Ein Freund kam eines Tages zu mir und meinte, er sei »im Arsch«, wenn ich ihm nicht
helfe. Die Sache war die: Mein Freund, der gern Auto fuhr wie eine besengte Sau und dabei von seinem Schwager (der ein »hohes Tier« bei der Berliner Polizei ist) Rückendeckung bekam, war wieder mal viel zu schnell unterwegs. Allerdings auf Brandenburger Landstraßen. Bis dahin reichte der Arm seines Schwagers leider nicht. Und weil vor ihm ein »Lahmarsch« fuhr und ihn nicht überholen ließ, auch nicht auf seine Lichthupe und das dichte Auffahren reagierte, hielt er an der nächsten Kreuzung hinter ihm, ging hin und beschimpfte und beleidigte den anderen Fahrer aufs Gröbste. Er bot ihm auch Schläge an. Dass der Mann ein »Bonze« der brandenburgischen Landesregierung war und seine Frau auf dem Beifahrersitz saß, machte die Sache nicht leichter. Nun hatte er eine Anzeige wegen Beleidigung, Bedrohung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr am Hacken. Seinen Führerschein sei er auf jeden Fall los, und wenn die Sache glimpflich ausgeht, käme er mit einer Geldstrafe davon, sagte seine Haus-und-Heim-Anwältin. Nun ja, nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird. Nachdem er mir die Story in allen
Einzelheiten erzählt hatte, sagte ich ihm: Angriff ist die beste Verteidigung!
Und riet ihm, den Spieß umzudrehen. Im Nachhinein bereue ich zutiefst, diesem »Freund« bei dieser und anderen
Gelegenheiten »den Arsch gerettet zu haben«, denn diesem undankbaren Menschen habe ich zweimal
5 Jahre Knast zu verdanken! Die ersten 5 Jahre verschaffte er mir mit Hilfe seines
Polizei-Schwagers im Januar 2002. Das bestreitet er bis heute hartnäckig. Das zweite Mal ging ich
2017 für weitere 5 Jahre in den Knast. Ich selbst hatte die Taktik Angriff ist die beste Verteidigung mal Jahre zuvor angewendet und damit eine ganz gute Erfahrung gemacht: So nebenbei (also nicht schwarz, aber auch nicht ganz blütenweiß) arbeitete ich mal
mit einem Freund kurze Zeit für jemanden als Kraftfahrer. Mein Freund fungierte als Beifahrer. Eines Tages hatte ich gerade den Kleintransporter eines anderen »Arbeitgebers« vor meinem Haus eingeparkt, als sich kurz darauf ein Polizeiauto davor einparkte, zwei Polizisten ausstiegen und den Kleintransporter sorgfältig in Augenschein nahmen, besonders die vordere Stoßstange. Dann klopften die wie wild an meine (damals noch nicht einbruch- und kugelsichere) Wohnungstür. Ich rief meinen Freund Paul an und informierte ihn leise über den Sachverhalt. Der meinte, ich solle ruhig bleiben und nicht öffnen. Die würden schon wieder gehen, wenn es denen zu lange dauert. Paul Büttner musste es ja wissen. Der war 10 Jahre älter als ich und hatte als ehemalige Unterwelt-Größe (zu Zeiten, wo Berlin noch eingemauert und die Unterwelt fest in »deutscher Hand« war) ungleich mehr Erfahrung mit der Polizei als ich. Ich kannte mich besser mit der Arbeitsweise der JUSTIZ aus. Ein paar Tage später flatterte mir eine Vorladung der Polizei ins Haus, ich
solle zur Vernehmung hinkommen und den Kleintransporter mitbringen. Ein Polizist hielt mir vor, mit diesem Kleintransporter nach Rudow zur Wohnung
des Geschädigten gefahren zu sein. Dort hätte ich die Herausgabe meines Hammers gefordert (vom
Autoradio war keine Rede – umso besser!). Als der Geschädigte mich abwies mit der Bemerkung
»Verschwinde, sonst gebe ich dir einen Hammer!«, hätte ich eine Bemerkung gemacht wie
»Das wirst du bereuen!« und sei gegangen. Kurze Zeit später sei der Schaden am
Fahrzeug des Geschädigten festgestellt worden. Ich bestritt diese Anschuldigung und gab zu bedenken, dass kein vernünftiger
Mensch wegen eines 2-DM-Hammers die Benzinkosten für eine 20-Kilometer-Fahrt auf sich nimmt, und
dann noch in der Ungewissheit, dort überhaupt jemanden anzutreffen, zumal ich das hätte auch
telefonisch klären können. Wenige Tage später hielt ich abermals eine Vorladung der Polizei in Händen. Diesmal
sollte eine Gegenüberstellung beider Fahrzeuge erfolgen. Und diesmal wurden in der Polizei-Werkstatt
auch alle Reifen des Kleintransporters aufgepumpt! Es kam zur Gerichtsverhandlung, zu der ich aber keinen Verteidiger mitnahm, weil ich
wegen einer solchen Bagatelle kein gutes Geld schlechtem hinterher werfen wollte. Also ließ ich den Geschädigten zuerst seine Version der Geschichte wiederholen.
Ich hielt ihm vor, ob es richtig sei, dass ich weder sein Wohnhaus noch seine Wohnung kenne und ihn
dort noch nie besucht hatte. Das bestätigte er. Nur mein Freund Paul kenne die. Und der sei weder
Beschuldigter noch hätte er einen Führerschein oder könne Auto fahren. Ich fragte ihn auch nach dem Wetter zur »Tatzeit«, und er meinte – wie schon
in früheren Aussagen –, dass es NICHT geregnet hätte. Das war falsch, denn es hatte nachweislich in
Strömen geregnet und darauf stützte sich auch mein Alibi: Ich war mit diesem Kleintransporter
morgens zu meinem Freund gefahren, und weil es in Strömen regnete, machten wir einen Video-Tag,
guckten uns also Videos an, die mein Freund mit seiner Kamera gemacht hatte, denn bei diesem Wetter
konnten wir draußen keine Plakatwände aufstellen, was unser eigentlicher Job als »Schwarzarbeiter«
gewesen wäre. Mein Freund und dessen Frau bezeugten diese Aussage. Nun wurde die Ehefrau des Geschädigten in den Gerichtssaal gebeten. Sie wurde
dahingehend belehrt, dass sie als Zeugin die Wahrheit sagen müsse, aber nichts sagen müsse, was
ihren Ehemann oder sie selbst belasten könnte. Sie erklärte sich bereit auszusagen und auch meine
Fragen zu beantworten. Ich fragte das Gericht, ob man den Aussagen dieser Leute überhaupt Glauben schenken darf, wenn die als Ehepaar zusammenleben und sich in Kernpunkten ihrer Aussagen derart widersprechen. Dann wies ich (so ganz beiläufig) darauf hin, dass der Geschädigte Alkoholiker sei und schon mehrmals kleinere Bagatellschäden an seinem Fahrzeug selbst verursacht hatte, seiner Ehefrau gegenüber aber immer anderen die Schuld daran gab. Ich fragte die Zeugin, ob dies zutreffend sei, was sie bestätigte. Dann fragte ich sie, ob es möglich sei, dass ihr Ehemann selbst die Schäden an seinem Fahrzeug verursacht haben könnte und wieder nur einen Sündenbock dafür bräuchte. Sie hielt das für möglich und nicht ganz ausgeschlossen. Meine Frage, ob sie mich oder den Kleintransporter am Tatort gesehen hätte, verneinte sie. Sie sah mich heute zum ersten Mal. Sie war aber unmittelbar nach der »Tat« auf diesem Parkplatz gewesen und hatte den Schaden festgestellt, auf ihrem Nachhauseweg hätte sie also diesen Kleintransporter sehen müssen! Ich wies das Gericht darauf hin, dass allein die Übereinstimmung der Anstoßstellen beider Fahrzeuge kein Tatbeweis wären, zumal dieser Kleintransporter nicht das einzige Fahrzeug seiner Art in Berlin ist und auch keinerlei Lack- oder andere Spuren gefunden wurden, die auf genau dieses eine Fahrzeug als »Tatwerkzeug« hinweisen. Außerdem hatte ich ja das Alibi meines Freundes und seiner Ehefrau, die keinen ersichtlichen Grund hatten, für mich zu lügen – außer, sie hätten zur Tatzeit im Tatfahrzeug als Beifahrer gesessen! 😉 Na ja, hinterher ist man immer klüger, zumindest was den Geschädigten und seine Frau
angeht. Ich erntete einen Freispruch mangels Beweises und musste mir nach der Gerichtsverhandlung
im Gerichtsflur noch die wüstesten Beschimpfungen des Geschädigten anhören, der mir lautstark
vorwarf, das Blaue vom Himmel gelogen zu haben und der gewiefteste Ganove auf Gottes Acker zu sein! Der Freispruch war nicht meine Schuld, sondern mein Verdienst. Denn ich hatte mich
(wie schon immer) sorgfältig auf den Prozess vorbereitet und im Vorfeld auch Erkundigungen über
dieses Paar eingeholt. 😉 |
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Letzte Änderung: 08.09.2025 21:50:46
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