Gefecht zu ziehen und den Venushügel zu erobern.
Ich habe dann ganz leise wieder die Tür angelehnt und meinem kleinen Bruder gesagt, er soll mal zu den Eltern gehen und sie fragen, was sie da machen.
Das tat der Bengel dann tatsächlich, trampelte mitten ins Kriegsgeschehen und fragte ganz naiv: Was macht ihr denn da?
Und was bekommen er und meine ungläubigen Ohren zu hören?
Die Mama ist schmutzig und der Papa wäscht sie!
Auf solch eine dumme Erklärung kann mann nur kommen, wenn der Unterleib besser durchblutet ist als das Gehirn!
Selbst einem 7-jährigen Dorfkind musste klar sein, dass kein normaler Mensch sich im Bett wäscht, bzw. waschen lässt, wenn er kein Pflegefall ist. Und die riesige Lanze unseres Stiefvaters, die mein Bruder allenfalls von sich selbst und auch mir nur als Miniaturausgabe einer »Morgenlatte« kannte, war ja auch ziemlich beachtlich und für die morgendliche Körperpflege durchaus entbehrlich.

Das war dann der richtige Zeitpunkt, meinem Bruder die Illusion zu rauben, Bienchen würde die Mama bestäuben und ein Zucker-fressender Storch die Babys bringen. Jedes Lebewesen, das sich bewegen kann, FICKT. Und das macht allemal mehr Spaß als von einer Biene belästigt zu werden.

Und von diesem Tag an entdeckte mein Bruder überall fickende Viecher (nur unsere Eltern nie wieder, denn die schlossen fortan die Wohnzimmertür zu, bevor sie es taten; wenn sich der Schlüssel im Schloss drehte, wusste mein Bruder: Jetzt ficken sie wieder! – Kriegen wir jetzt noch eine Schwester? Ich konnte ihm seine Sorge nehmen, indem ich ihm erklärte, dass das Ficken eine beliebte Freizeitbeschäftigung der Erwachsenen ist, die nicht unbedingt nur der Fortpflanzung dient.
Das ist wie PUDDING NACH DEM ESSEN oder AM HINTERN KRATZEN, WENN ER JUCKT. Man(n und Frau) fühlt sich danach einfach besser, gewissermaßen erleichtert. Der Mann um ein paar LITER erleichtert, wenn man alle Körperflüssigkeiten zusammengießt, die er verliert.

Die Hühner auf dem Hof taten es, die Katzen, die Dorf-Köter, Karnickel, sogar die Spatzen auf dem Misthaufen.
Kamen wir an einer Kuhherde auf der Wiese vorbei, geschah es oft, dass eine Kuh die andere »besprang«. Wie man das bei Kühen nennt, wenn sie einen Pimmel brauchen, wusste ich nicht. Bei Menschen nennt man das »notgeil«, bei Pferden wahrscheinlich »rossig«, bei Karnickeln und Ziegen vielleicht »bockig«.
 Eine unserer Schwestern war ständig »bockig«. Aber nicht, weil sie einen Pimmel brauchte, sondern wenn sie ihren Willen nicht bekam. Dann wurde sie regelrecht hysterisch, schmiss sich theatralisch auf den Boden und schrie, bis ihr die Luft wegblieb und sie blau anlief!
Ich konnte ihr dann diese Unart abgewöhnen, indem ich so lange auf sie einprügelte, bis sie wieder atmete. Mein Stiefvater übernahm dann meine diesbezügliche Taktik, wenn sie wieder mal zu sehr an der Uhr drehte. Bei der Fremdenlegion lernt man zwar, wie man Leute ins Jenseits befördert, aber nicht, wie man sie von dort zurückholt.

Sahen wir also zwei »bockige« Kühe, rief mein Bruder: Guck mal, die ficken!
Besonders peinlich war das, wenn sich eine unserer kleinen Schwestern vom Nachttopf erhob und unser Hund die Gelegenheit beim Schopf bzw. die Schwester von hinten packte und sie bestäuben wollte.
Dann rief mein Bruder begeistert: Guckt mal, der fickt Heidi!
(Keine Ahnung, woher mein Bruder solch derbe Ausdrücke hatte. ICH kannte sowas gar nicht!)

Bei solch einer Gelegenheit war mein Stiefvater anwesend. Und dem platzte bei diesem Anblick der Kragen bzw. riss ihm die Hutschnur (immerhin war Heidi sein leibliches Kind und keines dieser Bastarde, die eine läufige Hündin sich hatte machen lassen).
Er sprang auf, griff sich einen Besen und schlug damit auf den Hund ein, bis der Besenstiel zerbrach und der Hund sich jaulend unter dem Küchenherd verkroch. Dann stocherte und schlug er nach dem Hund, bekam ihn endlich am Genick zu fassen, schleppte ihn raus auf den Hof, legte ihn auf den Hackklotz, griff sich das Beil und schlug ihm den Kopf ab.
Und das würde er mit JEDEM tun, der seine Kinder anfasst! Auch uns »Bastarde« betrachtete er als »seine Kinder«, die nur ER schlagen darf!

Ein Mann hatte mal meinem Bruder eine Ohrfeige gegeben, weil er dessen kleiner Tochter den Roller weggenommen hatte.
Mein Bruder ist plärrend nach Hause gelaufen und hat das unserem Stiefvater gesagt. Der ist vom Mittagstisch aufgesprungen, zu dem Kinder-Schänder gegangen, hat ihn gepackt und kopfüber in eine Scherben-Tonne geprügelt. Mit den Worten: Niemand außer mir schlägt meine Kinder!
Dieses »Elfte Gebot« predigte dann sonntags sogar der Pfarrer von seiner Kanzel, damit nicht noch mehr seiner Schäfchen ins Unglück rennen.

Mein ungläubiger Lehrer kannte dieses Elfte Gebot offenbar nicht, denn er ließ sich dazu hinreißen, mir aus einer Verärgerung heraus das Klassenbuch ins Gesicht zu hauen. Ich bekam Nasenbluten, und ich ließ das Blut laufen, weil ich wusste, wie sehr meinen Stiefvater dieser Anblick zur Raserei bringen würde.
Der Heimweg war kurz. Ich wohnte direkt neben der Schule.
Mein Stiefvater war kein Mann von großen Worten und langen Reden, deshalb fragte er mich nur: WER WAR DAS? Ich sagte: Mein Lehrer. Er: Wo ist der jetzt? Ich: Noch in der Klasse.
Fünf Minuten später war er schon wieder zurück von seiner Mission. DER FASST DICH NIE WIEDER AN! Damit war dieses Thema erledigt.
Am nächsten Tag berichteten mir meine Artgenossen ganz aufgeregt, dass plötzlich ein MONSTER in der Klasse erschienen sei, geschrien hätte, Niemand außer mir schlägt meine Kinder! und den Lehrer mit bloßen Händen zu Hackfleisch verarbeitet hätte.

Was aus dem Lehrer geworden ist, habe ich nie erfahren. Ich habe ihn nie wieder gesehen. Für meinen Stiefvater blieb das völlig folgenlos, wie auch alle anderen Vorkommnisse ähnlicher Art. Kein Polizist, der an seinem Leben hängt, hätte sich meinem Stiefvater in den Weg gestellt, zumal bekannt war, dass er eine Allergie gegen Uniformierte hatte. So konnte er praktisch tun und lassen, was er wollte. Er hatte Narrenfreiheit. Wobei er absolut kein Narr, sondern überaus gebildet war und unzählige Handwerke perfekt beherrschte.
 So konnte er nicht nur kochen, sondern auch schlachten, alles im Haus reparieren, Bäume fällen und zu Brennholz, Karnickelställen oder Zäunen verarbeiten, Stühle flechten, Pferde-Zaumzeug nähen, er hatte Ahnung von Ackerbau und Viehzucht, konnte vom Traktor über Bagger, Kran, Planierraupe und Mähdrescher bis zum Panzer jedes Fahrzeug fahren (für jedes brauchte und hatte er eine extra Ausbildung).
Er reparierte nicht nur alles Defekte im Haus, sondern brachte sogar mal einen Raben aus dem Wald mit, der sich den Flügel gebrochen hatte und ohne fremde Hilfe dem Tode geweiht gewesen wäre. Er reparierte dem Vogel den Flügel – und wir hatten ein freches Vieh in der Wohnung, das uns aus lauter Dankbarkeit gar nicht mehr verlassen wollte (und nur Unfug im Haus anrichtete).
Saßen wir alle am Küchentisch, herrschte für uns Kinder Rede-Verbot. Wer beim Essen unerlaubt redete, riskierte, dass eine Ohrfeige über den Tisch geflogen kam und sich auf seiner Wange niederließ. Allein der RABE ignorierte das Schweigegelübde.


Eines Abends kommt unser Stiefvater von der Arbeit, geht zum Kühlschrank und sucht etwas.
Meine Mutter fragt, was er denn sucht. Er sagt, dass er den Käse sucht, den er gestern gekauft hat.
Sie sagt ihm: Den brauchst du nicht suchen. Ich hab ihn weggeschmissen.
Er starrt sie ungläubig an und sagt: Warum hast du den denn weggeschmissen? Der war doch ganz frisch. Ich habe ihn erst gestern gekauft!
Hast du dir den mal angeguckt? Der war ja total verschimmelt! Sollte ich ihn liegenlassen, damit auch er noch die anderen Lebensmittel ansteckt?!
Da ist mein Stiefvater total ausgeflippt und hat dieser blöden Dorf-Kuh einen längeren Vortrag über EDELSCHIMMEL, DELIKATESSEN und dergleichen gehalten, der noch am Ende der Stadt zu hören war. (Wer klug war und/oder wenigstens nicht blöde sterben wollte, der nahm sich einen Zettel und Stift und schrieb mit, was mein Stiefvater so von sich gab! Das konnte dem eigenen Überleben dienlich sein.)

Oft begleiteten fliegendes Geschirr oder berstende Sitzmöbel die Vorträge unseres Stiefvaters, um die Ernsthaftigkeit seiner Worte zu untermauern.
Besonders unsere Küchenwände waren übersät mit Einschlag-Kratern unzähliger (voller) Teller, Töpfe, Pfannen und Tassen.
War das Essen zu warm, zu kalt, zu salzig oder zu lasch gewürzt – er fand immer einen Grund, den Teller an die Wand zu schmeißen. Besteck und restliches Geschirr gleich hinterher.
Manchmal mussten wir Kinder gemeinsam aus einem Topf essen, weil es kein Geschirr mehr im Haus gab.

Ich habe bei solchen Gelegenheiten gelernt, mich UNSICHTBAR zu machen, damit ich nicht als Blitzableiter missbraucht und durch die Wohnung geprügelt werde. In solchen Momenten hätte ein falsches Wort, ein falscher Blick, ja allein meine Anwesenheit genügt, dass er komplett durchdreht und seinen überschüssigen Jähzorn an mir abreagiert.

Auch Jahrzehnte später scheine ich immer noch unsichtbar zu sein. Das fällt mir besonders auf, wenn ich an der Straße stehe und auf ein Taxi warte. Wenn überhaupt mal eins kommt, dann kann ich winken wie ich will, man sieht mich nicht, selbst wenn ich mir den Arm dabei auskugeln oder mich quer über die Fahrbahn legen täte.

Apropos Fahrbahn: Als ich fünf war, habe ich mal mit einem Nachbarsjungen auf der Straße gespielt. Damals konnte man das noch gefahrlos tun, weil es mehr Pferdefuhrwerke als Kraftfahrzeuge gab.
Und schon damals muss ich unsichtbar gewesen sein (oder ich war dünn wie ein Hering und deshalb so gut wie unsichtbar). Jedenfalls ist mir ein Motorrad im gestreckten Galopp über den Bauch gefahren. – Dem Motorradfahrer ist aber nichts passiert. Ich glaube, der hat nicht mal gemerkt, dass er soeben ein Kind ermordet hat. Ich hätte ja ebenso gut ein Zweig oder ein echter Hering sein können. Und wer achtet schon auf Zweige und Heringe auf der Straße, wenn man von A nach B rast?

Betrete ich einen Supermarkt oder ein Kaufhaus und brauche dort eine Info oder Hilfe, bin ich ebenfalls unsichtbar:
Ich komme zu KARSTADT, und da wimmelt es von Verkäuferinnen. Aber nur so lange, bis ich in der Schreibwaren-Abteilung stehe und etwas Bestimmtes suche. Plötzlich sind alle Verkäuferinnen aus der Abteilung verschwunden. Jeder Außenstehende sieht auf Anhieb, dass ich suchend umherirre. Und genau DAS scheint mich unsichtbar zu machen. Also gehe ich rüber zu den benachbarten Süßwaren. Dort stehen zwei als solche kleidungstechnisch gut erkennbare Verkäuferinnen, die sich angeregt unterhalten. Ich stelle mich in einem gebührenden Abstand dazu (man ist ja höflich und will den privaten Plausch nicht belauschen!), werde aber übersehen. Ich räuspere mich. Wenn ich tatsächlich unsichtbar bin, so HÖREN die Schnattergänse jetzt wenigstens, dass ein Kunde anwesend ist und ihre Aufmerksamkeit beanspruchen möchte. Pustekuchen. Ich bin Luft. Ein leises Lüftchen, das die Damen nicht wahrnehmen.
Na gut, ich kann auch anders! Man sagt über mich, dass meine Stimme unverkennbar und mein »Organ« unüberhörbar ist.

Ich habe mal ganz hinten in einem 12 Meter langen Gelenkbus eine Mitreisende gefragt, ob sie mir sagen kann, wo ich aussteigen muss, um zu einer bestimmten Adresse zu gelangen.
Statt der Dame gab mir der Busfahrer über die Bordlautsprecher die gewünschte Auskunft! Ich rief ihm zu: Woher wissen SIE denn, was ich die Dame gefragt habe? Darauf er (wieder über Bordlautsprecher, anscheinend waren seine Sprechwerkzeuge weniger gut entwickelt als meine): Sie müssen nicht brüllen. Man hört Sie trotzdem bis hier vorne! Was sämtliche Mitreisende mit zustimmendem Kopfnicken bestätigten.

Zurück zu den plauschenden KARSTADT-Verkäuferinnen:
Ich erhebe (etwas ungehalten) meine Stimme (die nun garantiert auch ohne Bordlautsprecher mindestens im Umkreis von 30 Metern zu hören sein sollte):
Ich störe ja nur ungern den privaten Plausch der Damen, habe aber auch nicht die Lebenserwartung, das Ende Ihrer Unterhaltung abzuwarten …
Die Damen starren mich pikiert an, als hätte ich sie beim Liebesspiel gestört. Sie sagen aber kein Wort, weil sie wahrscheinlich erstmal kopftechnisch meine Unverschämtheit verdauen müssen, dass ich gewöhnlicher Kunde es wage, ihr Gespräch zu unterbrechen. Ehe sie zur Besinnung kommen, fahre ich mit meiner Unverschämtheit fort:
Kann es sein, dass ich unsichtbar oder durchsichtig bin?
Diese Frage scheinen sie nicht verstanden zu haben, denn sie starren weiter. Deshalb erkläre ich:
Können Sie sich vorstellen, wenn ich in meiner Eigenschaft als KUNDE direkt auf Sie zukomme, dass ich ein Anliegen habe und Sie Ihren Plausch mal kurz unterbrechen und mir Ihre Aufmerksamkeit widmen? Danach können Sie meinetwegen stundenlang weitertratschen oder auch die Nacht miteinander verbringen. Hier im Kaufhaus ist es Ihr Job, für die Kunden da zu sein! Sollten Sie anderer Meinung sein, holen Sie bitte den Geschäftsführer, der mir das vor laufender Kamera bestätigt.

🛈Sobald ich mein Zuhause verlasse, habe ich grundsätzlich und ständig eine aufnahmebereite Kamera dabei. Mein YouTube-Kanal beweist das. In solchen Situationen habe ich die Kamera sogar schon in der Hand und einen Finger über dem Aufnahme-Knopf, um die Ernsthaftigkeit meiner Worte zu bekräftigen! Widersprüchen wie Hier dürfen Sie aber nicht filmen!, widerspreche ich: Wenn SIE sich das Recht nehmen, mich hier ohne erkennbaren Anlass auf Schritt und Tritt zu filmen, dann müssen Sie MIR das gleiche Recht zugestehen – ansonsten übervorteilen Sie mich gesetzwidrig!
Ob das juristisch korrekt ist, ist mir scheißegal, solange es seine Wirkung nicht verfehlt. 😉

Und nun habe ich die volle Aufmerksamkeit (und den Groll) beider Tratschtanten:
Was ist denn Ihr ANLIEGEN? Das in einem Ton, als befragt mich ein Staatsanwalt nach einer begangenen Untat.
Ich wollte nur wissen, warum sich Ihre Kolleginnen der Schreibwaren-Abteilung vor mir verstecken. – Ich renne mir seit 10 Minuten die Hacken ab und starre mir die Augen aus dem Kopf, weil ich nicht finde, was ich suche. Und niemand ist da, den ich fragen könnte.
Da können WIR Ihnen leider auch nicht helfen. Das ist nicht unsere Abteilung!
DAS habe ich bei KARSTADT schon öfter gehört, als in der Kirche das ›Vater unser‹! Gehört dieser Spruch zur Grundausbildung bei KARSTADT?
Die Kolleginnen werden in der Pause sein.
Was denn, alle auf einmal? Hier stimmt was nicht mit der Geschäftspolitik dieses Kaufhauses! – So, nun können Sie weitertratschen …

Und das passiert mir ständig.
Ob ich bei ALDI, LIDL, PENNY, KiK, ROSSMANN & Co. bin: Überall verstecken sich die Verkäuferinnen, rennen ihren Kunden davon (wenn sie sich nicht rechtzeitig verstecken können) oder übersehen sie (wenn es auch zum Wegrennen zu spät ist).

Noch ein Beispiel für mein »lautes Sprechorgan«:
Neulich habe ich einen total hässlichen Mitmenschen getroffen und im Vorbeigehen, als er schon einige Meter weit weg war, in meinen Bart gebrabbelt: Gott, ist der hässlich! Da dreht sich der Typ um, kommt zurück, baut sich vor mir auf und fragt in einem Ton, der einer Kriegserklärung nicht unähnlich ist: Was hast du da eben zu mir gesagt?!
Ich habe ihm die Auskunft gegeben, dass ich gar nichts zu ihm gesagt hatte. Damit gab sich der Hässling zufrieden. Hätte er mich korrekt gefragt, was ich ÜBER ihn – statt ZU ihm – gesagt hatte, hätte er vielleicht erfahren, dass er potthässlich ist und besser nur nachts, am besten nur zu Halloween das Haus verlassen sollte.

Damit mir kein Deutsch-Lehrer unter diesen Aufsatz schreibt, Thema verfehlt!, möchte ich zum eigentlichen Thema VÄTER Folgendes anfügen:
Den 1., meinen Erzeuger, kannte ich praktisch nicht und weiß deshalb kaum etwas über ihn zu berichten.
Vom 2., der meinen Bruder erzeugt hatte, weiß ich ebenso wenig. Aus mündlichen Überlieferungen meiner Mutter weiß ich nur, dass der ebenfalls nicht allzu lange blieb. Seine Flucht entschuldigte er damit, dass er nicht bereit sei, sich von einem fremden Kind (MICH) das Leben schwermachen zu lassen. (Mein Gott, ich wog damals maximal 15 Kilo – schwerer als diese 15 Kilo kann ich ihm sein Leben wohl kaum gemacht haben. Außerdem habe ich nie von ihm verlangt oder erwartet, dass er mich durch die Gegend schleppt!)
Auch an den 3. habe ich keinerlei Erinnerung. Ich weiß nur, dass er der Dritte war, den meine Mutter heiratete. Wahrscheinlich glaubte sie, sie könne Männer mit dem Ehe-Gelübde zum längeren Bleiben zwingen (ewige Treue bis in den Tod, gemeinsam durch gute + schlechte Zeiten [gibts da nicht eine gleichlautende Endlos-Serie auf RTL?]).
So »zwischendurch«, ließ sie sich ein 4. Kind machen. Diese »Beziehung« dauerte nicht länger als der Zeugungsakt. Das Kind wurde rein rechtlich dem Vorgänger untergeschoben, dessen Nachnamen diese Schwester nun ihr Leben lang zu Unrecht mit sich rumschleppen muss (obwohl FRANKE immer noch besser ist als beispielsweise SCHWEINESCHWANZ oder WILDSAU).
Beim 5. Mann war es ganz ähnlich. Er bereicherte meine Mutter um ein weiteres weibliches Kind und verschwand anschließend auf Nimmerwiedersehen. Auch diese Schwester musste den Namen FRANKE mit sich rumschleppen, bis auch sie erkannte, dass sie den durch eigene Heirat (und reichlichen Kindersegen) ganz einfach loswerden kann.
Allein über den 6., den Fremdenlegionär, könnte ich ganze Bücher schreiben (wenn meine Zeit und Lebenserwartung das zuließe).
GERHARD KNIEP war der Einzige, der in unserer Familie wenigstens ein paar Jahre lang als »Vater« fungierte. Er war zwar jähzornig und tobte sich meist an mir als Ältesten aus, aber er war auch der Einzige, der mich »prägte«, mir viele nützliche Dinge beibrachte: z.B. Heimwerken oder Überleben in einer egoistischen, feindlichen Umgebung.

Er hat mich zwar unzählige Male wegen Nichtigkeiten halb-tot geschlagen. Aber eben nur halb-tot.
Somit gab er mir die Chance, mich zur Wehr zu setzen (gegen einen gelernten Killer aussichtslos!) oder mich zumindest an ihm zu rächen.
Nachdem meine zwei Mordversuche fehlgeschlagen waren, hat er wahrscheinlich gemerkt, dass ich nicht nur (s)ein guter »Schüler«, sondern auch verdammt rachsüchtig bin. Er hat mich dann respektvoller behandelt und nie mehr geschlagen.
Nur der Vollständigkeit halber: Nachdem er ein geistig behindertes Kind vergewaltigte (für ihn blieb das juristisch völlig folgenlos!), erkannte meine Mutter endlich, was für ein Charakter-Schwein er ist und trennte sich von ihm.
Nach der Maueröffnung kehrte er an den Ursprung seine Familie, nach Kassel, zurück, gründete dort eine neue Familie – und misshandelte weiterhin Frau und Kinder.
Da er nur 12 Jahre älter war als ich, könnte er noch leben. Ich schreibe hier trotzdem seinen vollen Namen hin, weil ich damit dem »Ruf« dieses sadistischen Charakter-Schweins kaum schaden kann. Das hat er selbst jahrzehntelang zur Genüge getan.
Trotzdem war er der einzige »richtige Vater« für meine Geschwister und mich.
 Im weiteren Verlauf meiner »Lebensgeschichten« werde ich noch einiges über diesen »Vater« berichten.

Zu meinem ERZEUGER fällt mir doch noch was ein, das ich nicht unerwähnt lassen möchte:
Rein optisch war ich meinem Vater WIE AUS DEM GESICHT GESCHNITTEN. Auch charakterlich war ich eine EXAKTE KOPIE von ihm!
Als ich anfangs bei ihm durchs Dorf ging, sind die Leute wie angewurzelt oder festgefroren stehengeblieben und haben mich angestarrt. Sie wussten bis dahin nichts von meiner Existenz und glaubten wahrscheinlich, sie hätten meinen Vater vor sich – allerdings auf wundersame Weise um 21 Jahre verjüngt! Sie hielten MICH für IHN!
Wir hätten ein Vermögen damit verdienen können, den Leuten ein Verjüngungs-Elixier zu verkaufen, das um 21 Jahre jünger macht.

»Leider« bin ich nicht so skrupellos und frech wie meine Schwester Ramona, die mit ihrem Lebensgefährten Uwe Täubers seit 2009 »Energie-Armbänder« verkauft (https://Ampli5.eu/). Da die DUMMEN auf Erden nie aussterben, verkaufen sie ihren China-Schrott, der im Einkauf wenige Cent kostet, an Leichtgläubige für unverschämte 109 Euro pro Energie-Armband (ich fand schon die 45 €, die sie anfangs dafür kassierten, wucherisch und habe deshalb bereits 2010 den Kontakt zu dieser Schwester abgebrochen – als sie davon fantasierte, auch Mineralwasser und Haushaltsgegenstände »energetisch aufzuladen«; inzwischen spült ihnen auch die VEGAN-Welle Geld in die Kasse, und sie haben die Produktpalette um HALSbänder (115 €), Hunde-Kettenanhänger (59 €), Hunde-Halsbänder (49 €) und Magnesium-Spray (100 ml 21,90 €) erweitert.
Offenbar hat Ramonas leiblicher Vater (der jähzornige Fremdenlegionär) ihr eine gehörige Portion Skrupellosigkeit (oder Blödheit) vererbt …





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