Sexualstrafrecht‑Verschärfung

Gültig seit 21.01.2015

17.09.2014

Heute hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht beschlossen.

»Mit den Neuregelungen werden Opfer von Sexualstraftaten künftig besser geschützt«, betonte Bundesminister Heiko Maas. »Kinderpornografie ist sexueller Missbrauch. Kinder sind nicht in der Lage, sich gegen solche Gewalt zu wehren und werden traumatisiert.«

Mit dem neuen Gesetzentwurf soll künftig u.a. verhindert werden, dass Nacktbilder insbesondere von Kindern und Jugendlichen verbreitet oder mit diesen Geschäfte gemacht werden. Daher soll künftig die unbefugte Herstellung oder Verbreitung solcher Bilder unter Strafe gestellt werden. »Mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen darf niemand Geld verdienen. Solche Bilder befinden sich oft jahrelang im Netz und können daher eine große Belastung für die Betroffenen sein. Die Neuregelungen werden auch für einen besseren Schutz vor dem sogenannten ›Cybermobbing‹ sorgen«, erläuterte Maas. Klar sei aber auch, dass nichts kriminalisiert werden soll, was zum Alltag vieler Eltern gehört, wie zum Beispiel das Fotografieren ihrer Kinder am Strand.

Die Neuregelungen sorgen schließlich auch dafür, dass Sexualstraftaten künftig später verjähren. »Opfer von Sexualtaten sind oftmals stark traumatisiert und benötigen Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten und sich auch mit der Frage der strafrechtlichen Anklage der Tat auseinandersetzen zu können. Wir sorgen jetzt dafür, dass die strafrechtliche Verjährung bei Sexualdelikten, insbesondere beim sexuellen Kindesmissbrauch, erst mit Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers beginnt. Damit können alle schweren Sexualdelikte zukünftig nicht mehr vor der Vollendung des 50. Lebensjahrs des Opfers verjähren«, sagte Maas.

Hintergrund

Der Gesetzentwurf sieht insbesondere folgende Änderungen vor:

1.

Verlängerung im Verjährungsrecht (Ruhen der Verjährung bei Sexualdelikten bis zum 30. Lebensjahr des Opfers; Ausdehnung auf weitere Straftaten, § 78b StGB).
Anhebung der Altersgrenze in der verjährungsrechtlichen Ruhensregelung des § 78b Abs. 1 Nummer 1 StGB auf das 30. Lebensjahr des Opfers und Aufnahme der Straftaten nach § 180 Abs. 3, § 182 und § 237 StGB in diese Vorschrift. Bislang ruht die Verjährung bis zum 21. Lebensjahr des Opfers. Mit der Änderung werden die Belange von Opfern von Sexualdelikten stärker berücksichtigt. Schwere Sexualdelikte, die einer Verjährungsfrist von 20 Jahren unterliegen, können damit zukünftig nicht mehr vor Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers verjähren, selbst wenn das Opfer zur Tatzeit minderjährig war.

2.

Strafbarkeit der unbefugten Herstellung, Weitergabe und Verbreitung von Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, oder von Bildaufnahmen unbekleideter Personen, insbesondere von Kindern, auch außerhalb von Wohnungen oder geschützten Räumen (§ 201a StGB).
In Ergänzung der Strafbarkeit von Herstellung, Weitergabe, Verbreitung sog. »Posing«-Bilder nach §§ 184b, 184c StGB (s. Ziff. 4) wird künftig auch die Herstellung, Weitergabe und Verbreitung von Nacktaufnahmen insbesondere von Kindern und Jugendlichen unter Strafe gestellt, die unter Verletzung deren Persönlichkeitsrechten entstanden sind. Erfasst wird damit auch das Austauschen von Kinder- /Jugendnacktbildern in sog. »Tauschbörsen«.

3.

Erweiterung der Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und von Jugendlichen um weitere Verhältnisse sozialer Abhängigkeit (§ 174 StGB).
U.a. werden damit künftig auch die Fälle erfasst, bei denen es sich bei dem Täter um den Vertretungslehrer des Opfers handelt.

4.

Strafbarkeit des sogenannten Posings (ausdrückliche Aufnahme der »Wiedergabe von ganz oder teilweise unbekleideten Kindern in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung« in den Begriff der kinder- und jugendpornographischen Schriften in §§ 184b, 184c StGB).
Es handelt sich um eine gesetzliche Klarstellung (d.h. es ist auch bislang schon strafbar), dass Bilder von Kindern/ Jugendlichen in unnatürlicher geschlechtsbetonter Körperhaltung unter den Begriff der »pornographischen Schriften« fallen. Künftig wird es aber nicht mehr erforderlich sein, dass die Körperhaltung aktiv eingenommen wird, d. h. auch Bilder von schlafenden Kindern in einer solchen Körperhaltung sind zukünftig strafbar.

5.

Strafbarkeit des sogenannten Cybergroomings (Ergänzung um die Begehung mittels Informations- und Kommunikationstechnologie, z. B. Telefonie, § 176 StGB).
Bislang nur strafbar, wenn durch »Schriften« i.S.d. § 11 Abs. 3 StGB auf das Opfer eingewirkt wurde, worunter derzeit grundsätzlich nur Speichermedien fallen. Künftig werden alle Formen der modernen Kommunikation ausdrücklich erfasst, also auch solche Fälle, in denen die Informationsübertragung ausschließlich über Datenleitungen (wie etwa Telefonleitungen) erfolgt, insbesondere wenn es hierbei beim Informationsempfänger zu keinen – auch nur flüchtigen, »unkörperlichen« – Zwischenspeicherungen kommt.

Quelle: Bundesministerium der Justiz


Verschärfung des Sexualstrafrechts – FAQ

    Was genau soll geregelt werden?
  • Unter anderem soll das Verjährungsrecht geändert werden, damit künftig Sexualstraftaten später verjähren.
  • Des Weiteren soll künftig die unbefugte Herstellung und Verbreitung von Nacktbildern strafbar sein. Insbesondere Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, dass solche Fotos nicht im Internet oder auf anderem Weg verbreitet werden. Niemand soll mit den Körpern von Kindern Geld verdienen. Die Neuregelungen sorgen zugleich für einen besseren Schutz vor dem sog. Cybermobbing.
  • Auch wird durch die Regelungen im Gesetzentwurf klargestellt, dass die Herstellung, Verbreitung und der Besitz sog. Posing-Bilder strafbar sind. Denn Bilder von Kindern oder Jugendlichen in unnatürlicher geschlechtsbetonter Körperhaltung fallen in Zukunft ausdrücklich unter den Begriff der pornographischen Schrift.
  • Es werden die Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und von Jugendlichen erweitert. Damit wird u.a. die Lücke geschlossen, dass bislang »Vertretungslehrer« nicht von dieser Vorschrift erfasst wurden.
  • Schließlich wird durch die Neuregelung auch das sog. Cybergrooming unter Strafe gestellt. Denn künftig werden alle Formen der modernen Kommunikation ausdrücklich erfasst, also auch solche Fälle, in denen die Informationsübertragung ausschließlich über Datenleitungen (wie etwa Telefonleitungen) erfolgt, insbesondere wenn es hierbei beim Informationsempfänger zu keinen – auch nur flüchtigen, »unkörperlichen« – Zwischenspeicherungen kommt.

    Was bedeutet die Verlängerung im Verjährungsrecht konkret?
  • Die Altersgrenze, ab der die strafrechtliche Verjährung zu laufen beginnt, wird künftig angehoben, und zwar vom 21. Lebensjahr – so wie das Gesetz es bisher vorsieht – auf das 30. Lebensjahr. Konkret bedeutet das, dass künftig schwerste Sexualstraftaten nicht mehr vor Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers verjähren, selbst wenn das Opfer zur Tatzeit minderjährig war. Damit geben wir den Opfern ausreichend Zeit, das Geschehene zu verarbeiten, und für die strafrechtliche Aufarbeitung.

    Dürfen Eltern künftig keine Fotos mehr von ihren nackt am Strand spielenden Kindern machen?
  • Selbstverständlich können Eltern auch in Zukunft ihre Kinder für das Familienalbum fotografieren. Es geht nicht darum, dass mit den vorgelegten Neuregelungen sozial übliches und alltägliches Verhalten unter Strafe gestellt werden soll. Klar ist aber auch: Niemand darf mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen Geld verdienen. Und deshalb soll die unbefugte Herstellung und Verbreitung von Bildern unbekleideter Personen künftig strafbar sein.

    Was folgt aus dem Verbot der unbefugten Herstellung »bloßstellender« Bilder für die Pressefreiheit?
  • Es soll verhindert werden, dass Bilder, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, verbreitet werden. Denn mit einer solchen Verbreitung beginnt zumeist das sog. Cybermobbing, das furchtbare Folgen für die Betroffenen haben kann.
  • Die Pressefreiheit wird dadurch nicht eingeschränkt, denn das, was presserechtlich bzw. nach Art. 5 GG von der Pressefreiheit oder auch nach § 23 KunstUrhG gedeckt ist, ist nicht »unbefugt« im Sinne der Neureglungen. Insofern ändert sich für die Pressefreiheit nichts.

    Gehen die Regelungen nicht zu weit?
    Besteht nicht die Gefahr, dass sich Jugendliche bereits strafbar machen, wenn sie auf dem Schulhof Fotos mit ihrem Handy machen von anderen, die geärgert oder auch geschlagen werden?
  • Nein. Denn ein Verstoß wegen unbefugter Herstellung von Bildern, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, soll in der Regel nur auf Antrag verfolgt werden. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, dass diejenigen, die sich durch die Herstellung solcher Bilder in ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt fühlen, sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden können. Sie müssen es aber nicht, wenn sie es für sich persönlich als »nicht so schlimm« empfinden.
  • Ein Vergleich mit dem Beleidigungsdelikt – ebenfalls ein Antragsdelikt – zeigt, dass derartige Befürchtungen unbegründet sind: Auch hier schreitet in der Praxis nicht stets der Staatsanwalt ein, wenn sich Jugendliche auf dem Schulhof gegenseitig beschimpfen. Die Ausgestaltung als Antragsdelikt hat sich hier in der Praxis bewährt.

Quelle: Bundesministerium der Justiz

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