Foto-Recht

Wer so viel fotografiert und filmt wie ich und »sich dabei auch noch sehr weit aus dem Fenster lehnt«*, sollte juristisch topfit sein und nicht nur die einschlägigen Gesetze kennen, sondern auch die entsprechende Recht­sprechung.
Ich versuche mal, im Folgenden aufzuzeigen, worauf man als »Fotograf« achten sollte. Das Folgende gilt für alle Bildaufnahmen, also nicht nur Fotos, sondern auch Videos, speziell Handy-Videos.
* Beispiel: Frecher S-Bahn-Führer schickt mir Anwälte auf den Hals


Gemäß KunstUrhG gibt es zwar »das Recht am eigenen Bild«, aber …
Normale Menschen dürfen in normalen Situationen immer Aufnahmen machen.

Welche Einschränkungen gibt es?

Man darf nicht in die Intimsphäre des Fotografierten eingreifen.

Schlägt sich jemand zum Pinkeln in die Büsche, dürfen Fotos dieser Situation nicht veröffentlicht werden, insbesondere keine Vergrößerungen!

⚠️ Nach einer Verschärfung des Sexualstrafrechts und der Einführung des § 201a StGB ist es eine Straftat, wenn man eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich zu machen.
Weiterhin ist es unzulässig, Minderjährige nackt abzubilden, um die Aufnahme einer dritten Person zu verkaufen. (»Minderjährig« im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person unter 18 Jahren; gemeint sind also nicht nur KINDER, sondern auch JUGENDLICHE!)

Man darf nicht die Menschenwürde des Fotografierten verletzen.

Den Verkehrsunfall auf der Straße darf man fotografieren und die Fotos veröffentlichen, wenn man die Unfallbeteiligten unkenntlich macht.

⚠️ Nach § 201a StGB ist es eine Straftat, wenn man eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt! Es ist also nicht nur eine Veröffentlichung solcher Aufnahmen verboten, sondern schon das Anfertigen derartiger Aufnahmen!

Eine Veröffentlichung der Bilder ist ohne Einwilligung des Fotografierten unzulässig.

Begegne ich einer hübschen Frau mit ihrem Hund, dann darf ich sie für mein privates Fotoalbum fotografieren. Das Bild veröffentlichen darf ich aber nicht – es sei denn, ich mache das Gesicht der Frau unkenntlich oder zeige es erst gar nicht.

⚠️ Ein Paparazzo darf unter Umständen nicht mal fotografieren, weil schon das eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Fotografierten darstellen könnte – es kommt hier also nicht erst auf die Verbreitung an (gerade für Paparazzo wurde der § 201a StGB geschaffen, der bereits das Fotografieren in bestimmten privaten Situationen unter Strafe stellt).

Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie

§ 23 Abs. 1
Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben …

Dies gilt aber nur, wenn Personen nicht »hervorgehoben« (z.B. durch die Verwendung eines Teleobjektivs oder Ausschnitt­vergrößerung) oder diskreditiert werden!

Personen der Zeitgeschichte sind solche, die Kraft ihres Amtes oder Berufes regelmäßig der öffentlichen Wahrnehmung ausgesetzt sind (Politiker, Schauspieler, Spitzensportler), aber auch solche, die Teil eines wichtigen Ereignisses waren oder sind (z.B. der Katastrophen­helfer im Einsatz, der Hotelportier bei der Abendgala anlässlich einer wichtigen Fernsehpreisverleihung).

Stellt mir PHILIP MORRIS über Jahre hinweg Baukräne vors Fenster, dann muss dieser Konzern damit leben, dass ich das fotografisch dokumentiere und online stelle – solange aus den Fotos erkennbar ist, dass es mir um die Kranarbeiten und nicht einen einzelnen Arbeiter ging (auch wenn der Bauarbeiter auf dem Bild gut zu erkennen ist).
Ich darf mich aber nicht vor einen Bauarbeiter stellen und ihn ablichten oder eine Vergrößerung dieses Bauarbeiters veröffentlichen, wenn er mir dazu nicht seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat.
Genauso darf ich bei öffentlichen Bauarbeiten die Bauarbeiter ablichten, ohne deren vorherige Zustimmung einholen zu müssen (es sei denn, einer bohrt gerade in der Nase [eines Kollegen] oder pinkelt gegen den Bauzaun. 😉)

Apropos Zustimmung:

Habe ich während meiner Ehezeit (mit Zustimmung meiner Gattin) Fotos unseres gemeinsamen Urlaubs ins Internet gestellt, muss ich diese nur entfernen, wenn meine geschiedene Frau das ausdrücklich verlangt. Das betrifft aber nur die Fotos, auf denen SIE erkennbar abgebildet, also nicht nur »Beiwerk« ist.

Der Widerruf einer Zustimmung ist allerdings auch an Bedingungen geknüpft, auf die ich hier jetzt aber nicht eingehe.

Hatten wir Intimfotos gemacht und blieben diese nach der Trennung bei mir, kann meine Ex nicht die Herausgabe und/oder Vernichtung der Bilder beanspruchen! Dies wäre erst möglich, wenn ich diese Aufnahmen wider­rechtlich »verbreite«.

Ob man Aufnahmen zu Beweiszwecken anfertigen darf, kommt auf den jeweiligen Einzelfall an.
Veröffentlichen darf man solche Aufnahmen auf keinen Fall!

Wenn mir jemand den Schädel einschlagen will, dann nehme ich mir das Recht, diesen Menschen bei seiner Untat abzulichten und das Foto der Nachwelt zu hinterlassen. 😉

Bricht jemand in eine Wohnung ein, muss er damit leben, dass er gefilmt und das Video gegen ihn verwendet wird (immerhin hatte er die freie Entscheidung, dort nicht einzubrechen und gefilmt zu werden). 😏

Es ist erlaubt, jemanden bei der Begehung einer Straftat zu filmen, sofern die Schwere der Straftat das Persönlichkeitsrecht des Täters überwiegt.
Einen Ladendieb, Verkehrssünder oder jemanden, der eine Ordnungs­widrigkeit begeht, darf man aber auf keinen Fall ablichten.

Gerechtfertigt ist eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte auch, wenn die Aufnahmen zu Beweiszwecken in einem Zivilprozess gefertigt werden, um zum Beispiel zu beweisen, dass spielende Kinder für Beschädigungen verantwortlich sind.

Dadurch wird nicht der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts verletzt, wenn die Aufnahmen in der Öffentlichkeit gefertigt werden und dadurch weder in die Intim- noch in die Privatsphäre der Kinder eingegriffen wird (das ist vergleichbar mit Fotos von Reisenden, Natur- und Landschafts-Liebhabern und Hobby-Fotografen). Außerdem werden die Fotos im Rahmen des Gerichtsverfahrens nicht im eigentlichen Sinne »veröffentlicht«, sondern sind nur für einen begrenzten Personenkreis einsehbar.

Ebenso sind Aufnahmen im Rahmen der Beweissicherung nach Verkehrs­unfällen gerechtfertigt. Die Verletzung der Persönlichkeits­rechte der Unfall­beteiligten ist hinzunehmen.


Rechtlich umstritten ist derzeit, »zu Beweiszwecken« mit einer sogenannten Dashcam (Videokamera auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutz­scheibe von Fahrzeugen) permanent Videoaufnahmen aus einem fahrenden Fahrzeug heraus zu machen, um im Falle eines Unfalles beweisen zu können, wie der Unfall ablief.

Gleichzustellen hiermit sind auch Bikecams und andere Kamera­systeme, die permanent im öffentlichen Verkehrsraum aufzeichnen.

Nach herrschender Rechtsprechung verlässt man mit diesem Zweck der Aufnahmen den persönlichen oder familiären Bereich und verstößt neben dem BDSG auch gegen die Persönlichkeitsrechte und die informationelle Selbstbestimmung der gefilmten Personen, zumal auch Unbeteiligte gefilmt werden und somit identifiziert werden können.

29.10.2014 Wikipedia schreibt hierzu:

Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der ständigen Aufzeichnung sowie die Verwendbarkeit als Beweismittel in Zivil- oder Strafprozessen ist in Deutschland umstritten. Eine gefestigte Rechtsprechung liegt zu beiden Fragen bislang nicht vor.
Ob eine Aufnahme als Beweismittel anerkannt wird oder nicht, liegt im Ermessen des zuständigen Richters. Dabei kam es in Deutschland durchaus schon zu Fällen, in denen eine Dashcam-Aufnahme vom Gericht akzeptiert und das Urteil dadurch maßgeblich beeinflusst wurde. So ließ das Amtsgericht München die von einem Radfahrer erstellte Bikecam-Aufnahme als Beweismittel zu, ging dabei aber davon aus, dass sie ursprünglich nicht zum Zweck der Beweissicherung erstellt worden war, sondern lediglich privaten Zwecken dienen sollte. Eine andere Abteilung desselben Amtsgerichts lehnt eine Beweisverwertung ab. In vielen Fällen erachtet die verkehrsrechtliche Praxis Aufnahmen zum Zweck der Beweissicherung als zulässig.

eRecht24, eine von Rechtsanwälten betriebene Internetplattform zitiert ein Gerichtsurteil so:

Danach ist »das permanente Aufnehmen des Straßenumfelds mit einer Dashcam jedenfalls dann datenschutzrechtlich unzulässig, wenn diese Aufnahmen mit dem Ziel gemacht werden, sie bei passender Gelegenheit an Dritte zu übermitteln, sei es durch Veröffentlichung im Internet auf Youtube, Facebook oder anderen Plattformen oder auch durch Weitergabe der Aufnahmen an Polizei, Versicherung oder sonstige Dritte. Nur dann, wenn von Anfang an fest steht (und das auch bis zum Ende, d.h. dem Löschen der Aufnahmen, durchgehalten wird), dass derartige Aufnahmen den privaten und persönlichen Bereich nicht verlassen, sind die Vorschriften des BDSG nicht einschlägig und das Bayrische Landesamt für Datenschutz als Datenschutzbehörde nicht zuständig.«
Weiter heißt es in der Pressemitteilung: »Das BayLDA wird in Zukunft, wenn bekannt wird, dass Autofahrer die mit ihrer Dashcam aufgenommenen Videofilme an Polizei, Versicherung oder ähnliche weitergeben oder im Internet veröffentlichten, prüfen, ob im jeweils konkreten Fall der Erlass eines Bußgeldbescheides angezeigt ist. Der gesetzlich festgelegte Bußgeld­rahmen für derartige Verstöße beläuft sich auf bis zu 300.000 Euro.« Im Klartext heißt das, dass es nicht möglich sein wird, Videos von Dashcams als Beweismittel vorzulegen, ohne sich möglicherweise strafbar zu machen. […] Es bedeutet, dass man mit hohen Bußgeldern rechnen muss, wenn man eigentlich seine Unschuld beweisen will oder beispielsweise Unterstützung bei der Verfolgung einer schweren Straftat anbieten möchte.

Da die Rechtsprechung diesbezüglich nicht einheitlich und zum Teil sogar widersprüchlich ist und es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, ist es zumindest sehr riskant, derartige Aufnahmen anzufertigen oder gar weiterzugeben!

📌 Ich würde empfehlen, nur im Falle einer »unklaren Verkehrssituation« die Dashcam-Aufzeichnung zu aktivieren, die Dashcam also nur zu späteren Beweiszwecken laufen zu lassen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn du auf der Autobahn bedrängt oder genötigt wirst, oder wenn das Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers einen nahenden Unfall vermuten lässt.

Ich filme (fotografiere) sogar »vorsorglich« Personen, die sich in verdächtiger Weise Zutritt zu unserem Mehrfamilienhaus verschaffen. Solange ich diese Aufnahmen keinem Dritten zeige, ist das erlaubt. Stellt sich heraus, dass diese Personen eine Straftat in unserem Haus verübt haben, stelle ich die Aufnahmen der Polizei zur Verfügung, die sie auswerten wird (und das auch darf).

Wenn man in seiner Wohnung seine Besucher / Gäste filmt oder fotografiert, sollte man folgendes beachten:
Tut man das mit ihrer Zustimmung, und will man die Bilder veröffentlichen, dann sollte man sich diese Zustimmung schriftlich geben lassen – es sei denn, die Zustimmung ist anderweitig erkennbar, indem man zum Beispiel mit den Gästen eine gemeinsame Homepage betreibt, auf der die Bilder veröffentlicht werden.

Will man bei der Veröffentlichung von Bildern ganz sicher gehen, sollte man Fremde (insbesondere Kinder), die gut erkennbar sind, unkenntlich machen, wenn man nicht die Zustimmung des Fotografierten bzw. bei Minderjährigen der Sorgeberechtigten hat.

Fotografiert man einen Unfallort statt den Verletzten zu helfen, macht man sich evtl. der unterlassenen Hilfeleistung schuldig, sofern nicht schon (professionelle) Ersthelfer vor Ort sind.
Auf jeden Fall ist es nach der aktuellen Gesetzeslage eine Straftat, Bildaufnahmen von Verletzten/ Unfallopfern anzufertigen (§ 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB)! Ersthelfer wie Sanitäter und Notarzt sowie Polizeibeamte darf man zeigen, solange sie nicht besonders hervorgehoben werden.

Ein Journalist darf Bildaufnahmen machen. Er darf auch Name und Fotos eines Opfers veröffentlichen, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um »eine Person des öffentlichen Lebens« handelt.

Bei Straftaten und Unglücksfällen dürfen Minderjährige (also Kinder und Jugendliche) nicht identifizierbar sein!

Bei einer öffentlichen Schlägerei unter Saufkumpanen, müssen die Schläger damit leben, dass ich sie filme.
Allerdings dürfen diese Aufnahmen nicht veröffentlicht werden, zumal die Veröffentlichung von Gewaltdarstellungen aus straf- und medienrechtlicher Sicht zumindest bedenklich ist (§ 131 StGB).

Auf Journalisten trifft das aber nicht zu.

Professionelle Medienvertreter von Zeitungen, TV und Webportalen übertreiben es, wenn sie grundsätzlich Fahrzeugkennzeichen pixeln.
Dazu sind sie juristisch nicht verpflichtet, sie tun es aber »im vorauseilenden Gehorsam«, um allen eventuellen Widrigkeiten aus dem Weg zu gehen.

Das Landgericht Kassel hat mit Beschluss vom 10.05.2007 (Az.: 1 T 75/07) entschieden, dass die Veröffentlichung eines Kfz-Kennzeichens auf einer Webseite den betreffenden Fahrzeuginhaber nicht in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Dies wäre nur bei Vorliegen weiterer Umstände der Fall, z.B. wenn die Informationen mit einem Aufruf veröffentlicht würden, den PKW zu beschädigen. Es liegt auch keine Datenschutzverletzung vor, da keine automatisierte Verarbeitung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG gegeben ist.
Ich habe diesem Thema eine extra Seite gewidmet:
Das Unkenntlichmachen von Fahrzeugkennzeichen

Neben dem KunstUrhG gibt es das Strafgesetzbuch, § 201a:
Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen

Um mit diesem Straftatbestand in Konflikt zu kommen, müssen mehrere Bedingungen zutreffen:

Die fotografierte Person muss sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befinden.

Ähnlich wie bei der Brandstiftung ist es auch hier egal, ob sich diese Person dort rechtmäßig aufhält und ob sie ein »Hausrecht« hat.
Das betrifft zum Beispiel den Hausbesetzer oder einen Strafgefangenen in seiner Zelle. Diese können zwar kein »Hausrecht« ausüben, sind aber durch Strafgesetze vor Brandstiftung geschützt.

Es sind nicht nur die Räume gemeint, »die den engeren Lebensmittelpunkt einer Person bilden«,sondern auch solche Räumlichkeiten, in denen sich eine Person nur zeitweise aufhält sowie bewegliche Sachen, die der Unterkunft dienen, also Hotelzimmer, Ferienhaus, Wohnraum in einem Obdachlosenheim, Wohnwagen, Campingbus, Zelt, Schiff sowie Nebenräume (selbst wenn sie außerhalb des Wohnbereichs oder gar des eigentlichen Wohngebäudes liegen und sogar dann, wenn sie mit anderen gemeinschaftlich genutzt werden) wie Kellerräume, Treppenhäuser, freistehende Garagen.

Der Begriff »gegen Einblick besonders geschützter Raum« ist NEU im Strafgesetzbuch!
Gemeint ist ein Bereich, der nach außen erkennbar dadurch den Einblick erschwert, dass ein weiterer Sichtschutz installiert oder betätigt wird oder ein Bereich, der gegen die Umwelt von vorneherein so abgegrenzt ist, dass er einen nahezu lückenlosen Sichtschutz bietet, der nur durch besondere Anstalten überwunden werden kann (zum Beispiel Umkleidekabinen, wenn die Tür geschlossen ist; Strandkörbe, wenn durch eine Markise abgeschirmt; eine Felsgrotte, wenn ihr Eingang durch ein Handtuch verdeckt ist).

Es muss außerdem der höchstpersönliche Lebensbereich der abgelichteten Person verletzt werden.

Leider hat der Gesetzgeber diesen Begriff nicht genauer definiert, sodass erst die Rechtsprechung Klarheit bringen wird.
Man kann aber davon ausgehen, dass eine Verletzung des »höchstpersönlichen Lebensbereiches« immer dann vorliegt, wenn auf dem Bild Geschehnisse abgebildet sind, über die im sozialen Miteinander nicht ohne Überwindung einer erheblichen Hemmschwelle gesprochen wird.

Die Bildaufnahmen müssen zudem eine Person zeigen.

Spuren einer Person fallen nicht unter diesen Tatbestand. Ebenso Bilder einer toten Person, denn eine Leiche ist keine Person im Sinne des Strafgesetzes. Zeigen die Bilder allerdings eine verstorbene Person zu Lebzeiten, fallen sie unter den Schutz dieses Gesetzes!

Zusammenfassend kann man sagen:
Die Bildaufnahmen müssen eine Person zeigen und diese Person muss sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befinden und es muss dadurch deren höchst­persönlicher Lebensbereich verletzt werden.
Trifft auch nur eine dieser Bedingungen nicht zu, ist der Straftatbestand nicht erfüllt.

Ebenfalls nicht unter diesen Straftatbestand fällt das bloße Beobachten einer Person (z.B. mittels einer Infrarotkamera).

Daneben verbietet Absatz 1, Nr. 5 dieses Gesetzes, befugt hergestellte Bildaufnahmen von einer anderen Person wissentlich unbefugt einem Dritten zugänglich zu machen.

Beispiel: Ein Pärchen hat Intimfotos von sich gemacht. Diese verbleiben nach der Trennung beim Mann.
Erst, wenn der Mann diese Fotos wissentlich unbefugt Dritten zugänglich macht, hat er diesen Straftatbestand erfüllt. Und erst dann kann die Ex-Partnerin zivilrechtlich die Herausgabe bzw. Vernichtung dieser Fotos durchsetzen.
Fallen die Fotos aber z.B. einem Wohnungseinbrecher in die Hände, oder beim Wohnungswechsel Mitarbeitern der beauftragten Spedition, dann ist der Straftatbestand des § 201a StGB nicht erfüllt.

Es ist übrigens durchaus möglich, dass ein Fotograf straffrei gegen dieses Gesetz verstößt, wenn er im Wege der Notwehr / Nothilfe (§ 32 StGB) oder des Notstandes (§ 34 StGB) handelt.

Ein Beispiel:
Eine alleinerziehende Mutter vernachlässigt ihre drei Kinder.
Dem zuständigen Jugendamt ist dies bekannt, aber es schreitet nicht ein, sondern begnügt sich damit, in der Familie eine Familienhelferin einzusetzen, die aber die Gefahr für die Kinder ignoriert, weil sie mit der Mutter befreundet ist.
Da ich mit der Familie befreundet bin, gehe ich bei ihr regelmäßig ein und aus, und ich mache dort auch (befugt) zahlreiche Fotos.
Nachdem die Mutter den Kontakt zu mir abbricht, weil ich mich zu sehr »in ihre Angelegenheiten einmische«, ist für mich eine positive Einflussnahme auf die Mutter zugunsten der Kinder nicht mehr möglich, sodass die Kinder innerhalb kürzester Zeit völlig zu verwahrlosen drohen.
Daraufhin kontaktiere ich das Jugendamt, weise auf die akute Gefahr für die Kinder hin und bitte um sofortiges Einschreiten. Das Jugendamt teilt mir aber lediglich mit, dass es »demnächst mal bei der Familie vorbeischauen wird«, immerhin sei ja eine Familien­helferin vor Ort.
Weil ich keine andere Möglichkeit mehr sehe, das Jugendamt vom Ernst der Situation zu überzeugen, zeige ich ihm einige der in dieser Wohnung gemachten Fotos, aus denen ersichtlich ist, dass die Kinder vernachlässigt werden und permanent körperlichen und seelischen Gefahren ausgesetzt sind.
Bereits eine Stunde später sind zwei der drei Kinder in der Obhut des Jugendamtes …
In diesem Fall gab es kein anderes, wirkungsvolleres Mittel, um die Gefahr von den betroffenen Kindern abzuwenden, weil das Jugendamt anders nicht vom Ernst der Situation zu überzeugen war.
Da das Rechtsgut der körperlichen und seelischen Unversehrtheit der betroffenen Kinder den Persönlichkeitsschutz ihrer Mutter wesentlich überwiegt, war mein Handeln gesetzlich gerechtfertigt, zumal ich mich andererseits wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar gemacht hätte ( § 323c StGB).
📝 Nachtrag:
Zwar hatte die Mutter ihre Kinder nicht vorsätzlich und willentlich »misshandelt«, sondern einfach »nur vernachlässigt«. Jedoch stellte auch das eine strafbare »Misshandlung von Schutzbefohlenen« dar (§ 225 StGB), weil die Mutter aus EIGENSUCHT handelte. (Eigensucht ist ein verwerfliches Gesinnungsmerkmal der Böswilligkeit und macht die Vernachlässigung der Kinder zu einer Straftat.)
BGH 3 StR 633/14 - Urteil vom 23.07.2015

Die ganze Geschichte ist auf meinen Philipp-Seiten nachzulesen.


Müssen Eltern es dulden, dass ihre Kinder von Fremden fotografiert werden?

Wie schon oben erwähnt, dürfen normale Menschen in normalen Situationen immer Fotos / Videos machen (diese allerdings ohne die Einwilligung des Abgelichteten nicht veröffentlichen).
Das heißt umgekehrt, dass ein Spanner oder Paparazzo kein »normaler Mensch« ist. Und keine »normale Situation« ist es, wenn jemand einem bestimmten Kind hinterher rennt, um es abzulichten.
In diesem Fall dürfen also nicht nur keine Aufnahmen veröffentlicht, sondern erst gar nicht gemacht werden.

Anhand einiger Bild-Beispiele will ich das genauer erläutern:

fotorecht_01-t.webpEin Fremder darf diese Fotos machen, aber nicht veröffentlichen, wenn die Personen »erkennbar« sind.
Die Eltern dürfen sie veröffentlichen, ohne andere Kinder unkenntlich zu machen, wenn diese nur »Beiwerk« sind – wie die Kinder im oberen und die Blumen im unteren Bild.

fotorecht_02-t.webpEin Fremder darf diese Fotos machen, aber nicht veröffentlichen, wenn die Personen »erkennbar« sind.
Die Eltern dürfen sie nur veröffentlichen, wenn sie Unbeteiligte, die »als Person erkennbar sind«, unkenntlich machen.

fotorecht_03-t.webpSolche Fotos darf jeder machen und veröffentlichen, wenn keine Personen »hervorgehoben« sind (z.B. durch Zoom oder Ausschnittvergrößerung).

fotorecht_04-t.webpEin Fremder darf solch ein Foto nicht machen, weil dies das Persönlichkeitsrecht des Kindes verletzt. Er darf es auch nicht veröffentlichen, weil das Kind in dieser Situation »hervorgehoben« ist.
Die Eltern müssen bei einer Veröffentlichung Unbeteiligte unkenntlich machen.

fotorecht_05-t.webpAuch solch ein Foto darf ein Fremder nicht machen und nicht veröffentlichen, weil es das Persönlich­keits­recht des Kindes verletzt … Niemand sollte solch ein Bild veröffentlichen, weil es nach der Verschärfung des Sexualstrafrechts den Straf­tat­bestand der Kinderpornografie erfüllen könnte!

Macht jemand auf einem Spielplatz von seinem eigenen Kind Fotos, dann muss man es hinnehmen, dass er damit auch andere Kinder fotografiert. Solange die anderen Kinder nur »Beiwerk« sind, muss man sogar eine Veröffentlichung der Bilder dulden.
Sind die fremden Kinder gut zu erkennen, muss man sie unkenntlich machen.

Wenn du das Gefühl hast, dass jemand die Grenzen des Erlaubten über­schreitet, solltest du den Fotografen ansprechen und fragen, warum er Fotos von deinem Kind macht.
Liefert er keine einleuchtende Erklärung, verlange von ihm, dass er dir die Bilder zeigt, die er von deinem Kind gemacht hat.
Weigert er sich, dir die Fotos zu zeigen (und sie zu löschen), »bringe ihn in Bedrängnis«, indem du ihm klarmachst, dass du die Polizei rufen wirst.
Es ist zwar nicht verboten, fremde Kinder zu fotografieren, aber vielleicht ist der Fotograf schon einschlägig polizeibekannt – und wenn nicht, dann fällt er vielleicht mal der Polizei auf, wenn sich derartige Vorfälle häufen (die Speicherung dieser Daten unterliegt dem jeweiligen Landes­polizei­gesetz und beträgt in der Regel 10 Jahre).

Fotografiert jemand allerdings nicht nur dein Kind, sondern z.B. an einem Strand oder auf einem Spielplatz auch andere Kinder, ohne sich für ein einzelnes zu interessieren, dann musst und solltest du damit leben.
Rein rechtlich kannst du dagegen nichts tun. Aber, jeder seriöse Fotograf wird es respektieren, wenn du ihm sagst, dass du keine Fotoaufnahmen deines Kindes willst.

Du als Vater oder Mutter musst also abwägen, ob die Persönlichkeitsrechte deines Kindes ernsthaft verletzt werden!
Nur dann kannst und solltest du gegen den Fotografen vorgehen, ansonsten würdest vielleicht du statt des Fotografen vor Gericht landen!

ℹ️ Meine Ausführungen betreffen die Rechtslage vor Inkrafttreten der DSGVO.
Sehr ausführlich + aktuell informiert Rechtsanwalt Plutte zum Thema Foto-Recht:
https://www.ra-plutte.de/faq-recht-am-eigenen-bild-beispiele/

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