03. Besuch und Nutzung von Hochseilgärten im Rahmen von
schulischen Veranstaltungen
03a. Pädagogische und methodische Überlegungen
Die Nutzung von
Hochseilgärten im Schulsport sollte nicht nur ein isoliertes Angebot mit »Event-Charakter«
darstellen, sondern vielmehr eingebettet werden in die Unterrichtsgestaltung nach den Richtlinien
und Lehrplänen mit ihren pädagogischen Intentionen. Damit wird der Besuch eines Hochseilgartens zu
einem Teil oder Höhepunkt einer langfristig angelegten Unterrichtsplanung unter didaktischen und
methodischen Überlegungen.
Die methodische Aufbereitung von Lerninhalten ist – wie für den Sportunterricht
allgemein – auch in der Erlebnispädagogik von besonderer Wichtigkeit, da hier durch eine
Überforderung Ängste unterstützt oder sogar auf- und ausgebaut werden können. Es sind daher
besondere Prinzipien zu berücksichtigen, die eine unterstützende und fördernde Wirkung bei der
Nutzung von Seilgartenelementen haben können.
Unter anderem sind dies:
- Der Prozess des Erlebens steht im Mittelpunkt.
- Die Entscheidungsfreiheit und Zwanglosigkeit für alle beteiligten Kinder und Jugendlichen müssen
möglich sein.
- Die Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten soll gefördert und gefordert werden.
- Sas Verantwortungsbewusstsein gegenüber anderen Beteiligten soll gefördert werden.
- Es sollten Elemente ausgewählt werden, die von allen zu bewältigen sind.
- Methodische Grundsätze sollten berücksichtigt werden (vom Leichten zum Schweren, vom Bekannten
zum Unbekannten, etc.).
- Gruppendruck ist zu vermeiden und die positive Unterstützung durch die Gruppe soll gefördert
werden.
- Der Einsatz und die Auswahl der Seilgartenelemente sollte auch vor dem Hintergrund der
Übertragbarkeit auf Alltags- oder Lebenssituationen getroffen werden.
Ein Schwerpunkt erlebnispädagogischer Arbeit in Seilgärten im Rahmen des Schulsports liegt auf
der Entwicklung von Sozial- und Selbstkompetenz. Neben den allgemeinen Zielsetzungen für den
Schulsport bildet die Förderung von Verantwortung füreinander eine wichtige pädagogische
Zielsetzung im Rahmen solcher Angebote.
03b. Voraussetzungen bei Schülerinnen und Schülern
Über das geplante Programm und die ggf. damit verbundenen Anforderungen sind die
Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern vorab zu informieren. Da die körperlichen und psychischen
Anforderungen bei der Bewältigung von Seilgartenelementen sehr hoch sein können, müssen vor dem
Besuch von Hochseilgärten Informationen zu eventuellen körperlichen Einschränkungen (z.B.
Verletzungen oder Erkrankungen) von den Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern eingeholt
werden.
03c. Aufgaben von Lehrkräften
Die Nutzung kommerzieller
Hochseilgärten erfordert eine intensive Vorbereitung durch die unterrichtenden Lehrkräfte, da sich
die Rahmenbedingungen dieses außerschulischen Lernorts grundsätzlich von denen der schulischen
Sportstätte unterscheiden (z.B. viele Gruppen auf engem Raum, Unübersichtlichkeit des Geländes,
Ablenkung durch die natürliche Umgebung, erschwerte Kommunikation durch größere Entfernung zwischen
Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern). Auch wenn fachkundiges Personal die Lerngruppe
übernimmt, ist die Lehrkraft für diese schulische Veranstaltung im schulrechtlichen Sinne,
insbesondere für die Aufsicht, verantwortlich. Sie hat sich in der Vorbereitung über die örtlichen
Gegebenheiten, den organisatorischen und inhaltlichen Ablauf, die Qualifikation des betreuenden
Personals und die Sicherheitseinrichtungen und -verfahren zu informieren.
Des Weiteren sind für die inhaltliche Umsetzung und Organisation folgende
Fragestellungen wichtig:
- Welche Zielsetzung unterstützen die einzelnen Seilgartenelemente?
- Wie viele Personen können an wie vielen Elementen gleichzeitig oder parallel beschäftigt
werden?
- Wie liegen die Verhältnisse zwischen Aktivität und passiver Teilnahme?
- Wie sind die Verantwortlichkeiten durch die Art der jeweiligen Sicherungssysteme verteilt?
Soll die Lehrkraft in sicherheitstechnische Aufgaben mit eingebunden werden, so muss sicher
gestellt sein, dass sie eine entsprechende Einweisung von geschultem Personal erhält und diese
Aufgaben erfüllen kann. Sie muss die kontinuierliche Aufsicht über ihre Lerngruppe übernehmen und
den Trainer und den Prozess unterstützen, z.B. durch organisatorische und disziplinarische
Maßnahmen.
Mit dem Seilgartenbetreiber bzw. dem Betreuungspersonal ist insbesondere die Art der
Beaufsichtigung über die Lerngruppe abzuklären – insbesondere an den Stellen im Seilgarten, an
denen die Selbstsicherungen von den Schülerinnen und Schülern selbsttätig aus- und umgehängt werden
müssen, um ein neues Aktionselement zu erreichen
(vgl. Selbstsicherung⮧).
03d. Auswahl des Anbieters
Bei der Nutzung von Seilgärten im Rahmen von Schulausflügen, Kursprogrammen oder zur
Einbettung in den Unterricht hat die verantwortliche Lehrkraft im Vorfeld zu überprüfen, ob das zu
besuchende Objekt den gängigen Standards oder Normen entspricht. Hierzu sollte sie sich vom
Betreiber bestätigen lassen, dass der ausgewählte Seilgarten nach aktuellen Standards (z.B. ERCA –
European Ropes Course Association, 2004) und Normen gebaut wurde, betrieben wird und eine
regelmäßige Prüfung nachgewiesen ist.
Betreiber von Seilgärten sind nach der Übergabe der erstellten Anlage durch den
Erbauer für den ordnungsgemäßen Betrieb und die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ihres
Seilgartens verantwortlich und haftbar. Die hierfür notwendigen Aufgaben und Pflichten sind
abhängig von der Konstruktion und Lage der Anlage. Bestimmte Maßnahmen gelten jedoch für alle
Seilgärten. Diese Aufgaben und Maßnahmen werden auch als Aufsichts- und Sorgfaltspflichten
bezeichnet. Der Betreiber muss klar regeln, welche Personen welche Art der Verantwortung zu welchem
Zeitpunkt haben und wie diese wahrgenommen wird. Folgende Punkte sind mit dem Betreiber
abzuklären:
- Durchführung einer Gefährdungsanalyse.
- Einsatz von geschultem Personal.
- Betrieb nach gängigen Standards und Normen.
- Durchführung von Sicht- und Funktionsprüfungen sowie wiederkehrenden Prüfungen der gesamten
Anlage inkl. des Sicherungsmaterials.
- Sicht- und Funktionsprüfung der Sicherungsmaterialen vor jeder Nutzung.
- Sicherstellen des ordnungsgemäßen Einsatzes und Gebrauchs der verwendeten Sicherungssysteme.
- Vermeidung einer unbefugten Nutzung durch Dritte.
- Bereitstellung eines Notfallplans (u.a. Erste-Hilfe-Maßnahmen, Rettungsverfahren, Übungen).
- Führen eines Betriebshandbuches.
Bestehen nach Einholen dieser Informationen Zweifel an der Seriosität des Anbieters, die nicht
ausgeräumt werden können, sollte die verantwortliche Lehrkraft das Angebot ablehnen und sich um
Alternativen bemühen.
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