Anwälte sind dreist – ich aber auch! (1/2)

 

Aus früherer Gewerbetätigkeit hatte ich mal lumpige 31.000 € Schulden. Das ist eigentlich gar nicht so viel, und es wäre bezahlbar – aber ich habe diese Forderung nie anerkannt.
Mittlerweile sind da rund 60.000 € Zinsen draufgekommen. Ich müsste ja total hirntot sein, wenn ich das bezahle! Und weil ich gar nicht daran denke, verfolgen mich seit Jahrzehnten Generationen von Anwälten.
Nun hat sich wieder mal ein neuer Witzbold gemeldet (Oliver M. Niederjohann) und bittet um Überweisung von 90.815,03 € innerhalb 2 Wochen.

02.04.2007 von Rechtsanwalt Oliver M. Niederjohann

Volkswohl-Bund Lebensvers. AG
gegen
Herrmann Hans-Jürgen …

Sehr geehrter Herr Herrmann,

in vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf die vergangene Korres­pondenz und teilen Ihnen mit, dass die Frist der Ruhendstellung nunmehr abgelaufen ist.

In der Anlage übersenden wir Ihnen die aktuelle Forderungsaufstellung verbunden mit der Aufforderung, die ausgewiesene Gesamtforderung bis spätestens zum 16.04.07 auf unser Konto bei der Kölner Bank eG … zu zahlen.

Als Verwendungszweck geben Sie bitte das im Betreff genannte Aktenzeichen an, damit Ihre Zahlung zugeordnet werden kann.

Sollten Sie zur Zahlung noch immer nicht in der Lage sein, so bitten wir erneut um Einreichung entsprechender Belege (z.B. Einkommensbescheid, Renten-, Arbeitslosen-, Sozialhilfebescheid, Pfändungsbeschlüsse etc.) innerhalb der oben genannten Frist. Anhand dieser Belege wird entschieden, ob und inwieweit wir Ihnen hinsichtlich der Tilgung der Forderung weiterhin entgegenkommen können.

Sollten Sie die Frist fruchtlos verstreichen lassen, so sind wir schon jetzt gehalten, unverzüglich Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Sie einzuleiten, deren Kosten zusätzlich zu Ihren Lasten gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Anlage: Forderungsaufstellung


ℹ️ Im VORLESE-Modus wird die Forderungsaufstellung nicht gezeigt!

Original

Ich habe mir mal 55 Cent vom Munde abgespart, um ihm meine Antwort zukommen zu lassen:

05.04.2007 an Rechtsanwalt Oliver M. Niederjohann

Rechtsanwalt
Oliver M. Niederjohann
Gocher Str. 15
50733 Köln


Akten-Nr.: …
Ihr Schreiben vom 02.04.2007


Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

in vorbezeichneter Angelegenheit nehme ich ebenfalls Bezug auf die vorangegangene Korrespondenz (ich schlage vor, dass Sie künftig ebenfalls die Formulierung "vorangegangene Korrespondenz" statt "vergangene Korrespondenz" verwenden – die Jahre sind vergangen, aber nicht unser bisheriger Schriftwechsel).

Zur Sache folgendes:
Weil ich die geforderten 90.815,03 Euro momentan nicht passend habe, überweise ich Ihnen einfach 100.000 Euro. Das Wechselgeld dürfen Sie behalten.
Nein, das war ein Scherz.
Kein Scherz ist, dass sich an meiner wirtschaftlichen Situation nichts geändert hat. Ich beziehe immer noch Arbeitslosengeld I, wobei mir nach Abzug der Miete (297 €) sogar 20 € am Hartz-IV-Satz von 345 € fehlen. Diese 20 € spare ich aber ein, indem ich auf Radio, Fernseher, Telefon, gesunde Lebensmittel, Arztbesuche und ähnlichen Luxus verzichte, und das Haus nur verlasse, wenn ich mit dem Hund Gassi gehe oder einkaufen muss (wobei ich mich auf Korn, Kartoffeln, Körnerbrot, Klopapier, Köterfutter beschränke).

Lieber Herr Niederjohann, statt Papier mit sinnlosen Forderungen an mich zu verschwenden, schlage ich vor, dass Sie mal unserer Bundesregierung schreiben und sie bitten, mindestens 4 Millionen Arbeitsplätze zu schaffen. Vielleicht ist ja dann mal einer für mich dabei ...

Wussten Sie, dass ein Arbeitslosengeld-Bezieher genauso viel für seine Hausratversicherung, den Liter Milch, die Schachtel Zigaretten, Hundefutter, Telefon, Strom u. dgl. bezahlen muss wie ein Mensch, der das 10-fache Einkommen hat?
Ja, Sie wussten das sicherlich. Und weil da das Geld selbst bei bescheidenstem Lebensstil nur bis zur Monatsmitte reicht, sind die Leute gezwungen, in Mülltonnen nach Verwertbarem zu suchen (ich weiß das deshalb so genau, weil direkt vor meinem Küchenfenster unser Müllhaus steht; da bleibt der Müllabfuhr nicht mehr viel abzufahren, und die Berliner Stadtreinigung muss die öffentlichen Müllbehälter nur noch halb so oft leeren).

Herzallerliebster Herr Niederjohann, ich danke Ihnen aufrichtig für Ihr Verständnis und bitte Sie im Interesse Ihrer Mandantin, kein Geld für unnötige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zum Fenster hinaus zu werfen.

Mit freundlichem Gruß

Der Mann hat’s kapiert – und er hat mir am 11.04. geschrieben, dass ich ein Jahr lang Ruhe vor ihm habe. Was hätte er auch sonst schreiben sollen?! 😉

11.04.2007 von Rechtsanwalt Oliver M. Niederjohann

Akten-Nr.: … (bitte stets angeben)
Kunden Nr.: …

Volkswohl-Bund Lebensvers. AG
gegen
Herrmann Hans-Jürgen …

Sehr geehrter Herr Herrmann,

in vorbezeichneter Angelegenheit können wir Ihnen mitteilen, dass wir aufgrund Ihrer Einkommenssituation weitere Beitreibungsmaßnahmen zunächst bis zum 30.04.08 ruhend stellen werden.

Diese Ruhendstellung steht unter der Bedingung, dass Sie sich unverzüglich mit uns in Verbindung setzen, sollte sich Ihre finanzielle Situation verbessern, spätestens jedoch am oben genannten Datum.

Selbstverständlich steht es Ihnen frei, jederzeit Teilzahlungen auf die Forderung zu leisten oder diese ganz abzulösen.

Mit freundlichen Grüßen

Original

Dieser Mensch hätte seinen Brief an mich vermeiden sollen, denn nun schickt Google die Leute, die nach Oliver M. Niederjohann suchen, auf diese Seite. Ob das gut für MEINEN RUF ist …? 😎

Sonderlich »berühmt« ist dieser Anwalt aber nicht: Nur 45 Treffer bei Google.
Ich denke, das kann ich ändern …😉

23.09.2015
8 Jahre später zeigt Google beim Suchbegriff Oliver M. Niederjohann diese Seite auf Platz 1.

Immerhin gibt es jetzt 709 statt 45 Suchergebnisse.
Wie schön für ihn …😁

Wenn du mal einen Blick auf seine öde Homepage werfen möchtest: Bildschirmfoto
Man sieht selten eine derart lieblos gemachte Webseite im Internet.
Jeder Anwalt, der was auf sich hält, schüttet seine Besucher mit Infos über seine berufliche Tätigkeit, seine Tätigkeitsschwerpunkte und beruflichen Erfolge zu. Herr Niederjohann tut nichts dergleichen und könnte praktisch auch völlig leere Seiten ins Web stellen. Die hätten denselben Nutzen für seine Besucher und ihn.

13.09.2023, PS:
Da seine Webseite seit mindestens 8 Jahren unverändert ist (sie wurde bisher nicht mal auf https umgestellt, obwohl es praktisch gar keine http-Seiten mehr gibt) und auch seine »Politik«-Seite ebenso lange »Under Construction« ist, halte ich es für möglich, dass der Gute das Zeitliche gesegnet hat. Wenn sein LEBEN genauso »erfüllt« war wie seine WEBSEITE, dann möge er in Frieden ruhn. 

20.01.2025, PS:
Damit es nicht heißt, ich würde mich nicht um meine verblichenen Schulden­eintreiber kümmern:
Ich habe heute wieder mal Herrn Niederjohanns Internet-Präsenz ge- und be-sucht. – Er hat endlich eine neue!
Allerdings ist die noch öder und nichtssagender als die alte. 😞
Bildschirmfoto




© 05.04.2007 HansiHerrmann.de