ℹ️ Am 23.11.2009 wurde ich im Krankenhaus Neukölln wegen des
Verdachtes einer akuten Herzerkrankung in der Kardiologie aufgenommen. Am nächsten Tag wurde ich
wieder entlassen, ohne dass eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens vorgenommen wurde, die mit
Sicherheit meine Herzerkrankung offenbart hätte.
Diesen Tag schildere ich in der nachfolgenden Geschichte …
Erst 4 Jahre später wurde in der Herzpraxis Berlin die
schwere
Herzerkrankung festgestellt!
Obwohl ich die gesundheitlichen Beschwerden bezüglich dieser Herzerkrankung seit mindestens
4 Jahren meinem Hausarzt Rüdiger Weber, Sonnenallee 298,
12057 Berlin schildere (und die Symptome eindeutig sind), ist er nicht darauf gekommen,
dass ich herzkrank sein könnte!
Er beharrte auf dem Standpunkt, das sei »alles psychisch«, obwohl heutzutage jeder
Grundschüler weiß, dass Stechen in der Brust und Kurzatmigkeit auf eine
lebensbedrohliche Erkrankung hinweisen!
Am 23. Juni 2013 rief ich sogar nachts um 1 Uhr wegen akuter Beschwerden eine Bekannte an, die
eine medizinische Ausbildung als Altenpflegerin hat, und schilderte ihr die Symptome. Sie rief
daraufhin die Feuerwehr und forderte auch einen Notarzt an. Als weder Feuerwehr noch Notarzt kamen,
rief ich selbst die Feuerwehr.
Obwohl sich der Lebensgefährte meiner Bekannten in dieser Nacht erst ein Auto borgen und dann die
30-minütige Strecke zu mir fahren musste, war er vor dem Eintreffen der Feuerwehr bei mir!
Ein Notarzt kam überhaupt nicht, obwohl meine Bekannte und ich ausdrücklich darum gebeten hatten.
Die Rettungssanitäter kontrollierten lediglich meinen Blutdruck und Puls, dann meinten sie, ich
soll mich beruhigen, alles sei in Ordnung – obwohl ich in dieser Nacht mit ziemlicher Sicherheit
einen Herzinfarkt erlitten hatte, wie mir der untersuchende Herzspezialist später sagte!
Bei einer Herzkatheter-Untersuchung am 30.09.2013 wurde dann festgestellt, dass ich nicht nur schwer
herzkrank bin, sondern sogar akute Lebensgefahr bestand. Deshalb wurde ich als »Notfall« im
Deutschen Herzzentrum Berlin zur OP angemeldet,
die dann 4 Tage später erfolgte, wobei mir drei Bypässe gelegt wurden.
Vor diesem Hintergrund musst du die folgende Schilderung meines Aufenthaltes im Krankenhaus
Neukölln sehen.
Gelegentlich denke ich, mein Leben ist momentan total langweilig:
Zwischen Mitternacht und zwei Uhr aufstehen, bis 7 Uhr am PC sitzen, dann duschen,
frühstücken, zur Arbeit fahren (3 Min. mit dem Rad, 6 Min. zu Fuß), um 15 Uhr nach
Hause kommen und am PC sitzen, zwischen 19 Uhr und 21 Uhr schlafen gehen, zwischen
Mitternacht und zwei Uhr aufstehen …
Ja, dieses Leben ist nicht unbedingt aufregend. Aber ich liebe diese
Regelmäßigkeiten!
Ich gehe fest davon aus, dass es diese Regelmäßigkeiten sind, dass mich jeder
für 15–20 Jahre jünger hält als ich tatsächlich bin.
Noch nie ist jemand meinem tatsächlichen Alter näher als 15 Jahre gekommen. Aber das nur
nebenbei.
Und wenn diese Regelmäßigkeit meines Lebens mal unterbrochen wird, dann durch nichts, was »normal«
ist! Ich schildere mal nachfolgend einen solchen »nicht normalen Tag«:
Am 23. November stehe ich um 2 Uhr 8 auf. Hier ein Foto
meines Radioweckers: 
Um diese Zeit bin ich ausgeschlafen und fit wie ein in China produzierter Turnschuh.
Ich sitze dann am Computer, arbeite an dieser unnützen Homepage, und schlage damit die Zeit bis
7 Uhr tot.
Dann gehe ich duschen und frühstücke eine Scheibe Körnerbrot mit 3 Wurstsorten drauf.
Als ich mit meinem Fahrrad die Wohnung verlasse und nach 5 Treppenstufen die Haustür erreiche,
sticht es mir in Brust und Lunge, als hätte ich einen 100-Meter-Lauf hinter mir!
Mit Mühe erreiche ich eine Minute später meine Lieblingsbäckerin und hole mir dort ein
Körnerbrötchen. Dann radle ich weitere 2 Minuten zur Arbeit.
Dort komme ich völlig erschöpft an …
Mein Fahrer bringt mich mit dem
VW-Transporter der Firma wenig später zum Hausarzt.
Ich bitte ihn um eine Not-Überweisung zum Internisten, mit dem ich schon telefoniert und einen
Termin vereinbart hatte (da ich allerdings gefrühstückt hatte, könne ich dort nicht vor 13 Uhr
untersucht werden).
Pünktlich setzt mich unser VW-Transporter beim Internisten ab. Ich muss auch
nicht lange warten. Weil ich eine Not-Überweisung habe, liege ich kurze Zeit später im
Ultraschall-Untersuchungszimmer.
Der Internist macht sich Sorgen über meine Kurzatmigkeit und das Stechen in Brust und Lunge.
Deshalb ruft er einen Krankenwagen, der mich ins Neuköllner Krankenhaus zu weiteren Untersuchungen
fahren soll.
Er hält es für möglich, dass was mit meinem Herzen sein könnte. Aber das könne er hier in seiner
Praxis nicht feststellen.
Ich erinnere mich mit Schrecken daran: Als ich das letzte Mal ins Neuköllner
Krankenhaus »zur Untersuchung« fuhr, endete das in einer
Not-Operation meiner platzenden Bauchschlagader!
Damals war ich auf einen Krankenhausaufenthalt gar nicht vorbereitet, hatte weder Wäsche, noch Handy
oder den unverzichtbaren Fotoapparat dabei. Von den obligatorischen Ladegeräten ganz zu schweigen!
Diesmal hatte ich vorgesorgt: Im Wohnungsflur stand alles Notwendige bereit
(DORT stand es jetzt gut!).
Aber, ich hatte Handy, Fotoapparat sowie die erforderlichen Ladegeräte bei mir.
Und sogar ein Buch hatte ich dabei.
Mein Chef hatte es mir kürzlich geliehen, weil es angeblich so gut zu mir passt: »Neulich in
Neukölln – Notizen von der Talsohle des Lebens. ›Wahnwitzige Grüße aus der Hölle, die Leben
heißt.‹«
Das hatte ich zwar schon gelesen. Aber in den folgenden Stunden hatte ich Gelegenheit, es noch
dreimal zu lesen!
Ich frage den Arzt, ob es vielleicht möglich sei, dass ich kurz nach Hause
fahre, alles Notwendige hole und mich dann ins Krankenhaus begebe.
Er schaut mich an, als hätte ich ihn zum Duell herausgefordert, dann macht er mir im Chefarzt-Ton
klar, dass meine Situation ernst ist und er mich nicht einfach so aus seiner Praxis gehen lassen
kann. Wenn ich jetzt nach Hause gehe und mir unterwegs was zustößt, dann bin ich allein dafür
verantwortlich!
Normalerweise neige ich IMMER zum Widerspruch (oder zumindest zum Diskutieren,
oder wenigstens dazu, einen Kompromiss zu finden).
Aber meinen Kopf durchfliegen Erinnerungen an den 27. Januar. Da war ich auch nur zur
»Untersuchung« gegangen … und hatte als medizinischer Notfall geendet. Das musste ich ja nicht
nochmal haben.
Also erkläre ich mich damit einverstanden und bitte, bis zum Eintreffen des
Krankenwagens kurz nochmal frische Luft schnappen und telefonieren zu dürfen (in Wahrheit wollte
ich gewissermaßen »eine letzte Zigarette« rauchen, bevor es ernst wird).
Der Doktor meinte, ich soll in seiner Praxis bleiben. Und telefonieren könne ich auch von hier aus.
Stand es so schlecht um mich, dass das notwendig war? Wusste er etwas, was ich nicht wusste?
Wie dem auch sei, »eine letzte Zigarette« kann mir auf dem Sterbebett nicht mehr schaden. Und stand
es gar nicht so schlecht um mich, würde sie mich auch nicht umbringen. Also verlasse ich die
Arztpraxis »auf eigenes Risiko«, schleppe mich zum Aufzug und fahre nach unten.
Auf dem Weg ins Krankenhaus kann ich dann (Dank der mitgeführten Kamera) ein paar
erste Fotos dieses denkwürdigen Tages machen.
Im Krankenwagen:

Diesmal musste ich nicht so lange auf der Trage im Flur der Notaufnahme liegen.
Bereits nach 1 Stunde hatte man mir
einen 1. »Zugang« verpasst.
Dieses Foto machte ich sofort live.
Man hat mich ausgiebig untersucht, mir Blut abgenommen, ein EKG gemacht.
Nur eine ULTRASCHALL-UNTERSUCHUNG wurde nicht durchgeführt. Aber nur DIE
hätte meine schwere Herzerkrankung mit Sicherheit offenbart.
So ganz nebenbei erfahre ich dann, dass ich stationär aufgenommen werde, weil weitere
Untersuchungen notwendig sind, und ich wohl keine Lust hätte, mindestens 6 weitere Stunden
auf meiner
Trage im Flur herumzuliegen.
Ich weise dezent drauf hin, dass in meinem Wohnungsflur alles griffbereit steht, was für einen
längeren Krankenhausaufenthalt erforderlich ist. Und dass ich auch gern bereit sei, morgen zu
weiteren Untersuchungen zurückzukehren.
Mir wird klargemacht, dass das aufgrund meiner Krankheitssymptome unverantwortlich sei.
Kurze Zeit später finde ich mich als »Herzpatient« auf Station 41 wieder!
Aber zwischendurch werde ich noch zum Röntgen meiner Lunge gebracht.
Das mitgeführte Buch habe ich nun bereits zum zweiten Mal an diesem Tag durchgelesen.
Mein Bett befindet sich in einem Vierbett-Zimmer. Zwei Betten links, zwei Betten
rechts.
Dazwischen hängen zwei riesige Fernseher von der Decke herab. Einer für die beiden linken Patienten,
der andere für die beiden rechten (unabhängig von der politischen Orientierung –
trotzdem hätte ich lieber mein Bett auf der RECHTEN Seite gehabt!).
Meine drei Mitbewohner haben Kopfhörer auf den Ohren und starren die Fernseher an. Die Kopfhörer
sind nötig, um den Ton der Fernsehsendungen hören zu können. Bedient werden die Fernseher über die
Telefone, die an jedem Bett stehen.
Ich frage meine Leidensgenossen, wo ich solche Kopfhörer herbekäme. Die meinen, die gäbe es unten
im Automaten, für 2 Euro.
Also mache ich mich auf den Weg zu diesem Automaten.
Ich habe kaum den Flur der Station betreten, als ich von einer kranken Schwester freundlich, aber
bestimmt aufgefordert werde, sofort in mein Zimmer zu gehen und mich ins Bett zu legen. Mir sei
Bettruhe verordnet worden! (Schön, wenn das alle außer dem Patienten wissen!) Ich sage ihr,
dass ich mich schon wieder recht gut fühle. Außerdem sei ich hier nicht INHAFTIERT und deshalb
selbst meines Glückes oder Unglückes Schmied!
So suche ich dann den betreffenden Automaten im Erdgeschoss auf.
Der Weg dorthin ist nicht sonderlich beschwerlich, weil man einen der vier Aufzüge benutzen kann,
sogar MUSS, denn Treppen gibt es nur innerhalb der Stationen, die man aber nicht betreten darf.
Am Automaten stelle ich dann fest, dass ich außer einem 20-Euro-Schein leider nur 70 Cent an
Hartgeld dabei habe. Aber die Kopfhörer kosten 2 €!
Der Tchibo-Kiosk nebenan ist schon geschlossen, und weit und breit keine Seele, die mir 20 Euro
kleinmachen kann!
Neben dem Automaten steht zwar auch ein Geldautomat. Aber was soll ich mit noch mehr Scheinen, wenn
der eine Zwanziger schon zuviel ist?!
Ich gehe hinaus, spreche einen (türkischen) Taxifahrer an, ob er mir die 20 Euro kleinmachen
kann. Der sieht mich misstrauisch an und meint, dass er kein Kleingeld hätte. Ein Taxifahrer kann
keinen 20-Euro-Schein kleinmachen? Ich denke, der schließt von sich auf andere und hält mich für
einen Betrüger, der sein Falschgeld loswerden will!
So fahre ich mit dem Aufzug zurück auf meine Station.
Das Laufen fällt mir auffallend leicht, kein Stechen mehr in Brust und Lunge. Ich bin kerngesund!
Ich lese das mitgeführte Buch zum dritten Mal an diesem Tag!
Irgendwie muss ich ja die lange Nacht ohne Kopfhörer mit einem flimmernden Fernseher rumbringen …
Zwischendurch tauschen meine Mitbewohner und ich unsere Krankengeschichten aus.
Wenn man als »Herzpatient« im Krankenhaus liegt, ist es nicht sonderlich erbaulich, seine
Krankengeschichten zu erörtern!
Der eine (mein direkter Nachbar, 78 Jahre alt!) hat Prostatakrebs, leidet an Atemnot und sieht
aus wie der bleiche Tod.
Der andere hat heute einen Herzkatheter bekommen, hängt an Schläuchen und ist des SPRECHENS nicht
fähig (das kompensiert er durch umso lauteres STÖHNEN!). Darum erfahre ich sein
Alter nicht.
Der dritte (69 Jahre alt) macht einen ziemlich munteren Eindruck, verbrachte aber (wie der
Prostata-Mensch) einen Großteil seines (Rest-)Lebens in Krankenhäusern.
Na, das konnte ja lustig werden. Ich lausche krampfhaft in mein Innerstes, versuche herauszufinden,
was mir fehlt, bevor mir die Ärzte die Diagnose verkünden. Und werde zusätzlich mit drei Leuten
konfrontiert, denen der Tod schon Einladungen geschickt hat!
Eine Ärztin betritt das Zimmer.
Sehr jung. Sehr hübsch. Und sehr nett. Da fällt einem das Dasein / Dahinscheiden schon
etwas leichter.
Sie untersucht mich und zapft mir abermals Blut ab. Dabei befragt sie mich ausgiebig.
Ich hatte das alles heute schon mehrmals erzählt! SCHRIEB DENN NIEMAND MIT?
Ich bitte sie, den Zugang aus meinem rechten Unterarm zu entfernen. Immerhin hänge ich ja an
keinem Tropf. Dass ein medizinischer Notfall eintreten könne, der diesen Zugang erforderlich macht,
halte ich für sehr unwahrscheinlich. Und wenn man mir nochmal Blut abnehmen wolle, dürfe man mich
durchaus nochmals pieken. Auf jeden Fall sei ich nicht bereit, eine Kanüle im Arm mit mir
herumzuschleppen, die keinen Sinn macht.
Erst als ich sie darauf hinweise, dass ich mir bei meinem hiesigen Krankenhausaufenthalt vor
10 Monaten in der Nacht des 6. Tages sämtliche Zugänge selbst entfernt und sämtliche
Infusions-Pumpen abgestellt hatte, wies sie einen Pfleger an, diesen Zugang zu entfernen.
Na, also, es geht doch. Man muss nur mit den Leuten REDEN! 😉
Nachdem ich ein starkes Schlafmittel bekommen habe (nicht für mich, sondern damit meine
Mitbewohner ein paar Stunden Ruhe vor meinen Erzählungen haben!), begebe ich mich gegen 21 Uhr
(wie auch zu Hause üblich) in den unruhigen Schlaf.
Kurz nach 2 Uhr bin ich ausgeschlafen und mache das obligatorische Foto. Diesmal allerdings nicht
von meinem Radiowecker (der wartet ja ZU HAUSE darauf), sondern von meinem BETT.
Beim Aufwachen stelle ich erfreut fest, dass ich mich immer noch recht gut fühle.
Aber irgendwas stimmt trotzdem nicht. Ich habe am / im Bauch einen Schmerz! Und als
ich die Stelle befühle, überkommt mich fast Panik: Ich ertaste eine riesige Beule. Auf meinem Bauch!
Oder ist sie IN meinem Bauch? Das wäre ja noch schlimmer!
Also war ich doch nicht umsonst hier im Krankenhaus, bloß auf der falschen Station!
Ich gehe aufs Klo (nur dort kann ich Licht machen, ohne meine Mitbewohner zu stören) und finde
einen riesengroßen, schwarzen Bluterguss an der Stelle, wo ich abends die (schmerzlose) Spritze
gegen eine leichte Lungenembolie bekommen hatte. Das hatte mir jedenfalls die sehr junge, sehr
hübsche, sehr nette Ärztin erzählt. Am späteren Tag bewahrheitete sich das dann zwar nicht, aber
nun habe ich wirklich was am Bauch, das mir Sorgen macht:

Einen Bluterguss mit einem Durchmesser von 8 cm!
Zu Hause habe ich ihn exakt vermessen und fotografiert!
Am Seiten-Ende siehst du ihn größer.
Dann begebe ich mich auf einen Spaziergang durchs Krankenhaus.
Obwohl mir das Laufen leicht fällt, komme ich nicht weiter als bis auf den Stationsflur.
Dort fährt mich eine Nachtschwester an: »Sie sind doch Herr Herrmann. Sie haben
Bettruhe. Gehen Sie sofort wieder in ihr Bett.«
Ich sage ihr, dass ich mich kerngesund fühle und selbst wisse, was ich tue.
Darauf sie: »Herr Herrmann, es besteht der Verdacht einer akuten Herzerkrankung,
womöglich eines Herzinfarktes bei Ihnen. Gehen Sie bitte wieder in Ihr Bett!«
Ich antworte ihr, dass ich ausgeschlafen sei und deshalb keine Notwendigkeit sehe, sinnlos im Bett
herumzuliegen. Außerdem könne ich unmöglich fünf Stunden in einem dunklen Zimmer zubringen, in dem
drei schwerkranke alte Männer vor sich hin schnarchen und stöhnen! Ich wolle mir nur kurz die Beine
vertreten.
Auf meinen Bluterguss angesprochen, meint diese Nachtschwester, dass das durchaus normal sei. Ein
winzig kleiner Pieks mit einer winzig kleinen Kanüle macht einen Bluterguss wie ein Schlag mit der
Baseballkeule … Und das soll NORMAL sein?!
Na ja, ich bin kein Arzt. Auch keine Nachtschwester. Aber eine Nacht-🦉.
Darum verlasse ich (»auf eigene Verantwortung!«) die Station und überlasse eine empörte
Nachtschwester ihren sorgenvollen Gedanken.
Da der Tag noch jung ist und die Stunden bis zum »Wecken« endlos werden können, ziele ich einen
Kaffee-Automaten an.
Ein Becher Kaffee kostet 70 Cent. Scheine nimmt der Automat nicht, aber ich habe ja genau diese
70 Cent Kleingeld bei mir.
Leider nimmt dieses dumme Stück Technik keine 2- und 1-Cent-Stücke, sodass mir lumpige 5 Cent
zum morgendlichen Glück fehlen!
Und weit und breit bin ich offenbar der einzige Mensch in diesem riesigen Krankenhaus-Komplex, der
um diese Uhrzeit wach ist …
Leicht gefrustet trete ich den Rückweg auf meine Station an und lege mich brav ins Bett.
Ich dämmere gedankenschwer vor mich hin und bin gerade am Einschlafen, als eine Schwester das Zimmer
betritt und meinen Mitbewohnern Medikamente auf die Nachttische legt, die sie MORGENS nehmen
sollen.
Das ist ja wohl das Allerletzte! Warum um alles in der Welt wird man NACHTS aus dem Bett
getrieben, um Leuten Medikamente zu bringen, die sie frühestens in 5 Stunden zu sich nehmen
werden?!
Nun ist es mit der Nachtruhe für mich endgültig vorbei.
Ich gehe zu der Nachtschwester, mit der ich vorhin die kleine Plauderei hatte, und bitte sie um eine
Tasse Kaffee, mit Hinweis darauf, dass ich mir den gern gekauft, also dafür bezahlt hätte, wenn der
blöde Automat mein Geld genommen hätte.
FREUNDLICH schenkt sie mir eine Tasse Kaffee ein. »Milch und Zucker können Sie sich
selber nehmen. Sie können sich auch jederzeit einen Tee bereiten.« Dabei weist sie auf einen
Servierwagen, auf dem alles Erforderliche bereit liegt.
Ich bedanke mich artig. »Danke, sehr freundlich von Ihnen. Aber Tee verträgt mein
Magen nicht. Ich gehe ein wenig vors Haus, die gute Nachtluft schnuppern.«
Der einzig gangbare Aufzug bringt mich im Expresstempo ins Erdgeschoss. (Zwei
Aufzüge sind wegen Wartungsarbeiten stillgelegt, der dritte wegen einer Störung. Aber, nachts
werden die sowieso von niemandem außer mir genutzt.)
In (oder auf) der Raucherinsel treffe ich erfreut auf zwei weitere Nacht-Eulen. Wenn sie auch
PATIENTEN sind, so sind es doch zumindest auch richtige MENSCHEN, mit denen man ein Schwätzchen
halten kann.
Wir plaudern angeregt über dies und das – auch ausführlich über unsere Krankengeschichten, und
dass an all dem Elend sowieso nur die schlechte Umwelt sowie die Politiker schuld sind.
Und während ich mich bei der vierten Zigarette dahingehend auslasse, dass ich früher Äpfel von den
Bäumen gepflückt und sehr gern gegessen hätte, heutzutage aber gar nicht mehr, weil man deren
kunststoffartige Schalen kaum noch kauen, geschweige denn verdauen kann, ich sowieso jede Art von
Obst und Gemüse meide, weil kein Mensch wissen kann, was da alles drin ist (bei Wurst und Fleisch
verhält es sich ähnlich, aber von irgendwas muss der Mensch ja leben!) … Während ich mich also in
meinen Monolog über die schlechte Welt hineingesteigert habe, steht plötzlich eine empörte
Nachtschwester vor mir!
»Das gibts ja wohl nicht! Herr Herrmann, ich suche Sie seit zwei Stunden! Ich
dachte schon, Sie sind abgehauen.«
Worauf ich ihr entgegne: »Wieso abgehauen? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich kurz
frische Luft schnappen gehe! Und da habe ich mich hier ein wenig verplaudert. Außerdem würde ich
ohne meinen Fotoapparat sowieso nirgendwohin gehen, und der ist oben in meinem Schrank
eingeschlossen. Ich komme gleich.«
Bei einer weiteren Zigarette habe ich dann das Gespräch zu einem für alle befriedigenden Ende
gebracht und mich auf den Weg zum Aufzug gemacht.
Aber nur, um »meiner« Nachtschwester ein Lebenszeichen und ein Zeichen meines guten Willens zu geben.
Dann begebe ich mich wieder zur Raucherinsel, schließlich kann man solch ein tiefschürfendes,
zweistündiges Selbstgespräch nicht einfach so im Raum bzw. Nachthimmel stehen lassen …
Zuvor musste ich aber der Nachtschwester meine Handynummer geben und mein Handy einschalten!
Um 5 Uhr habe ich meinen Tagesbedarf an Nikotin konsumiert, mit wechselnden
Gesprächspartnern die gute Nachtluft genossen – und dann sogar von einem (türkischen!) Taxifahrer
endlich den 20-Euro-Schein in Hartgeld umgetauscht bekommen.
Nun konnte ich den Kaffee-Automaten stürmen! Nun konnte die Nacht so lang sein wie sie wollte!
Bis 7 Uhr habe ich meinem Wochenbedarf an Koffein im Leib, bin hyper-unternehmungslustig,
durchquere endlos die »Wandelhalle« im Erdgeschoss. Zu Fuß! Ich, der sonst keinen unnötigen Schritt
tut! Aber hier hatte ich keinen Laptop, der mir die Zeit vertreibt. Außerdem will ich wissen, wie
belastbar, wie kerngesund ich wieder bin …
Kaffeetrinken, Rauchen, Quatschen, Rumlaufen vertreiben mir die Zeit bis 7 Uhr.
Nun macht endlich der Tchibo-Kiosk auf. Ich bin der erste Kunde, hole mir einen (weiteren) Kaffee,
irgendwie muss ich ja die beiden Vollkornbrötchen-Hälften runterspülen.
Dann begebe ich mich auf meine Station, wo gerade das Frühstück ausgegeben wird.
Meine Nachtschwester ist weg. Eine neue Mannschaft hatte ihren Dienst angetreten.
Guten Morgen. Sie sind Herr Herrmann? Möchten Sie frühstücken?«
Man ist sehr freundlich zu mir. Niemand stellt mir unnütze Fragen (außer dieser einen, ob ich
frühstücken möchte). Niemand macht mir irgendwelche Vorhaltungen wegen meiner nächtlichen Ausflüge.
Offenbar war man nach eingehender Analyse meines Verhaltens zu der Überzeugung gekommen, dass ich
vielleicht tatsächlich nicht so todkrank bin wie es zunächst den Anschein hatte.
Ich erkläre, dass ich bereits gut und ausgiebig gefrühstückt habe und nur hier sei, um mich mal zu
melden.
Kurz begrüße ich meine Mitbewohner, deren heutiger Tag genauso elend beginnt wie der gestrige
geendet hatte. Das muss ich mir ja nicht antun!
Ich fotografiere kurz mein Bett
(zum Beweis, dass ich es habe) …
… sowie aus dem Fenster heraus das kranke Haus
bzw. Krankenhausgelände
(zum Beweis, dass ich hier bin).
Nachdem ich dem Stationspersonal versichert habe, dass ich meine Handynummer
hinterlegt habe und mein Handy eingeschaltet lasse, darf ich wieder gehen.
Vielleicht hätte man mich auch fragen sollen, ob ich das Handy-Klingeln
überhaupt höre. Dann hätte man erfahren, dass das NICHT der Fall ist (ich höre weder Handy- noch
Telefon- oder Tür-Klingeln!)
Ich schleppe den unhandlichen Knochen nur mit mir rum, damit ich die aktuelle Uhrzeit habe. Eine
Armband-Uhr ist mir zu unbequem.
Immerhin stand noch die wichtige Herz-Ultraschall-Untersuchung sowie eine weitere
Blutentnahme an. Da durfte ich keine großen Kreise ziehen und musste ständig erreichbar sein!
Nachtrag: Hätte man die Ultraschalluntersuchung tatsächlich durchgeführt, hätte
mein weiteres Leben wahrscheinlich einen ganz anderen Verlauf genommen.
In der Folgezeit gehe ich auf dem Hof oder in der Wandelhalle spazieren, fahre immer wieder mal
auf meine Station, um ein Lebenszeichen zu geben.
Ich nehme bei Tchibo ein zweites Frühstück zu mir, eine Kräuterbockwurst. Rauche die eine und andere
und nächste Zigarette, und bringe so den Vormittag ganz gut hinter mich.
Bei der Visite um 9 Uhr 40 (sie hatte wohl schon um 9 Uhr begonnen,
aber ich wohne ja am Ende des Ganges und bin deshalb zufällig anwesend, als sie mein Zimmer endlich
erreicht) frage ich den Arzt, der wohl das Sagen hat, wie lange sich mein Aufenthalt hier noch
hinziehen kann. Immerhin geht es mir seit gestern so fantastisch wie schon lange nicht mehr.
Er meint, dass noch eine Blut-Untersuchung und ein Herz-Ultraschall gemacht werden muss. Das
geschehe im Laufe des Tages.
Ich frage mich, warum ich mich hier sinnlos seit 16 Stunden zu Tode langweilen
muss! Warum wurde die ruhige Nacht nicht genutzt, um diese Untersuchungen zu machen?
Als ich gestern hier ankam, konnten diese Untersuchungen nicht stattfinden, weil »alle Kapazitäten
ausgeschöpft« waren. Dafür hatte ich ja auch ein Einsehen.
Aber seit 7 Uhr sind wieder alle Kapazitäten ausgeschöpft, weil seitdem unzählige Patienten aus
Krankentransporten, Rettungswagen und Taxen ins Krankenhaus zur Untersuchung oder Behandlung
quellen. Die fahren hier im Minuten-Takt vor! Wie soll da unter diesen Umständen Zeit für MICH
bleiben?
Ich sage dem Arzt, dass ich nicht gedenke, hier meinen Lebensabend zu verbringen. Ich werde
auf jeden Fall HEUTE nach Hause gehen, egal, welche Untersuchungen noch anstehen oder welche
Ergebnisse dabei herauskommen!
Er sagt mir zu, dass ich spätestens um 16 Uhr nach Hause entlassen werde.
Die Visite ist vorbei. Und ich frohlocke gegenüber meinen Mitbewohnern, die mich bei
meinem gestrigen Eintreffen und der Schilderung meiner Symptome schon als einen der ihren
betrachteten: »Seht ihr, ich habe doch gesagt, dass ich heute nach Hause gehe. Ich
werde doch wohl selber am besten wissen, was gut für mich ist!«
Sie schauen mich an, sagen aber keinen Ton (obwohl sie sonst ganz gern plaudern). Wahrscheinlich
denken sie in dieser Sekunde über ihre eigenen Schicksale nach, deren Vergangeheit schmerzlich ist
– und deren Zukunft gruselig sein wird …
Ich verlasse sie. Ich kann das einfach nicht aushalten. Dieses Elend. Diese für alle Zukunft
festgeschriebenen Lebensläufe …
Die Fortbewegung zu Fuß fällt mir leicht wie schon lange nicht mehr (die Strecken, die ich hier
in den vergangenen Stunden zurückgelegt habe, laufe ich im normalen Leben in einem ganzen Monat
nicht; das Vivantes Klinikum Neukölln ist aber auch riesig!).
Die Fortbewegung mit dem einzig gangbaren Aufzug wird dafür umso beschwerlicher.
Man muss ewig warten. Ständig kommen neue Wartende hinzu. Und wenn er dann endlich mal erscheint,
ist er brechend voll. Aber immerhin bietet er 29 Personen Platz! BÖTE er 29 Personen
Platz. Denn bei jeder Fahrt beanspruchen riesige Krankenbetten mit dem dazugehörigen
Transportpersonal fast den gesamten Platz!
Hinzu kommt, was die Sache auch nicht unbedingt zum Vergnügen macht, obwohl ich sonst liebend gern
mit Aufzügen unterwegs bin … hinzu kommt, dass in diesen Krankenbetten Leute mit den verschiedensten
Leiden liegen. Welche das sind, sieht man ihnen nicht an, aber man sieht, dass sie nicht zu ihrem
Vergnügen darin liegen. Und ständig diesen Anblick zu haben, raubt einem schon etwas die gute
Laune!
Endgültig vorbei mit meiner guten Laune ist es dann aber, als ich im
Erdgeschoss in den Aufzug einsteige, im ersten Stock die Tür aufgeht, und wieder mal ein Krankenbett
reingeschoben wird.
Aber, irgendwas ist an diesem Krankentransport ANDERS! Mir fallen alle Dinge, die
vom Normalen abweichen, besonders auf. Aber noch schenke ich diesem Gefühl keine weitere
Beachtung, weil in diesem Moment der eine Pfleger den Aufzug-Knopf zum KELLER drückt und der andere
Pfleger daraufhin meint, »Na ja, dann fahren wir eben erst nach oben mit.«
Dabei berührt er ein Bein des Patienten im Bett. Und jetzt gehen alle meine Alarmglocken an! Beide
Beine – BEIDE! – bewegen sich hin und her, als läge da eine Puppe!
Langsam lasse ich meinen Blick nach links zum Kopf des Patienten
schweifen. Aber ich sehe dort kein Gesicht! Das Gesicht ist abgedeckt! Großer Gott, hier fährt
der Tod mit!
Ich denke so bei mir, Ob es da wirklich sachdienlich ist, weiterhin den Aufzug zu
benutzen? Nix wie raus hier!
Gänsehaut macht sich auf meinem gesamten Körper breit. Obwohl ich warm angezogen bin, durchrieseln
mich kalte Schauer!
Als der Aufzug im 3. Stock hält, hält mich hier drin nichts mehr! Ich steige aus. Und mit
mir ein Pfleger.
Ich sage dem, dass ich eigentlich in den 4. Stock wollte, doch der unheimliche Begleiter im
Aufzug sei mir nicht geheuer! Deshalb wolle ich gern auf seine Begleitung verzichten und das eine
Stockwerk zu Fuß gehen.
Der Pfleger gibt mir bezüglich meiner Vermutung über den unheimlichen Mitreisenden Recht und lotst
mich über zahlreiche Flure und eine endlose Treppe (die ich diesmal aber gern benutze!) auf meine
Station.
Dort bleibe ich dann erstmal eine ganze Weile.
Ich lese (entgegen meiner Gewohnheit) eine Tageszeitung, und zwar komplett! Zwischendurch mühe ich
mich mit einem Kreuzworträtsel. Dann lese ich alle herumliegenden Tageszeitungen der vergangenen
drei Tage.
Nur ungern verlasse ich nun dieses plötzlich vertraute, anheimelnde Zimmer, um schnell eine
Zigarette zu rauchen oder einen Kaffee zu trinken.
Wenn ich den Aufzug benutze, achte ich nun genau darauf, dass sich darin nur LEBENDE Leute befinden,
und dass auch keine toten zusteigen!
Im 5-Minuten-Takt befühle ich meinen Bluterguss, belausche meine Herzfrequenz und achte sehr auf
mein Allgemeinbefinden!
Spüre ich da eine leichte Schwäche in den Beinen? Regt sich was in meinem Bauch?
Ich gehe nicht mehr allzu weit von meiner rettenden Station weg … Möchte ja nicht SO im Aufzug
enden!
Mittag, gegen 12 Uhr, gehe ich auf meine Station und warte dort aufs Essen.
Hat man dort überhaupt was für mich? Immerhin hatte ich ja am Vortag nichts bestellt, weil ich hier
erst um 14 Uhr 45 eintraf.
Heute gibt es:
• Spagetti Bolognese. Pfui Teufel. Das ist die VOLLKOST. Hoffentlich kriege ich die nicht!
• Gedünstetes Seelachsfilet in Limonensoße, mit Brokkoliröschen und Salzkartoffeln. Das ist gut!
KARTOFFELN sind immer gut! Was anderes esse ich mittags kaum. Was es DAZU gibt, ist für mich
zweitrangig. Hauptsache: Kartoffeln!
Dann gibt es noch zwei VEGETARISCHE Menüs. Die interessieren mich aber überhaupt nicht. Bin ja keine
Kuh! Sollte ich aber so etwas vorgesetzt bekommen, hungere ich lieber oder nehme die riskante
Aufzugfahrt zum Tchibo-Kiosk auf mich. Dort habe ich vorhin immerhin Schnitzel, Kartoffelsalat und
ähnliche Leckereien entdeckt. Leider erst, nachdem ich zweimal gefrühstückt hatte!

Gott ist auf meiner Seite. Ich bekomme das Kartoffelgericht mit dem Fisch.
Und es ist sogar genießbar. 😋
Nun muss ich nur noch knapp 4 Stunden bis zu meiner Entlassung rumkriegen.
Aber die vergehen wie im Flug, wenn man sich frei bewegen und Kaffee sowie Nikotin nach Belieben
konsumieren kann.
Ich habe ja mein Handy dabei. Jetzt halte ich es sogar mit der rechten Hand in meiner Jackentasche,
damit ich den erlösenden Anruf nicht verpasse. Wenn ich ihn nicht HÖRE, werde ich ihn zumindest
FÜHLEN.
Aber der Anruf bleibt aus.
Ich bin vor 24 Stunden hierher gekommen, und da wurde mir gesagt, dass ich über
Nacht hier bleiben muss, weil man ausgelastet ist … Nun ist dieselbe Situation, nur einen Tag
später. Warum sollte heute Zeit für eine Untersuchung sein, die gestern aus Zeitgründen nicht
möglich war?
Ich gehe auf meine Station, um das endlich zu klären.
Kaum angekommen, spricht mich ein Pfleger an: »Herr Herrmann, gut, dass Sie kommen.
Ihr Arztbrief ist fertig. Sie können jetzt nach Hause gehen.«
»Hä, mein Arztbrief ist fertig? Wie kann der fertig sein, wenn heute noch zwei
Untersuchungen gemacht werden sollen?«
Der Pfleger ist ratlos und geht seine Kolleginnen befragen.
Aber auch die sehe ich nun ratlos. Sie machen sich auf die Suche nach dem Doktor, der das sicher
aufklären kann – der sitzt aber auf dem Klo.
Ich gehe »auf mein Zimmer« und warte dort …
Dann kommt der Dok, überreicht mir den Arztbrief (also einen Brief an meinen Hausarzt, in dem
Diagnose, Laborbefunde und ähnliches in einem unlesbaren Gemisch aus Lateinisch und Kauderwelsch
stehen). Eine Kopie für mich ist ebenfalls dabei.
Ich frage ihn, was mit den anstehenden Untersuchungen ist.
Er antwortet: Wir haben vorhin versucht, Sie zu erreichen. Aber das gelang nicht.
Die Untersuchungen sind auch nicht wirklich nötig. Herr Herrmann, ich frage mich sowieso, was Sie
hier überhaupt machen? Dabei grinst er ein wenig, als wäre hier vor 24 Stunden das
blühende Leben in die Notaufnahme marschiert!
»Wir haben bei Ihnen nichts gefunden, was Ihren Aufenthalt länger erforderlich
macht. Ich kann Sie guten Gewissens nach Hause entlassen.«
»Wir haben nichts gefunden« heißt ja nicht, dass ich nichts HABE!
Vor vielen Jahren, als der
Helicobacter pylori
mir das Leben zur Hölle machte, musste ich bei meinem HausarztRüdiger Weber,
Sonnenallee 298, 12057 Berlin und einem Internisten »Aufklärungsarbeit« leisten, weil
die so gut wie nichts darüber wussten, dass dieser Lumpenhund mir seit meiner Kindheit ständige
Magenerkrankungen bereitete!
Ich war damals auf dem neusten Stand medizinischer Erkenntnisse (MICH und mein Leiden betreffend),
während diese beiden im Tal der Ahnungslosen dahindämmerten und dabei wahrscheinlich dem einen
oder anderen Patienten nicht die beste Behandlung zukommen ließen.
Nachdem meine Überzeugungsarbeit Früchte trug, habe ich in der Folgezeit nie wieder diesen oder
einen anderen Hausarzt gebraucht! Ich habe jahre-, nein jahrzehntelang meine kleinen Wehwehchen
selbst diagnostiziert und entsprechend meinen Lebenswandel angepasst bzw. die erforderlichen
Medikamente besorgt.
Seit meiner Bauchschlagader-Operation habe ich diesen Menschen, der früher mal mein Hausarzt war,
zwangsläufig wieder zu dem gemacht. Schon aus lauter Bequemlichkeit (seine Praxis erreiche ich zu
Fuß in drei Minuten).
24½ Stunden nach meiner Notaufnahme verlasse ich das Vivantes Klinikum Neukölln auf dem Weg, den ich
nun schon unzählige Male gegangen war: Nämlich dem kürzesten Weg zur Raucherinsel.
Ich erlaube mir hier die Anmerkung, dass ich es schon ziemlich befremdlich finde,
wenn man als geplagter Patient auch noch gezwungen wird, sich bei Wind + Wetter nach draußen zur
RAUCHERINSEL zu schleppen, um dort ein paar Züge Frischluft einzuatmen!
Eine ERKÄLTUNG ist derzeit wirklich das Letzte, wonach ich lechze! 🤒
Nachtrag:
Das Anstehen an der überfüllten Bushaltestelle vor dem Krankenhaus erinnerte mich an das Anstehen
vor dem Grusel-Aufzug. Darum nahm ich mir ein Taxi. Und verkürzte dem Fahrer die Zeit mit der
Schilderung der vergangenen 24 Stunden. Der Mann war sichtlich ergriffen und konnte mein Glück
bzw. Unglück kaum fassen – je nachdem, welches Ereignis ich ihm gerade in den blühendsten oder
blutigsten Farben schilderte. Die Fahrt kostete 11 €.
PS:
Als ich mich heute Morgen frisch einkleiden wollte, konnte ich weder Socken noch Unterhosen finden.
Bis mir einfiel, dass ich das alles griffbereit in meinem Wohnungsflur stehen hatte. Auch das
Zahnputzzeug, Deo und all den unnötigen Krimskram, der einen normalen Tag erst normal beginnen
lässt.
Meine Lieblingsbäckerin war heute die Erste, der ich brühwarm mein gestriges Fernbleiben erklärte.
Um das auch optisch zu untermalen, hatte ich heute mein Unterhemd mal nicht in die Hose gesteckt.
So konnte ich sie (und im Laufe des Tages noch unzählige andere Leute) mit dem Anblick meines
riesigen, schwarzen Blutergusses schockieren.
Hier siehst du ihn in Originalgröße
Was ich zum Schluss noch sagen wollte:
Das Leben ist nicht endlos! Genieße es! 😎
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