Posen‑Angebote

10.02.2015
⚠️ »Posen-Angebote« fallen nun unter das Sexualstrafrecht!
Strafrecht: Pornografie§ 184b StGB

Minderjährige in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung

Probleme der jugendschutzrechtlichen Bewertung so genannter Posen-Angebote am Beispiel des Internets
Martin Döring

Im Internet werden häufig so genannte Posen-Angebote verbreitet, die Kinder und Jugendliche in aufreizender Weise nackt oder spärlich bekleidet präsentieren, ohne dass diese Darstellungen pornographisch sind oder Missbrauchshandlungen zeigen. Im Gegensatz zu einigen europäischen Nachbarländern (z.B. Großbritannien), die ein solches Posing von nackten Minderjährigen schon als kinderpornographisch bewerten, gab es in Deutschland bis zum In-Kraft-Treten des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages in der Regel keine rechtlichen Handlungsmöglichkeiten. Kontrolleinrichtungen wie jugendschutz.net konnten nur an Anbieter und Provider appellieren, auf ein Präsentieren von Posen-Angeboten freiwillig zu verzichten. Die Situation war unbefriedigend und widersprach auch der gesamteuropäischen Intention, bereits im Vorfeld des sexuellen Missbrauchs und der Verbreitung entsprechender Darstellungen im Internet präventiv tätig zu werden. Der Gesetzgeber hat deshalb im Zuge der Neuregelung des Jugendschutzes einen Verbotstatbestand für Inhalte geschaffen, die als Einstieg in den Konsum kinderpornographischer Inhalte dienen und Kinder und Jugendliche bei der Abwehr von sexuellen Grenzüberschreitungen verunsichern können. Für den Bereich der Online-Medien sind mit In-Kraft-Treten des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages zum 01.04.03 Angebote, die Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen, absolut unzulässig ( § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV).

Jugendschutz verbietet das Zur-Schau-Stellen Minderjähriger in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung

§ 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV richtet sich gegen Angebote, in denen Kinder und Jugendliche ohne eine strafrechtlich relevante Missbrauchshandlung in sexuell stimulierender und aufreizender Form präsentiert werden. Sie umfasst auch virtuelle Darstellungen. Der Gesetzgeber wollte mit der Neueinführung dieses Tatbestandes verhindern,

  • dass das Interesse von pädophil geneigten Nutzern an Darstellungen des sexuellen Missbrauchs im Internet geweckt und gefördert wird (Posen-Darstellungen als Appetizer bzw. »Einstiegsdroge«),
  • dass eine mit dieser Art von Darstellungen verbundene subtile Vermittlung der Normalität eines sexuellen Umganges von Erwachsenen mit Minderjährigen bei Kindern und Jugendlichen die Botschaft erzeugt, sich selbst in bestimmten Situationen in einer Rolle als Anschauungsobjekt zu akzeptieren (Enttabuisierungsfunktion von Posen-Darstellungen),
  • dass Minderjährige durch ein verfälschtes Bild dessen, was im Umgang zwischen jungen Menschen und Erwachsenen normal ist und welche Grenzüberschreitungen sie dulden müssen, verunsichert werden und in ihren Möglichkeiten, sich gegen sexuelle Übergriffe von Erwachsenen zu wehren, beeinträchtigt bzw. für einen beabsichtigten Missbrauch gefügig gemacht werden (Einstimmungsfunktion von Posen-Darstellungen).

Die Verbotsregelung gilt absolut, das heißt, auch ein Verbreiten und Zugänglichmachen an Erwachsene im Rahmen einer geschlossenen Benutzergruppe gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV ist unzulässig. Nicht nur Minderjährige fallen in den Schutzzweck der Norm (sie sollen nicht verunsichert und in ihren Abwehrmöglichkeiten beeinträchtigt werden), sondern ausdrücklich auch erwachsene Nutzer. Das verfälschte Bild von »willigen« und aufreizenden Minderjährigen, das von pädophil geneigten Menschen gerne zur Rechtfertigung von Missbrauchshandlungen gezeichnet wird, soll nicht bestätigt werden. Auch sollen Stimuli vermieden werden, um sexuellen Missbrauchshandlungen bzw. dem Konsum ihrer Darstellungen im Internet vorzubeugen.
Bei festgestellten Verstößen kann die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) erhebliche Bußgelder verhängen und parallel ordnungsrechtliche Untersagungs- oder Sperrverfügungen erlassen.

📝️ Verstöße können im Einzelfall mit bis zu 500.000 € Geldbuße, Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden!

Die Anwendung der gesetzlichen Neuregelung bereitet im Detail aber noch Schwierigkeiten (insbesondere bei der Bestimmung des Alters der dargestellten Minderjährigen). Daneben stellt sich die Frage, ob ein Verstoß bereits bei einem objektiven Vorliegen des Tatbestandes – auch aufgrund einzelner Darstellungen eines Gesamtangebotes – zwingend zu bejahen ist oder ob in der Einzelfallbewertung die gesetzgeberische Intention berücksichtigt werden muss.

Minderjährigkeit der dargestellten Personen

Der Schutzbereich ist nicht nur auf Kinder beschränkt, sondern umfasst auch Jugendliche bis zum achtzehnten Lebensjahr. Lässt sich aufgrund der eigenen Inaugenscheinnahme eine Minderjährigkeit der gezeigten Personen nicht begründen, kann der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV auch dann nicht mehr erfüllt werden, wenn die weiteren Merkmale – Unnatürlichkeit und Geschlechtsbetontheit – unproblematisch vorliegen. Den Feststellungen zum Schutzalter kommt damit eine entscheidende Vorprüfungsfunktion zu.
Für die Erfüllung des Tatbestandes müssen hinreichende Anhaltspunkte für eine Minderjährigkeit der dargestellten Personen vorliegen, sie müssen aber nicht objektiv minderjährig sein. Sexangebote im Internet präsentieren häufig jugendlich aussehende, als »Teens« und »Lolitas« zurechtgemachte Frauen mit Zöpfen, rasiertem Schambereich und kleinen Brüsten, die nach Angaben der Betreiber jedoch bereits volljährig sein sollen. Auch diese Darstellungen, bei denen Personen kindlich oder jugendlich wirken sollen, können von der Verbotsnorm erfasst werden, sofern sie auf einen durchschnittlichen Betrachter minderjährig wirken und die gesetzliche Intention (Verhinderung von Stimuli und Vermittlung falscher Botschaften) verletzen. Die Verbotsnorm erstreckt sich ausdrücklich auch auf »virtuelle Darstellungen«, wodurch z.B. auch entsprechende Animationen und Comics (z.B. Hentai-Darstellungen) erfasst werden.

 In der Praxis sind belastbare Einschätzungen zum Alter der präsentierten Personen schwierig. Sie werden umso schwieriger, je älter die gezeigten Mädchen und Jungen erscheinen. Eine verlässliche Aussage zum tatsächlichen Alter ist bereits bei einem 15-jährigen Mädchen – je nach Ausprägung der körperlichen Reife – fast nicht mehr möglich. Als hilfreich kann es sich dabei erweisen, wenn der Anbieter selbst Angaben zum Alter der gezeigten Darstellerinnen macht (z.B. »Beatrice – 16 Jahre«). Diese Angaben sind jedoch nur als ein Anhaltspunkt zu werten, da sie häufig als Appetizer dienen und nicht dem tatsächlichen Alter der präsentierten Models entsprechen müssen. Spricht der Augenschein eindeutig dafür, dass die dargestellten Frauen bereits volljährig sind, lassen auch eventuell hierzu im Widerspruch stehende Angaben des Anbieters keine anders lautende Bewertung zu. Der Tatbestand kann bereits objektiv nicht mehr erfüllt werden.
Ist es aufgrund des Augenscheins schwierig, eine belastbare Einschätzung zum Alter der gezeigten Personen abzugeben, sind alle Gesichtspunkte abzuwägen, die für oder gegen eine Minderjährigkeit sprechen (z.B. die körperliche Ausprägung und insbesondere die Gesichtsmerkmale).
Im Zweifelsfall sind stets auch die eigenen Altersangaben des Anbieters relevant. Denn hiermit begründet dieser einen – allerdings widerlegbaren – Rechtsschein für eine bestehende Minderjährigkeit.

»Unnatürlichkeit« und zugleich »Geschlechtsbetontheit« der Körperhaltung

Der Gesetzgeber hat als inhaltliche Prüfkriterien die beiden Tatbestandsmerkmale der Unnatürlichkeit und Geschlechtsbetontheit festgelegt. Er hat es dabei jedoch ausdrücklich vermieden, das einschränkende Kriterium einer Nackt- oder Teilnacktheit in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Nicht erforderlich ist damit, dass präsentierte Mädchen und Jungen gänzlich, überwiegend oder teilweise unbekleidet sind, sofern die beiden Gesetzeskriterien der »Unnatürlichkeit« und »Geschlechtsbetontheit« kumulativ vorliegen. Auch Darstellungen von bekleideten Kindern und Jugendlichen fallen somit grundsätzlich in den Regelungsbereich. Umgekehrt fallen Darstellungen von Minderjährigen, die keines der beiden Gesetzeskriterien erfüllen, auch bei vorhandener Nacktheit oder geringer Bekleidung nicht unter den Verbotstatbestand. [Auch fallen konsequenterweise damit generell FKK-Angebote mit dargestellten Kindern und Jugendlichen beim unbefangenen Spielen am Strand etc. nicht unter den Gesetzeswortlaut, sofern diese nicht in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung abgelichtet werden]
Vom Wortlaut des Gesetzes her umfasst die Formulierung »unnatürlich« zunächst einmal alle Darstellungen von Minderjährigen in Körperhaltungen, die nicht alltags- und alterstypisch sind. Demnach ist zu prüfen:

  • Ist die Körperhaltung im Alltagsverhalten von Minderjährigen typisch oder lassen sich aus der Art der Präsentation oder dem Kontext, in den die Aufnahmen eingebettet sind, Anhaltspunkte für ein von Erwachsenen gesteuertes Posieren erkennen?
  • Ist die Körperhaltung für Kinder und Jugendliche einer bestimmten Altersstufe typisch oder handelt es sich um in für die Altersentwicklung unangemessenes Posieren, das ihre Verfügbarkeit für Erwachsene ausdrückt oder Fantasien von Erwachsenen bedient?

Entscheidend ist, dass sich schon allein aus der Körperhaltung oder der eingenommenen Pose der gezeigten minderjährigen Person eine Unnatürlichkeit für den Betrachter ergibt. Ein Posieren vor der Kamera erfüllt den Tatbestand nicht per se, da sich Kinder und Jugendliche vor Kameras gerne auch in Posen präsentieren oder mit dem Fotografen kokettieren. Erst erkennbare oder ableitbare Aufforderungen von außen und ein lasziver Ausstrahlungscharakter außerhalb der altersbedingten Norm lassen ein Posieren von Minderjährigen zu einer unnatürlichen Körperhaltung werden.

Die unnatürliche Körperhaltung muss »geschlechtsbetont« sein

Angebote, die nur Darstellungen von minderjährigen Jungen und Mädchen in unnatürlichen Posen beinhalten, unterliegen per se noch nicht dem Tatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV. Erforderlich ist daneben vielmehr, dass sich in der unnatürlichen Pose auch eine Geschlechtsbetontheit manifestiert. In der Regel wird die Geschlechtsbetonung der Körperhaltung auch deren Unnatürlichkeit ausmachen.
Eine Geschlechtsbetonung liegt bereits dann vor, wenn das Sexuelle der gezeigten minderjährigen Personen in den Vordergrund gestellt wird, ohne dass die Darstellung bereits als pornographisch zu bewerten wäre. Unzweifelhaft fallen hierunter Darstellungen von teilweise oder gänzlich nackten Minderjährigen in lasziven Posen mit Kamerafokus im Genitalbereich.
Darstellungen dieser Art finden sich im Internet zum Beispiel auf sog. »Boylover«- und »Lolita«-Sites, aber auch in FKK-Angeboten, die eine auffällige Häufung von Bilddarstellungen nackter Kinder mit gespreizten Beinen oder fokussiertem Schambereich aufweisen. [Insoweit sind FKK-Angebote immer mit besonderer Sorgfalt zu bewerten (vgl. hierzu auch die ergangenen Entscheidungen der BPjM zu »jung und frei« oder »naturisten.de«)]
Die Kriterien erfüllen aber auch Darstellungen,

  • auf denen Minderjährige in stimulierender Art und Weise vor der Kamera agieren, die in einen anreißerischen Textkontext eingebunden sind,
  • auf denen Minderjährige dem Betrachter das entblößte oder nur knapp verhüllte Gesäß entgegenstrecken,
  • auf denen Minderjährige in sexy Unterwäsche (z.B. String-Tangas) und bauchfreiem, weit ausgeschnittenem Top mit geöffneten Beinen vor der Kamera sitzen oder Brust und Po in den Kamerafokus gerückt sind,
  • auf denen Minderjährige den verhüllten Schambereich streicheln oder mit sexuellen »Hilfsmitteln« wie Vibratoren agieren.

Daneben können aber auch Darstellungen von spärlich bekleideten minderjährigen Mädchen in Unterwäsche oder Bikini geschlechtlich betont sein, ohne dass es eines Fokussierens auf den (bekleideten) Genitalbereich bedarf. Dies ist zum Beispiel gegeben, wenn der knapp sitzende Slip seitlich heruntergezogen ist, der (verhüllte) Po in die Kamera gerückt wird oder der leicht »verrutschte« BH die Brust in Ansätzen enthüllt.
Gleiches gilt für Darstellungen von Minderjährigen, die sexuelle Fantasien Erwachsener bedienen, in dem sie Mädchen z.B. in eng anliegenden »Lack und Leder«-Kostümen oder in Schwesterntracht mit knappen Röckchen zeigen, die die Pobacken nur notdürftig bedecken.
Eine unnatürliche Körperhaltung bei Minderjährigen liegt demzufolge dann vor, wenn sie – insbesondere bei Kindern und jüngeren Jugendlichen – durch ein Zur-Schau-Stellen der eigenen Sexualität im Sinne eines sich dem Betrachter anbietenden Verhaltens nicht dem üblichen Entwicklungsstand auf dem Gebiet der Sexualität entspricht.

Ergänzende (einschränkende) Auslegung des Wortlautes nach Sinn und Zweck

Der Anwendungsbereich von § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV ist vom Wortlaut her sehr weit gefasst. Bei klaren Verstößen können bereits einzelne Darstellungen von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung die Unzulässigkeit des Gesamtangebotes begründen, selbst wenn die weiteren Inhalte als unproblematisch zu qualifizieren sind. Bei weniger offensichtlichen Sachverhalten bedarf es in der Bewertungspraxis aber stets einer einschränkenden Auslegung der Verbotsvorschrift nach Sinn und Zweck. Anderenfalls würden in den Anwendungsbereich der Regelung unter Umständen auch unproblematische Inhalte fallen, die unproblematisch nicht auf die Stimulierung pädophiler Neigungen gerichtet sind (z.B. Werbeangebote mit Unterwäsche und Bademoden für Kinder).
Grundsätzlich gilt daher, dass der Gesamteindruck eines Angebotes, in das Darstellungen von Minderjährigen eingebettet sind, in die Bewertung einbezogen werden muss. Hierzu zählen insbesondere die Art der Gestaltung eines Angebotes, die inhaltliche Qualität von verlinkten Drittangeboten und die Anpreisungen von weiteren (kostenpflichtigen) Inhalten [zum Beispiel Aufbau des Angebotes in einen Schnupper- und (kostenpflichtigen) Member-Bereich. Anpreisungen der verfügbaren Inhalte des Memberbereiches und die Einbettung von weiteren Posenangeboten über eingebettete Links]. Je mehr ein Gesamtangebot auf die Förderung einer sexuellen Stimulanz beim Nutzer ausgerichtet oder dazu geeignet ist, Minderjährige in der Abwehr eventueller Missbrauchshandlungen zu beeinträchtigen, desto weniger muss die Intention des Gesamtangebots in die Bewertung einbezogen werden.
Bewertungsprobleme ergeben sich in der Praxis vor allem in zwei typischen Angebotsbereichen des Internets:

Online-Model-Agenturen

Auch deutsche Anbieter präsentiern im Internet eine Vielzahl von sog. Model-Agenturen, die auch Kinder und Jugendliche als Fotomodelle zur Buchung anbieten. [Die nachfolgende Bewertung bezieht sich allein auf die jugendschutzrechtliche Komponente, eventuelle zivilrechtliche Verstöße bleiben hiervon unberührt] Regelmäßig enthalten diese Angebote neben sog. Set-Cards mit persönlichen Angaben (z.B. Alter, Buchungs- und Honorarvorstellungen, Körbchengröße) auch Bilder der zumeist weiblichen Darstellerinnen, um interessierten Kunden Informationen für geplante Foto-Shootings zu geben. Häufig posieren die Mädchen dabei auch in knapper Sommerkleidung, in Unterwäsche oder Bikini und werden ersichtlich durch den Fotografen zum Posieren veranlasst. Aus Jugendschutz-Gesichtspunkten ist diese Art eines Präsentierens von Minderjährigen und ihre Reduzierung auf Äußerlichkeiten und körperliche Vorzüge per se problematisch. [Dies gilt auch, wenn dies nach Angaben des Anbieters freiwillig und mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten erfolgt sein soll] Medienrechtlich sind sie vor dem Hintergrund des Vorgesagten allerdings erst dann zu sanktionieren, wenn eine stimulierende Wirkung auf Erwachsene feststellbar ist oder Minderjährige durch die gezeigten Darstellungen möglicherweise auf Missbrauchshandlungen eingestimmt werden können. Liegt die Intention des Betreibers erkennbar in der Erfüllung eines seriösen Agenturauftrages, [Seriöse Agenturen weisen z.B. auch darauf hin, dass die Erziehungsberechtigten bei Foto-Shootings mit Minderjährigen dabei sein müssen] mithin in einer sexuell neutralen Vermarktung junger Models, so wird von einem medienrechtlichen Verstoß auch dann nicht auszugehen sein, wenn einzelne Bilddarstellungen innerhalb des Angebotes als unnatürlich geschlechtsbetonte Körperhaltung zu bewerten sind.

Erweist sich dagegen der Modelcharakter einer Site erkennbar als vorgeschoben und geht es vielmehr darum, unter einem Vorwand die körperlichen Reize junger Models in einer sexuell stimulierenden Art und Weise zu präsentieren und weitere Bildinhalte des kostenpflichtigen Bereiches zu bewerben, liegen Buchungsgrundlage und die Auswahl der gezeigten Bildinhalte in einem auffälligen Missverhältnis und werden Drittangebote mit deutlich sexuellem Bezug [z.B. über Links oder sog. Toplisten] in das Angebot eingebunden, so ist selbst dann von einem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV auszugehen, wenn nur vereinzelte Darstellungen von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung vorliegen oder die Darstellungen eine vergleichsweise geringe Relevanz aufweisen.

Online Foto- und Art-Agenturen

Professionelle Fotografen oder Fotostudios vermarkten über das Internet auch erotische Aktdarstellungen, die zur Bestellung auf Bildträger oder als kostenpflichtige Downloads angeboten werden. Hierunter finden sich häufig auch Aufnahmen von posierenden Minderjährigen. Bei der inhaltlichen Bewertung dieser Angebote stößt man schnell auf Grenzbereiche zwischen einem künstlerisch motivierten Präsentieren junger Menschen in ästhetischen Kontexten und der Schaffung von gezielten erotographischen Anreizen für pädophil veranlagte Personen.
Auch dieser Widerspruch lässt sich in der Praxis nur über eine Bewertung des Gesamtangebotes im Lichte der gesetzgeberischen Intention lösen. Ein Angebot kann in der Auslegung zumindest dann nicht mehr einem möglichen Kunstvorbehalt unterliegen, wenn die gewählte Art der Präsentation junger, spärlich bekleideter und in aufreizenden Posen abgebildeter Mädchen ersichtlich nur dazu dient, Nutzer mit entsprechenden Neigungen anzusprechen oder zur Nutzung weiterer kostenpflichtiger Bereiche anzuregen. In diesem Falle steht die Erzeugung oder Förderung von sexueller Stimulanz beim Nutzer im Vordergrund und ist gezieltes Mittel der Vermarktung. Dies entspricht typischerweise der Art von Angeboten, die durch den Gesetzgeber mit der Neuregelung im JMStV pönalisiert [unter Strafe gestellt] werden sollten.

Zusammenfassung
  • Mit dem Verbot von Angeboten mit Darstellungen von Kindern und Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung in § 4 Abs. 1 Nr. 9 JMStV verfolgte der Gesetzgeber die präventive Intention, mögliche Stimulierungen pädophil geneigter Nutzer sowie Verunsicherungen von Minderjährigen zu verhindern, sich gegen sexuelle Übergriffe von Erwachsenen zu wehren.
  • Die Verbotsregelung schafft für das Internet effektive medienrechtliche Handlungsmöglichkeiten im Vorfeld strafbarer Kinderpornographie.
  • Um den Anwendungsbereich in der Praxis effektiv nutzen zu können, bedarf es über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch einer einschränkenden Auslegung nach Sinn und Zweck der gesetzgeberischen Intention.

JMS-Report – Dezember 6/2004
Alle Rechte bei: jugendschutz.net und dem Autor Martin Döring
Der Autor ist Jurist und Vertreter des Leiters von jugendschutz.net.
Daneben ist Martin Döring Vertreter des Ständigen Vertreters der Obersten Landesjugendbehörden bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK).


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