Pornografie

Neufassung: Juni 2023

Vorbemerkungen

Als ich 2007 diese Seite ins Web stellte, tat ich das, weil ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis feststellte, wie unbedarft und blauäugig man(n) mit dem Thema »Pornografie« umgeht.

Da bringt mir einer seinen Viren-verseuchten Rechner, damit ich ihn wieder zum Laufen bringe. Schnell stelle ich fest, dass die 2.400 Viren, die den Rechner lähmen, allesamt von Porno-Seiten stammen (andere Webseiten kennt und besucht er nicht).
Kann sich dieser Mensch damit herausreden, er hätte nicht gewusst, dass dieses und jenes verboten ist? »Woher soll ich das denn wissen? Die Seiten sind doch frei zugänglich!«
Das mag zutreffen, ist aber keine Entschuldigung oder Ausrede, die ihn vor Strafverfolgung schützt.
Die meisten Porno-Seiten werden auf ausländischen Servern betrieben, für die deutsches (Straf-)Recht nicht gilt. Für die deutschen Besucher dieser Seiten aber schon!
Nazi-Propaganda zum Beispiel ist in Deutschland (aufgrund der düsteren NS-Zeit) verboten, in anderen Ländern aber nicht. Der ausländische Seitenbetreiber darf also die in Deutschland verbotenen Inhalte zeigen, ich als Deutscher darf sie mir aber nicht anschauen!

Ähnlich ist es mit der Pornografie:
In Japan z.B. dürfen Kinder-Sex-Puppen verkauft, beworben, gekauft, besessen, benutzt und weitergegeben werden. In Deutschland ist schon das Betrachten solcher FOTOS verboten, wenn die Darstellung »kinderpornografisch« ist; dabei spielt die Art der Darstellung keine Rolle, es kann also auch eine Zeichnung, Computeranimation oder das Foto einer Puppe sein.

Erst seit dem 1. Juli 2021 gibt es im deutschen Strafrecht den § 184l, der das Inverkehrbringen, den Erwerb und Besitz von »Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild« unter Strafe stellt (es drohen bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe).

Für die meisten Menschen sind Sex-Puppen oder gar Kinder-Sex-Puppen kein Thema, für das sie sich interessieren. Darum müssen sie auch nicht die diesbezügliche aktuelle Gesetzeslage oder Rechtsprechung kennen.
Ich selbst stieß auch erst beim Überarbeiten/Aktualisieren meiner Recht-Seiten zufällig auf diesen neuen Paragrafen.

Der Gesetzgeber geht aber davon aus und verlangt das auch, dass ich mich spätestens dann darüber schlau machen muss, wenn das für mich ein Thema wird!

Ich muss auch erst dann zur Fahrschule und meine Sachkunde im Straßenverkehrs-Recht nachweisen, wenn ich vorhabe, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenraum zu fahren. Als Fußgänger muss ich dieses umfangreiche Wissen nicht haben oder nachweisen. Da genügt es zu wissen, dass ich nicht bei Rot über die Straße rennen oder besoffen den Straßenverkehr behindern oder gefährden darf.

Auf die Pornografie übertragen bedeutet das: Spätestens, wenn gewisse sexuelle Gelüste/Neigungen für mich ein Thema sind und/oder zum Problem werden könnten, muss ich mich darüber schlaumachen. Und zwar verdammt gründlich. Da reicht unter Umständen nicht mal das Googeln oder der Rat eines Anwalts, sondern ich muss mich anhand anderer Quellen vergewissern, dass die Infos, die ich bisher bekam, auch richtig sind!


Der Volksmund sagt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.
Und der Gesetzgeber sagt das ebenfalls!

Natürlich kann und muss niemand sämtliche Strafgesetze kennen. Sogar viele Anwälte, die immerhin mindestens viereinhalb Jahre lang Jura studiert haben, sind nicht immer auf dem Laufenden.

Seit Jahrzehnten stoße ich immer wieder auf Anwälte (und andere »Fachidioten«), die nicht auf dem aktuellsten Wissensstand sind. Das bedeutet nicht, dass ich schlauer bin als sie, sondern nur, dass ich mich zu Themen, die mich selbst betreffen, eben auf den neuesten Wissensstand bringe. Ein Arzt oder Anwalt kann oder tut das vielleicht aus den verschiedensten Gründen aber eben nicht.

Genau DAS verlangt aber der Gesetzgeber: Nämlich, dass sich ein »Fachidiot« ständig weiterbildet. Und dass auch ICH als Otto Normalverbraucher alle erreichbaren Quellen nutze und alle zumutbaren Anstrengungen unternehme, um mich zu Themen schlau zu machen, die mich selbst betreffen!

Bevor ich mir einen Tier-Porno herunterlade, muss ich mich also vorher darüber informieren, ob ich das straffrei tun darf. Auch ein Bauherr wird sich erst mit dem Thema Baurecht befassen und fachliche Hilfe in Anspruch nehmen (müssen), wenn er vorhat, mit einem Häuschen die Landschaft zu verschandeln. 😉

Der Gesetzgeber macht es einem aber auch nicht gerade leicht, zu verstehen, was er von seinen Bürgern verlangt oder was er ihnen verbietet:

Jahrzehntelang (es waren genau 45 Jahre) geisterte der Begriff pornografische Schriften durch das Sexualstrafrecht.

Ein unbedarfter Mensch konnte unter »Schriften« unbebilderte TEXTE verstehen, aber keine Fotos, Videos, Hörspiele oder Computer-Dateien.

Erstmals 1975 hat der Gesetzgeber in § 11 StGB unter dem neu eingefügten Absatz 3 definiert, was unter »Schriften« zu verstehen ist:
Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Abbildungen und andere Darstellungen gleich.

Von der Existenz dieses neu geschaffenen Abs. 3 wussten wahrscheinlich nur Fachanwälte für Sexualstrafrecht. Und es gab weder Google noch Wikipedia oder unzählige Jura-Seiten, wo man sich informieren konnte. Es wäre auch verdammt lebensfremd gewesen, von den Menschen zu verlangen, dass sie sich vor jeder sexuellen Betätigung erst bei einem Fachanwalt für Strafrecht informieren, ob sie sich damit eventuell strafbar machen. Der Mensch erfuhr womöglich erst auf der Anklagebank von der Existenz dieses Paragrafen.

Erst 22 Jahre später (1997) wird dieser Abs. 3 durch den Zusatz Datenspeicher ergänzt.

Auch hiervon erfährt die Bevölkerung nichts.
Wenn man bedenkt, dass ich schon 15 Jahre zuvor (1982) meinen ersten PC (»Datenspeicher«) besaß und gleichzeitig eine Videothek (inkl. Porno-Videos), dann sieht man daran, wie sehr der Gesetzgeber der Realität hinterherhinkt.

Weitere 24 Jahre später (2021) wurde aus dem missverständlichen Begriff SCHRIFTEN endlich INHALTE gemacht.
Vom ursprünglichen Text blieben nur die Worte: »die auf diesen Absatz verweisen«. Der restliche Text ist neu und liest sich im Ganzen wie folgt:

Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.

Aus diesem Juristen-Chinesisch wird zwar auch kaum jemand schlau. Aber zumindest ist nun das Missverständliche beseitigt. Und jeder, den es betrifft oder angeht, kann und sollte sich diesbezüglich informieren.

Heutzutage stehen jedem unzählige Informations-Quellen zur Verfügung. Und niemand kann sich mehr damit herausreden, »Oh, das habe ich nicht gewusst!«


Was ist eigentlich »Pornografie«?

Der Gesetzgeber hatte es leider versäumt, diesen Begriff zu definieren, als er die Verbreitung pornografischer Schriften (bzw. Inhalte) unter Strafe stellte. Das hat der BGH nachgeholt:

Als pornografisch ist eine Darstellung anzusehen, wenn sie unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ihre Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse des Betrachters an sexuellen Dingen abzielt.

Das war ein Beispiel für Juristen-Chinesisch. Übersetzt heißt das:
ALLES, was den Betrachter/Konsumenten sexuell erregen soll, ist Pornografie!

Was sind pornografische Inhalte?

»Inhalte« im Sinne des Strafgesetzbuches sind neben reinen Texten auch Fotos, Videos, Zeichnungen, Tonaufzeichnungen, Computerdateien.
Man könnte es einfacher sagen: Alles, außer den Gedanken!

Was ist Kinder-/Jugendpornografie?

Kinder- und Jugendpornografie sind Darstellungen, die den sexuellen Missbrauch bzw. sexuelle Handlungen von Kindern oder Jugendlichen zum Gegenstand haben.

Der Missbrauch bzw. die sexuelle Handlung muss nicht mal tatsächlich stattfinden. Es genügt, wenn es »so scheint als ob«!

Auch Darstellungen, in denen Minderjährige derart gezeigt werden, dass dies beim Betrachter für sexuelle Erregung sorgen soll (sogenannte »Posing-Bilder«), sind verboten.

Betrifft es ein KIND, ist das nach § 184b StGB ein VERBRECHEN, das mit Freiheitsstrafe nicht unter 1 Jahr geahndet wird; handelt es sich um einen JUGENDLICHEN, wird das gem. § 184c StGB mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren bestraft.
Dabei spielt es keine Rolle, ob der Minderjährige die »Pose« freiwillig einnimmt oder auf Geheiß eines Erwachsenen (womit bereits der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs gem. § 176a StGB erfüllt wäre!). Auch schlafende oder spielende Kinder, die ungewollt solche Posen einnehmen, darf man nicht ablichten oder gar zeigen.

Ebenso ist es verboten, bei Ablichtungen den Fokus auf die Geschlechtsteile oder das Gesäß eines Minderjährigen zu richten.

Die dargestellten Personen müssen nicht mal ECHTE Kinder oder Jugendliche sein. Auch KI-generierte (Avatare) oder gezeichnete Minderjährige fallen unter das Verbot!

Was ist Missbrauch?

Sexuelle Handlungen an einem Minderjährigen vornehmen oder von einem Dritten vornehmen lassen. Sexuelle Handlungen von einem Minderjährigen an sich oder einem Dritten vornehmen lassen.

In diesen Fällen ist bereits der Versuch strafbar – der Missbrauch hat also auch stattgefunden, wenn der Täter bei seinem Vorhaben gestört wurde oder es aus anderen Gründen nicht vollendet hat!

Einen Minderjährigen sexuelle Handlungen an sich selbst vornehmen lassen.

Auf ein Kind durch pornografische Darstellungen, Tonträger oder entsprechendes Reden einwirken.

Beispiel: Wer ein Kind auffordert, sich breitbeinig fotografieren oder betrachten zu lassen, oder wer ihm pornografische Darstellungen zeigt, um ihm einzureden, dass das »normal« sei, der missbraucht dieses Kind!

Wer ein Kind für eine solche Tat anbietet oder nachzuweisen verspricht.

Selbst wenn das angebotene Kind gar nicht tatsächlich existiert, ist der Verbrechens-Tatbestand erfüllt!

Wer ist ein Kind?

Kind im Sinne des Gesetzes ist eine Person unter 14 Jahren.

Wer ist Jugendlicher?

Jugendlicher im Sinne des Gesetzes ist eine Person zwischen 14 und 18 Jahren.

Was ist Tier- und Gewaltpornografie?

Tierpornografisch sind Darstellungen, die sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben.

Gewaltpornografisch sind Darstellungen, bei denen zu den sexuellen Darstellungen noch Gewalt hinzukommt.

Wann »besitzt« man pornografische Schriften?

Gehst du ins Restaurant und nimmst dort Platz, dann beSITZT du den Stuhl – auch wenn er dir nicht gehört. Leihst du dir einen Film aus der Videothek oder von einem Nachbarn, dann besitzt du ihn. Und findest du etwas auf der Straße, dann gelangst du in dessen Besitz, sobald du es aufhebst – egal, ob du es in die Mülltonne werfen oder zum Fundbüro bringen wolltest! Praktisch besitzt du im Sinne des Gesetzes alles, was man bei dir findet. (Der, dem eine Sache gehört, ist der EIGENTÜMER.)

Auf das Internet bezogen bedeutet das:
Rufst du Seiten mit verbotenen pornografischen Inhalten auf (und ist der Cache deines Rechners nicht ausgeschaltet!), gelangst du bereits beim bloßen Aufrufen solcher Seite in den Besitz dieser Inhalte, weil alle Inhalte einer Webseite im temporären Speicher deines PCs gespeichert werden.

Bist du wirklich nur zufällig auf einer solchen Seite gelandet (also ohne sie aufgerufen zu haben), musst du sofort den temporären Speicher deines PCs löschen!
Beim InternetExplorer: Extras Browserverlauf löschen
Beim Firefox: gleichzeitig StRG+🡅+Entf, dann Gesamte Chronik löschen
Oder einen speziellen Cleaner verwenden, der das tut.

Rufst du allerdings eine solche Webseite gezielt auf, dann hast du selbst bei ausgeschaltetem Cache dasselbe Problem, als hättest du die Dateien auf deinem Rechner gehabt. Denn die Gerichte gehen davon aus, dass es einer erheblichen kriminellen Energie bedarf, gezielt solche Seiten zu suchen/aufzurufen!
Mit seinem Urteil vom 15.02.2010 hat das OLG Hamburg (AZ: 2-27/09 REV) dies klargestellt.

Nach herrschender Rechtsprechung gilt: Wer bewusst und gewollt Seiten mit kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet AUFRUFT und auf dem Bildschirm seines Computers BETRACHTET, verschafft sich den BESITZ von kinderpornografischen Inhalten. Es ist also nicht nur das Abspeichern solcher Dateien strafbar.
Es wird nicht mehr auf den BESITZ abgestellt, sondern darauf, dass der Nutzer auf einen kinderpornografischen Inhalt mittels Telemedien zugreifen und sich dadurch von diesem Kenntnis verschaffen KANN.

Erhältst du eine eMail mit kinderpornografischem Inhalt, kannst du sie an das zuständige LKA senden, musst sie dann aber sofort löschen, denn du darfst auf keinen Fall eine Kopie »zu Beweiszwecken« speichern!

Wann macht man sich strafbar?

Erlaubt

  • Besitz und Austausch »allgemeiner« Pornografie unter Erwachsenen.
  • Tier- und Gewaltpornografie darf man nur zum »Eigengebrauch« herstellen, beziehen, liefern, vorrätig halten, anbieten, ein- oder ausführen, einer anderen Person eine solche Verwendung ermöglichen.

Verboten

  • Pornografie darf niemandem unaufgefordert zugesandt bzw. zugänglich gemacht werden!
  • Webseiten mit pornografischen Inhalten, wenn diese Seiten jedermann frei zugänglich sind!
  • Besitz und Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie.
  • Tier- oder Gewaltpornografie darf nicht verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Sie darf auch nicht zu diesem Zweck hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten, angeboten, ein- oder ausgeführt, einer anderen Person zugänglich gemacht werden.
  • Es ist auch verboten, sich als »Internetpolizei« aufzuspielen und gezielt nach Webseiten mit verbotenen Inhalten zu suchen, »um sie der Polizei zu melden«. Denn sonst könnte sich JEDER damit herausreden.
§ Rechtlicher Hinweis
ℹ️ Ich befasse mich hier nur mit Themen, von denen ich sehr viel mehr verstehe als ein Durch­schnitts­bürger. Das bedeutet aber nicht, dass ich immer auf jedem Rechtsgebiet auf dem neuesten Wissensstand bin. Ich empfehle deshalb, alle verfügbaren Info-Quellen zu nutzen und ggf. anwaltschaftlichen Rat einzuholen!
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