Antibiotika

… verdrängen positive Darmbakterien

Der wiederholte Gebrauch von Antibiotika hat langfristige Konsequenzen für gutartige Bakterien im menschlichen Darm. Das haben US-Wissen­schaftler durch eine Studie bestätigt, in der die Bakterienpopulationen im Darm dreier Frauen über einen Zeitraum von zehn Monaten untersucht worden waren. Nach einmaliger Gabe des Antibiotikums Ciprofloxacin erholte sich die Darmflora nach kurzer Zeit wieder.

Mehr als 1.000 verschiedene Bakterienarten besiedeln den menschlichen Verdauungstrakt, ihre Gesamtzahl beläuft sich auf rund 10 bis 100 Billionen. Die bakteriellen Gemeinschaften im Darm spielen eine wichtige Rolle bei der Verdauung und bei der Stärkung des Immunsystems. Zudem konkurrieren die gutartigen Keime mit schädlichen Bakterien um die besten Standorte und schützen den Menschen auf diese Weise vor gefährlichen Infektionen. Die Gabe eines Antibiotikums kann dieses Gleichgewicht empfindlich stören, das konnten David Relman und seine Kollegen nun genauer zeigen.

Nach einer ersten Untersuchung der Darmflora der Probandinnen wurde den Frauen fünf Tage lang das Breitbandantibiotikum Ciprofloxacin verabreicht, nach sechs Monaten erhielten sie das Antibiotikum erneut für fünf Tage. Während der gesamten zehn Monate, die als Studienzeitraum angesetzt worden waren, nahmen die Wissenschaftler von jeder Frau mehr als 50 Stuhlproben und bestimmten daraus mit gentechnischen Methoden die Zusammensetzung der Darmflora.

Das Ergebnis: Während der ersten Antibiotikagabe verringerte sich die Zahl der Bakterienarten um etwa ein Drittel. Eine Reihe von normalerweise weniger häufigen Spezies verzeichnete hingegen einen Bevölkerungszuwachs, denn sie konnte nun den Platz der ausgerotteten Arten einnehmen. Schon nach rund einer Woche stellte sich bei zwei der drei Probandinnen allerdings wieder die ursprüngliche Zusammensetzung der Bakteriengesellschaft ein.

Die zweite Antibiotikaverabreichung rief einen weitaus stärkeren Effekt hervor: Bis zum Ende der Studie hatten sich die gutartigen Bakterienpopulationen bei keiner der Versuchsteilnehmerinnen erholen können. Eine derartige Veränderung der Darmflora kann nach Ansicht der Wissenschaftler schwerwiegende Folgen haben: Beispielsweise könnte eine Bakterienart im Darm dauerhaft ausgerottet werden, die zuvor einen Wirkstoff abgesondert hat, der für schädliche Keime giftig ist. Das Verschwinden des gutartigen Bakteriums würde sich eventuell erst Jahre später bemerkbar machen, sobald der betreffende Krankheitserreger in den Darm eindringt.

Die Studie solle keinesfalls beweisen, dass Ciprofloxacin schädlich sei, und nicht mehr verwendet werden solle, bemerkt Relman, doch werfe sie wichtige Fragen im Zusammenhang mit möglichen Langzeitfolgen von Antibiotika auf. Zudem sei es wichtig, zukünftig nicht nur zu untersuchen, welche Bakterien von einem Antibiotikum getötet werden, sondern auch, welche der Gesundheit des Patienten zuträglichen Eigenschaften mit ihnen verschwinden.

16.09.2010 © dapd




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