Sicherheit fördern im Kindergarten
guv-si-8045

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  1. Einleitung
  2. Das Unfallgeschehen im Kindergarten und Folgerungen für die Sicherheitserziehung
  3. Körperliche Entwicklung der Kinder zwischen 3 und 6 Jahren und ihre Bedeutung für die Sicherheitserziehung
    1. Gestaltwandel und Entwicklung körperlicher Fähigkeiten
    2. Möglichkeiten der Förderung körperlicher Fähigkeiten
    3. Beispiele für den Einsatz von Spielen zur Förderung körperlicher Fähigkeiten in einem Kindergarten
  4. Entwicklungspsychologische Grundlagen der Sicherheitserziehung
    1. Denken
    2. Gedächtnis
    3. Sprache
    4. Beurteilungsvermögen
    5. Wahrnehmung
    6. Imitationslernen und Verhaltensgewohnheiten
    7. Verhaltenssteuerung und Aufmerksamkeit
    8. Gefahrenbewusstsein
  5. Vorschläge für die Sicherheitserziehung im Kindergarten
  6. Spiele zur Wahrnehmungsförderung
    1. Spiele zur Förderung der kinästhetischen Wahrnehmung
    2. Spiele zur Förderung der vestibulären Wahrnehmung
    3. Spiele zur Förderung der taktilen Wahrnehmung
    4. Spiele zur Förderung der auditiven Wahrnehmung
    5. Spiele zur Förderung der visuellen Wahrnehmung
  7. Literatur
  8. Autor
  9. Impressum

01. Einleitung

Tageseinrichtungen für Kinder haben heute viele Aufgaben zu leisten, die früher primär dem Elternhaus vorbehalten waren.
Dazu zählt vor allem die Förderung der Kinder in ihrer kognitiven, körperlichen, emotionalen und sozialen Entwicklung. Die Bewahrung vor Unfällen und das Heranführen an einen angemessenen Umgang mit den Gefahren des Alltags sind dabei wichtige Teilbereiche.
Besonderer Schwerpunkt der Sicherheitsförderung in Kitas und der pädagogischen Arbeit ist die Sicherheitserziehung, das bedeutet,

  • den Kindern Wissen und Fähigkeiten vermitteln, die die Sicherheit fördern,
  • bei den Kindern eine positive Einstellung zu sicherem Verhalten festigen,
  • die Kinder motivieren, Wissen und Fähigkeiten in entsprechende sicherheitsförderliche Handlungen umzusetzen.
  • Dabei ist die Vermittlung von Risikokompetenz, d.h. die Fähigkeit und Bereitschaft Gefahren zu erkennen, zu bewältigen und möglichst zu beseitigen, um dadurch neue Sicherheit zu erlangen, von besonderer Bedeutung.
    Kinder müssen lernen, mit Risiken kompetent umzugehen.
    Dazu gehört, dass sie im Laufe der Zeit sicherheitsverträgliche Verhaltensmuster aufbauen. Erzieherinnen und Erzieher können dazu beitragen, indem sie den Kindern die Möglichkeit zu einer handelnden Auseinandersetzung mit realen Risiken geben, dabei das Risiko dosieren und kalkulierbar machen. Risikosituationen sollen derart gestaltet werden, dass die Kinder bei den Aufgaben realistische Bewältigungschancen haben und ein Scheitern keine gesundheitlichen Schädigungen nach sich zieht.

    Hohe Unfallzahlen im Kindesalter lassen einen deutlichen Handlungsbedarf erkennen. Der Förderung der Sicherheit von Kindern und Jugendlichen kommt daher eine besondere Bedeutung zu.
    In Tageseinrichtungen werden Kinder in einer Entwicklungsphase erreicht, in der Verhaltensweisen noch ausgeprägt und gebildet werden. Die in der Kindheit entwickelten Verhaltensweisen und Lebensstile sind für den Umgang mit Risiken und Konflikten in der Regel ein Leben lang bestimmend. So erhält die Tageseinrichtung für Kinder im Prozess der Verhütung von Unfällen und des Aufbaus von Sicherheitsbewusstsein einen hohen Stellenwert. Sie ist ein Lern-, Lebens- und Erfahrungsraum, in dem die Kinder und die Erzieherinnen und Erzieher einen großen Teil ihrer Zeit verbringen und dessen Gestaltung in baulicher, organisatorischer und sozialer Hinsicht für ihre Sicherheit und Gesundheit von großer Bedeutung ist.

    Diese Broschüre wendet sich besonders an Erzieherinnen und Erzieher, die Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren betreuen, also im Bereich "Kindergarten" tätig sind. Sie stellt nach einem kurzen Überblick über das Unfallgeschehen in Kindergärten sowohl die Grundlagen der körperlichen Entwicklung als auch die entwicklungspsychologischen Grundlagen in der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen und ihre Bedeutung für die Sicherheitsförderung dar.
    Es wird aufgezeigt, dass

  • es nicht schwer ist, das Bewusstmachen von Risiken und das Lernen des Umgangs mit diesen in den normalen Alltag von Kindergärten zu integrieren,
  • dazu, wie auch bei anderen Sachverhalten, bestimmte entwicklungspsychologische und -physiologische Voraussetzungen der Kinder beachtet werden müssen,
  • die Förderung der motorischen und sensorischen Fähigkeiten eine besondere Bedeutung hat und
  • eine solche Sicherheitsförderung den Kindern auch Spaß machen kann.
  • Die Ausführungen werden durch Spielvorschläge (vor allem im Bereich Bewegung) und praktische Beispiele ergänzt, die im Kindergartenalltag einfach umzusetzen sind.

    Diese Broschüre versteht sich als praktischer Leitfaden für Erzieherinnen und interessierte Eltern – nicht als eine wissenschaftliche Publikation. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde daher auf Quellenangaben im Text weitgehend verzichtet. Einige Literaturempfehlungen⮧ finden sich gleichwohl im letzten Abschnitt.

    Aus Platzgründen wird im Text durchgehend von Erzieherinnen gesprochen, da diese den weitaus größten Teil des pädagogischen Personals der Kindergärten stellen. Erzieher sowie andere Berufsgruppen, die in Kindergärten pädagogisch arbeiten, sind hier selbstverständlich ebenfalls angesprochen.

    Es ist zu hoffen, dass diese Publikation dazu beiträgt, in den Kitas die Sicherheitsförderung noch stärker zu verankern und dadurch Unfälle zu verhüten.

    02. Das Unfallgeschehen im Kindergarten und Folgerungen für die Sicherheitserziehung

    Bevor wir uns näher mit der Sicherheitserziehung selbst beschäftigen, möchten wir zunächst zeigen, wo und unter welchen Bedingungen sich die meisten Unfälle in Kindergärten ereignen.
    Entsprechend der Statistik des Bundesverbandes der Unfallkassen verteilen sich die Unfallschwerpunkte im Kindergartenbereich wie folgt:

    • 39 % Außengelände des Kindergartens
    • 35 % Gruppenräume des Kindergartens
    • 13 % sonstige Räume des Kindergartens (Flure, Eingangshallen, Waschräume, Toiletten)
    • 6 % beim Sport in Bewegungs-/Mehrzweckräumen bzw. Sporthallen
    • 4 % Wegeunfälle
    • 3 % auf Ausflügen, Wanderungen etc.

    Betrachtet man typische Kindergartenunfälle genauer, so ist Folgendes zu erkennen:

  • Drei- und sechsjährige Kinder sind häufiger an Unfällen beteiligt als Vier- und Fünfjährige. Für die Erzieherinnen in den Einrichtungen heißt das, dass Kinder in den kritischen Phasen »Eintritt in den Kindergarten« und »Übertritt in die Schule« einer besonderen Betreuung bedürfen.
  • Noch deutlichere Unterschiede als zwischen den Altersgruppen gibt es zwischen den Geschlechtern: Jungen sind etwa doppelt so häufig an Unfällen beteiligt wie Mädchen; bei Unfällen mit schweren Folgen gibt es hingegen keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.
  • Am auffälligsten ist die Verteilung der Unfälle über den Tag.
    Am frühen Vormittag ereignen sich relativ wenig Unfälle. Ab 10.30 Uhr beginnen die Unfallzahlen stark anzusteigen und erreichen zwischen 11.30 und 12.00 Uhr ihren Tageshöhepunkt. Nach einem Rückgang in den frühen Nachmittagsstunden ist zwischen 15.00 und 16.30 Uhr ein zweiter, flacherer »Unfallgipfel« zu erkennen. Der starke Anstieg der Unfallzahlen vor 12.00 Uhr geht ausschließlich auf Unfälle im Kindergarten-Außengelände zurück. Dies wird durch einen Blick in den typischen Kindergarten-Tagesablauf erklärlich: Nach relativ ruhigem Spiel in der Gruppe und nach einem Frühstück halten sich am späten Vormittag die meisten Kinder auf dem Spielplatz und dem übrigen Außengelände der Einrichtung auf. Ein Teil der Kinder wird dann um 12.00 Uhr abgeholt.
    guv-si-8045_2-1.webp In der Tabelle sind die Unfallzahlen im Kindergartengebäude und auf dem Außengelände für jede halbe Stunde während der üblichen Öffnungszeiten der Kindergärten angegeben.
    Es zeigt sich, dass (noch stärker als der prozentuale Anteil der Nutzung des Außengeländes am späten Vormittag) die Unfallzahlen zwischen 10 und 12 Uhr stark ansteigen. Die gleiche Entwicklung (wegen der geringeren Kinderzahl auf niedrigerem Niveau) zeigt sich am späten Nachmittag.
  • Drei Faktoren sind dabei für die in der Grafik dargestellte Verteilung der Unfälle von besonderer Bedeutung:

  • Der Spielplatz ist auf Grund des sehr dynamischen Spiels ein Ort im Kindergarten mit hohem Unfallrisiko. Dies gilt umso mehr, wenn man die (im Vergleich zum Kindergarten-Gebäude) geringere durchschnittliche Aufenthaltsdauer berücksichtigt.
  • Durch das eher ruhigere Spiel in der Gruppe hat sich bei den Kindern viel Bewegungsdrang »aufgestaut«, der sich dann in der Phase des Spiels auf dem Außengelände am späten Vormittag entlädt.
    Eine kurze Phase angeleiteter Bewegung vor dem freien Spiel auf dem Außengelände könnte hier Abhilfe schaffen.
  • In der Abholphase sind neben der »normalen« Betreuung der Gruppe häufig Zusatzarbeiten wie Essensvorbereitungen oder Elterngespräche notwendig. Die Aufsicht kann in dieser Zeit nicht im gewohnten Umfang aufrechterhalten werden. Zeiten geringerer Betreuung kommen auch aus anderen Gründen vor.
    Ziel der Sicherheitserziehung muss es daher sein, die Kinder in die Lage zu versetzen, sicheres Verhalten auch ohne permanenten Anstoß von außen zu zeigen.
  • guv-si-8045_2-2.webp Der typische Kindergartenunfall ist ein Sturzunfall (ca. 70 %), der meist zu Verletzungen im Kopfbereich führt. Diese Unfälle lassen sich zwar zum Teil durch technische Maßnahmen wie die Beseitigung von Stolperstellen oder die Abpolsterung von Ecken vermeiden. Wichtiger ist aber, die Kinder in die Lage zu versetzen, langfristig in einer weitgehend nicht »abgepolsterten« Welt mit Risikosituationen zurechtzukommen.

    Der gezielte Aufbau sicheren Bewegungsverhaltens ist hierbei ebenso wichtig wie die Förderung des Gefahrenbewusstseins der Kinder. Gerade die Fertigkeiten, sich bei Stürzen abzufangen, beim Laufen anderen Kindern auszuweichen oder (etwa beim Zufallen einer Tür) schnell zu reagieren, sind besonders wichtig, denn durch sie lassen sich die Ursachen der meisten Unfälle beseitigen. Diese motorischen Fertigkeiten lassen sich im Rahmen des Kindergartens sehr gut spielerisch fördern.

    Bei Unfällen durch Elektrizität, Feuer, Hitze und Gifte ist neben technischen und organisatorischen Maßnahmen eine Verdeutlichung der Gefahren für die Kinder wichtig. Unfälle mit diesen Ursachen sind in Kindergärten zwar äußerst selten (unter 3 %), sie stellen aber die größten Gefahren für Leib und Leben dar. Außerdem kommen diese Gefahren auch außerhalb des Kindergartens im Alltagsleben (z.B. im Elternhaus) so häufig vor, dass eine effektive Sicherheitserziehung unbedingt auf sie eingehen sollte.

    guv-si-8045_2-3.webp Gleiches gilt für die Gefahren des Straßenverkehrs. Zwar machen Wegeunfälle nur einen geringen Teil der Kindergartenunfälle aus, sie führen aber häufiger zu schweren Folgen. Die Fähigkeit, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen, wird auch im Freizeitbereich häufig benötigt, sodass die Verkehrserziehung als ein wichtiges Teilgebiet der Sicherheitserziehung anzusehen ist.

    03. Körperliche Entwicklung der Kinder zwischen drei und sechs Jahren und ihre Bedeutung für die Sicherheitserziehung

    guv-si-8045_3.webp Die motorischen und sensorischen Fähigkeiten von Kindern gelten häufig als Bereiche, die sich – im Gegensatz etwa zur Kognition – »von selbst« entwickeln und somit in pädagogischen Einrichtungen nicht gezielt gefördert werden müssen. Dabei wird übersehen, dass heute viele Kinder in einer Umgebung aufwachsen, in der die normale Bewegungsentwicklung stark eingeschränkt ist. So fehlen vor allem gefahrlos erreichbare Bewegungsräume im näheren Wohnumfeld:
    Noch bis in die 50er Jahre stellte die Straße einen großen, relativ gefahrlos bespielbaren und überall erreichbaren Spielraum dar. Diese miteinander vernetzten Spielflächen erlaubten den längeren Aufenthalt vonKindergruppen und boten damit ideale Bedingungen für gemeinsames Spiel. Auf Grund des explosionsartig angewachsenen Straßenverkehrs seit dieser Zeit sind sowohl die Fahrbahnen als auch die Bürgersteige (Nutzung als Parkplätze) zum Spielen ohne Risiko nicht mehr nutzbar. Auch Höfe werden häufig als Parkflächen oder gewerblich genutzt und entfallen ebenfalls als Spielzonen. Es verbleiben somit als Bewegungsflächen für Kinder einzig die Spiel- und Sportplätze. Diese haben allerdings den Nachteil, häufig nur nach der Überquerung stark befahrener Straßen erreichbar zu sein und somit jüngeren Kindern nur dann zur Verfügung zu stehen, wenn sie durch Erwachsene bzw. ältere Geschwister begleitet werden.

    Die beschriebene Situation wird dadurch verschärft, dass Gleichaltrige als potenzielle und für viele Bewegungsspiele notwendige Spielgefährten im näheren Wohnumfeld häufig nicht vorhanden sind. Das Angebot an bewegungsarmen Spielen sowie Medien nimmt im Gegenzug permanent zu und wird von den Kindern auch genutzt: So sind tägliche Fernseh- und Videozeiten von mehreren Stunden bereits bei Vorschulkindern keine Seltenheit. Es verwundert daher nicht, dass sich die tägliche Bewegungszeit der Kinder in den letzten 20 Jahren halbierte.

    Diese Situation muss bei der Förderung der motorischen und sensorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten berücksichtigt werden. Sie dokumentiert aber auch die Notwendigkeit dieser Förderung. Aus diesem Grund werden nachfolgend der Entwicklungsverlauf im Bereich der Motorik sowie praxisgerechte Förderungsmöglichkeiten aufgezeigt.


    03a. Gestaltwandel und Entwicklung körperlicher Fähigkeiten

    In der Zeit zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr durchlaufen die Kinder ihren ersten Gestaltwandel. Ihre Figur entwickelt sich dabei von der so genannten Kleinkindform zur Schulkindform, die bis zur Pubertät erhalten bleibt. Nicht alle Kinder machen den Gestaltwandel im gleichen Alter durch: Bei Frühentwicklern beginnt er bereits vor dem dritten Lebensjahr; extreme Spätentwickler haben ihn hingegen mit sechs Jahren noch vor sich. Bei den meisten Kindern findet er aber im Kindergartenalter statt.

    Die Körperform bestimmt stark die motorischen Möglichkeiten der Kinder. Aus diesem Grund soll hier zunächst die Kleinkindform dargestellt werden:

    guv-si-8045_3a.webp Kinder in diesem Entwicklungsstadium weisen andere Proportionen der verschiedenen Körperteile zueinander auf als Jugendliche oder Erwachsene. So besitzen sie einen stark überproportionierten Kopf, während Arme und Beine vergleichsweise kurz sind. Der Rumpf ist ebenfalls relativ groß und breit. Er hat eine zylindrische Form, da Schultern und Becken gleich breit sind und eine Taille fehlt. Der Bauch ist vorgewölbt; die Schultern hängen herab. Die Muskeln sind noch schwach ausgebildet – insbesondere an den Armen. Die äußere Form wird nicht durch die Muskulatur, sondern durch Fettpolster bestimmt. Beim Gehen werden die Füße noch nicht weit angehoben und ganzflächig aufgesetzt – die spätere Abrollbewegung fehlt.

    Im Gestaltwandel ändert sich diese Form stark: Die Kinder in der Schulkindform haben relativ längere Arme und Beine und einen relativ kleineren Kopf und Rumpf. Die Muskulatur nimmt stark zu und beginnt nun, die äußere Form des Kindes zu bestimmen. Gleichzeitig geht der Anteil der Fettpolster stark zurück – die Kinder wirken häufig sehr schlank. Auch der Rumpf ändert dadurch seine Form. So verkleinert sich der Bauch und steht nicht mehr so weit hervor. Außerdem sind nun Taille und Brustkorb zu erkennen.

    Generell erfolgt die motorische Entwicklung der Kinder in zwei Phasen: Zuerst bildet sich die Grobmotorik, dann die Feinmotorik heraus. Zu den grobmotorischen Fähigkeiten, die sich primär in den ersten vier Lebensjahren entwickeln, zählt neben dem Gehen, Laufen oder Springen auch das Schwimmen. Ab dem fünften Lebensjahr beginnt die Entwicklung der feinmotorischenFähigkeiten wie Greifen, Werfen, Ballfangen, Basteln und Schreiben. Eine normale Entwicklung der Grobmotorik ist Voraussetzung für die Ausbildung der Feinmotorik. Übungen zur Förderung der verschiedenen Arten der Motorik sollten also bei jüngeren Kindern schwerpunktmäßig die Grobmotorik, danach erst die Feinmotorik behandeln.

    Wie oben bereits erwähnt, sind alle angegebenen Altersnormen nur Anhaltswerte. Gerade die körperliche Entwicklung verläuft unterschiedlich schnell und in verschiedener Ausprägung. Dies muss bei allen Maßnahmen zur Förderung körperlicher Fähigkeiten beachtet werden.

    Sicherheitserziehung hat zum Ziel, die Kinder zu befähigen, adäquat mit den Gefahren des Alltags umzugehen. Zur Vermeidung von Kindergartenunfällen sowie zur Bewältigung der Gefahren des Straßenverkehrs kann eine Förderung der körperlichen Leistungsfähigkeit entscheidend beitragen. Außerdem erwerben die Kinder dadurch Grundlagen für spätere körperliche Anforderungen – z.B. beim Schulsport. Im folgenden Abschnitt sollen einige Förderungsmöglichkeiten vorgestellt werden.


    03b. Möglichkeiten der Förderung körperlicher Fähigkeiten

    Eine Förderung der körperlichen Fähigkeiten hängt von zwei Komponenten ab. Zunächst muss der Organismus weit genug entwickelt sein, um von den Maßnahmen profitieren zu können.
    So ist es sinnlos, bei dreijährigen Kindern feinmotorische Fähigkeiten wie zum Beispiel die Geschicklichkeit der Hände gezielt fördern zu wollen.

    Die eigentliche Entwicklung der Fähigkeiten wird durch gezielte Belastung des Organismus erreicht. So führen etwa genügend große und genügend häufige Belastungen der Armmuskulatur dazu, dass diese verstärkt wird. Mit der Stärkung der Muskeln ist dann ein Zuwachs an Armkraft und damit indirekt eine Verbesserung der Bewegungsfähigkeit, zum Beispiel beim Klettern, verbunden. Das Gleiche gilt auch für die anderen Bereiche. Insbesondere die koordinativen Fähigkeiten profitieren auch physiologisch von jeder Übung, da sich Verbindungen zwischen Nervenbahnen erst in der Praxis bilden bzw. erweitern.

    Eine Förderung ist nur dann erfolgreich, wenn die Belastung lange genug erfolgt. Da aber die Bereitschaft der Kinder, gleiche Bewegungen lange auszuführen, stark von ihrer Motivation abhängt, ist es sinnvoll, alle derartigen Übungen in Spielhandlungen einzubauen. Diese haben darüber hinaus den Vorteil, dass auch das Engagement der Kinder größer ist und sie ihnen mehr Spaß machen als »reine Konditionsübungen«.

    Natürlich sollten die Übungen nicht so lange dauern, dass sie zu einer Überlastung der Kinder führen. Durch Überlastungen wird der Übungserfolg in Frage gestellt, zudem führen sie zu einer erhöhten Unfallwahrscheinlichkeit. Abhilfe bringen hier genügend Pausen sowie Beachtung der individuellen Leistungsgrenzen jedes Kindes.

    Die Ausscheidungsspiele (z.B. »Reise nach Jerusalem«) weisen im Übrigen für die obigen Zwecke die größten Probleme auf. Die körperlich am wenigsten entwickelten Kinder benötigen eine Förderung in besonderem Maße. In den üblichen altersgemischten Gruppen scheiden diese Kinder bei Ausscheidungsspielen in der Regel als Erste aus. Während bei den stärkeren Kindern die Motorik weiter gefördert wird, müssen die schwächeren Kinder zusehen, was auch zu psychischen Belastungen führen kann.
    Das ursprüngliche Ziel der Förderung ist bei Ausscheidungsspielen ins Gegenteil verkehrt. Man sollte möglichst auf sie verzichten oder an Stelle des Ausscheidens zusätzliche motorische Aufgaben einführen (z.B. Dinge holen, »Ehrenrunden«).

    Dies gilt nicht unbedingt für Wettbewerbsspiele allgemein, bei denen alle Kinder die gleichen Aufgaben erhalten. Bei motorisch gut entwickelten Kindern kann ein Wettbewerb das Interesse am Spiel durchaus erhöhen. Zu bedenken ist allerdings, dass die psychischen Belastungen der »ewigen Verlierer« auch hier auftreten.
    Man sollte diese Spiele daher nur in Gruppen spielen, in denen jedes Mitglied in der Lage ist, ein solches Spiel zu gewinnen.

    Zur praktischen Arbeit in der Einrichtung sind nun einige motorische Fähigkeiten sowie Bewegungsabläufe aufgeführt, deren Förderung zur Vermeidung von Unfällen im Kindergarten beitragen könnte. Zur Förderung der dargestellten körperlichen Fähigkeiten sind anschließend entsprechende Übungen (mit dem optimalen Förderungsalter) aufgeführt. Die Einbettung dieser Übungen in Spiele sollte dann durch die Erzieherinnen in den Kindergärten erfolgen.

    guv-si-8045_3b-1.webp Die Kraft (insbesondere in Armen und Beinen) verdoppelt sich etwa im Laufe des Gestaltwandels.
    Während sie bei jüngeren Kindergartenkindern noch sehr schwach ausgebildet ist, können Vorschulkinder (im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht) bessere Werte als untrainierte Erwachsene erzielen. Die geringe Kraft gerade der drei- und vierjährigen Kinder ist eine Ursache für viele Sturzunfälle bzw. für deren Folgen. So können sich zum Beispiel viele Kinder auf Klettergerüsten noch nicht ausreichend festhalten. Außerdem fehlt noch die Fähigkeit, sich bei Stürzen mit den Armen abzufangen.

    Ausreichende Kraft ist generell eine wichtige Voraussetzung für nahezu alle körperlichen Aktivitäten. Eine Förderung der Muskulatur im Arm-, Bein- und Rumpfbereich sollte möglichst früh (mit etwa drei Jahren) begonnen werden. Dies ist besonders wegen des ungünstigen Körperbaus vor dem ersten Gestaltwandel bedeutsam, der zu vielen instabilen Bewegungen führt.
    Nötig ist vor allem die Förderung der Kraft in den folgenden Muskelpartien:

    … Hand- und Armbeugemuskulatur können durch alle Spiele gefördert werden, in denen die Kinder entweder an etwas ziehen müssen oder in denen sie sich selbst (z.B. auf einer Turnbank entlang) ziehen müssen.

    … Die Armstreckmuskulatur wird durch alle Spiele gefördert, bei denen etwas wegzuschieben ist (z.B. Kindergruppen gegeneinander). Eine andere Möglichkeit ist das Laufen auf allen Vieren.

    … Durch Laufspiele oder alle Spiele, in denen sich die Kinder hüpfend fortbewegen (auf einem oder zwei Beinen), werden die Beinstreckmuskeln gekräftigt.

    guv-si-8045_3b-2.webp Die Schnelligkeit der Kinder steigt zwischen drei und sechs Jahren ebenfalls stark an. Während sich die Schnelligkeit der Armbewegungen etwa verdoppelt, steigert sie sich beim Laufen um ca. 30 %. Schnelligkeit wird zum Beispiel beim Überqueren von Straßen benötigt.
    Reaktionsschnelligkeit ist für sicheres Verhalten in verschiedenen Situationen besonders wichtig. Große Bedeutung besitzt sie für das Verhalten im Straßenverkehr, bei dem auf der Grundlage verschiedener Informationen in sehr kurzer Zeit reagiert werden muss.

    Eine Förderung der Reaktionsschnelligkeit wird vor allem durch Spiele erreicht, bei denen auf ein bestimmtes Zeichen hin unmittelbar eine Handlung folgen muss. Bei älteren Kindergartenkindern sollten die Zeichen unterschiedlich und die Situationen komplex sein. So kann zum Beispiel durch verschiedenfarbige Tücher, die hochgehalten werden, eine Ampel simuliert werden. Bei jeder Farbe ist eine andere Reaktion der Kinder gewünscht. Mit solchen Spielen können nebenbei auch noch Farben und Formen erlernt werden.

    guv-si-8045_3b-3.webp Die Ausdauer ist bei den Kindergartenkindern bereits vorhanden.
    Sie ist aber sehr stark von der Motivation der Kinder abhängig (große Ausdauer bei attraktiven Spielen, geringe bei unbeliebten Tätigkeiten). Auf das Unfallgeschehen der Kinder im Kindergartenalter hat die körperliche Ausdauer mit Sicherheit Einfluss.
    Kinder, die noch nicht zu Ausdauerleistungen bei Bewegungsspielen fähig sind, ermüden schneller und spielen unkonzentrierter. Außerdem lässt die Steuerung der Bewegungen nach. Die Gefahr eines Unfalls durch »Unachtsamkeit« steigt dadurch an.
    Ausdauer kann man am besten durch Laufspiele verbessern. Hierzu zählen zum Beispiel Staffel- oder Fangspiele. Mit der Förderung der Ausdauer sollte nicht zu früh begonnen werden; drei- und vierjährige Kinder könnten sonst leicht überfordert werden.

    guv-si-8045_3b-4.webp Das Gleichgewicht ist bei Kindern von drei bis vier Jahren noch äußerst gering ausgeprägt – insbesondere, wenn die Kinder nicht sehen, wo sie gehen (z. B. im Dunkeln oder mit verbundenen Augen). Im Laufe des Gestaltwandels verbessert sich der Gleichgewichtssinn etwa um das Vierfache. Mangelndes Gleichgewicht ist eine Ursache vieler Sturzunfälle auf Rutschbahnen oder mit Fahrrädern.
    Eine Förderung des Gleichgewichts ist durch alle Spiele möglich, bei denen sich die Kinder in instabilen Lagen halten müssen (z.B. im Sitzen etwas an einen weiter entfernten Partner weiterreichen müssen). Das Gleichgewicht wird im Übrigen auch durch eine gekräftigte Rumpfmuskulatur verbessert.

    guv-si-8045_3b-5.webp Die Koordination der Bewegungen ist bei Eintritt in den Kindergarten noch sehr gering ausgebildet. Sie steigt aber dann sehr stark an; so verbessert sich bei einigen Kindern die Bewegungskoordination während des Gestaltwandels um das Achtfache. Die Bewegungskoordination ist grundlegend für alle Bewegungen ohne »anzuecken« – insbesondere für das Ausführen von Bewegungsfolgen in der richtigen Reihenfolge oder für parallele Handlungen. Sie ist auch für das Verhalten im Straßenverkehr wichtig. So muss manchmal mitten in einer Vorwärtsbewegung abgestoppt oder die Richtung gewechselt werden (wenn z. B. plötzlich ein Hindernis im Weg steht). Mangelnde Bewegungskoordination ist eine Ursache vieler Zusammenstöße mit Personen oder Gegenständen.
    Zur Förderung der Bewegungskoordination eignen sich alle Spiele, bei denen entweder Bewegungen auf ein Signal hin unterbrochen werden müssen (z.B. »Ochs am Berg«) oder bei denen Änderungen der Bewegungsrichtung notwendig sind (z.B. Slalomlauf). Mit Spielen zur Förderung der Bewegungskoordination sollte zweckmäßigerweise erst im Alter von ca. fünf Jahren begonnen werden.

    guv-si-8045_3b-6.webp Richtiges Gehen ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Es setzt aber eine entsprechend ausgebildete Beinmuskulatur und ein entsprechendes Bewegungsmuster voraus. Die jüngsten Kindergartenkinder mit ihrer schwachen Muskulatur und ihren kurzen Beinen gehen sehr charakteristisch: Sie heben ihre Füße kaum an und setzen sie mit der ganzen Sohle auf. Sie stolpern aus diesem Grund oft über kleinste Bodenunebenheiten.
    Ziel einer Förderung ist ein stärkeres Anheben und besseres Abrollen der Füße beim Gehen. Dies ist zum Beispiel durch Sprünge, Sprunglauf oder »Pferdchenlauf« auch bei jüngeren Kindergartenkindern möglich.

    guv-si-8045_3b-7.webp Die Zielgenauigkeit beim Werfen nimmt in der Regel erst nach dem Kindergartenalter deutlich zu.
    Hingegen wird das Fangen der Bälle in dieser Zeit meist erlernt.
    Bei der Geschicklichkeit ist ein Zuwachs von ca. 50 % zu verzeichnen.
    Dies gilt auch für die Geschicklichkeit beim Klettern.
    Zielgenauigkeit und Geschicklichkeit zählen zu den feinmotorischen Fähigkeiten. Die Entwicklung setzt hier relativ spät – mit ca. fünf Jahren – ein.
    Eine Förderung sollte daher erst in diesem Alter beginnen. Hierzu eignen sich alle Ball- und Geschicklichkeitsspiele sowie zum Beispiel Bastelübungen.

    guv-si-8045_3b-8.webp Kontrolliertes Landen hilft, schwere Folgen bei Stürzen zu vermeiden. Das Abrollen kann im Normalfall erst von älteren Kindern erlernt werden. Zwar beherrschen schon die meisten dreijährigen Kinder einen Purzelbaum; ein bewusstes Abrollen in Gefahrensituationen ist aber erst ab fünf Jahren zu erwarten. Ein Einbau des Trainings dieser Fähigkeit in Spielhandlungen ist schwierig. Anleitungen, wie diese Rolle erlernt werden kann, finden sich in der Sportliteratur.

    Tabelle über wichtige körperliche Voraussetzungen und über Förderungsmöglichkeiten

    Körperl. Fähigkeit Förderungs­möglichkeit Opti­males Alter
    Armkraft an Gegenständen ziehen, Gegenstän­de wegschieben ab 3 J.
    Beinkraft Laufspiele, Springen ab 3 J.
    richtiges Abrollen der Füße beim Gehen Sprünge, Sprung­lauf, Pferdchen­lauf ab 3 J.
    Reaktions­schnellig­keit Spiele, bei denen auf Signal hin sofort reagiert werden muss ab 3 J.
    Gleich­gewicht instabile Lage halten, Kräftigung der Rumpfmuskulatur ab 4 J.
    Ausdauer Staffel- und Fang­spiele ab 5 J.
    Bewe­gungs­koordi­nation Unterbrechung von Bewegung durch Signal, Änderung der Bewegungsrichtung ab 5 J.
    Ziel­genauig­keit Ball- und Geschicklichkeits-Spiele ab 5 J.
    Diagonales Abrollen Entwicklung aus dem Purzelbaum ab 5 J.

    03c. Beispiele für den Einsatz von Spielen zur Förderung körperlicher Fähigkeiten in einem Kindergarten

    Um zu demonstrieren, wie eine Förderung der psychomotorischen Fähigkeiten in der Praxis aussehen kann, soll nun als Beispiel der Einsatz von Spielen zur Förderung von Gleichgewicht, Geschicklichkeit, Bewegungssteuerung und anderen Fähigkeiten vorgestellt werden. Die Bewegungsspiele wurden hier in einem Kindergarten eingesetzt, sie sind in abgewandelter Form aber auch in Sportvereinen oder im Elternhaus möglich.

    Das Fallbeispiel wurde im Gemeindekindergarten von Z., einer Stadt mit 25.000 Einwohnern, durchgeführt. Der Kindergarten hat vier Gruppen mit jeweils 21 Kindern. Jede Gruppe hat eine feste Gruppenleiterin; dazu kommen noch zwei Praktikantinnen (die häufig Urlaubs- oder Krankheitsvertretung in den Gruppen machen) sowie die Leiterin der Einrichtung. Jede Gruppe verfügt über einen eigenen Raum, zudem ist ein Turnraum vorhanden, der von allen Gruppen abwechselnd benutzt wird.

    Wir betrachten in unserem Beispiel eine Gruppe, in der der Altersdurchschnitt relativ hoch liegt: Von den 21 Kindern sind 2 drei Jahre alt, 5 vier Jahre, 8 fünf Jahre und die restlichen sechs Jahre. In der Gruppe ereigneten sich in den letzten drei Monaten 4 Unfälle (keiner davon war so schwer, dass eine Unfallanzeige ausgefüllt werden musste): 1 Kind stürzte vom Klettergerüst auf die umgebenden Fallschutzplatten; bei Fangspielen kam es zu 2 Zusammenstößen, und ein 4. Kind stürzte auf dem Hof mit dem Fahrrad. An 3 der Unfälle waren Fünf- und Sechsjährige beteiligt. Die Gruppenleiterin führte diese Unfälle auf eine zu schwache Ausbildung der motorischen Fähigkeiten Gleichgewicht, Geschicklichkeit und Bewegungssteuerung zurück. Sie hatte dies auch schon vor den Unfällen in anderen Situationen beobachtet. Daher beschloss sie, in den folgenden Wochen schwerpunktmäßig Spiele zur Förderung dieser Bereiche anzubieten. Diese Absicht wurde in der Dienstbesprechung vorgestellt und vom Team unterstützt. Es wurde vereinbart, dass eine der Praktikantinnen sich mit den jüngeren Kindern beschäftigt, während die Gruppenleiterin mit den insgesamt 14 Fünf- und Sechsjährigen täglich eine Runde mit Bewegungsspielen spielt. Die genannten motorischen Fähigkeiten lassen sich erst in diesem Alter fördern.

    Am Tag unseres Beispiels war eine Fernsehsendung über die Abenteuer einer Expedition im Urwald Brasiliens »Tagesgespräch«.
    Die Gruppenleiterin beschloss daher, dem situativen Ansatz entsprechend, dieses Thema aufzugreifen und die Spielrunde unter dieses Motto zu stellen. Sie wählte vier Spiele aus einer Spielekartei aus.
    Die Spiele stammen aus der Spielekartei »Spiele zur Sicherheitserziehung und Bewegungsförderung«. Siehe Literaturübersicht⮧
    Zunächst erklärte sie den Kindern die Ausgangssituation. Sie seien alle Teilnehmer einer großen Forschungsreise (wie im Fernsehen). Das Gebiet, das sie erforschen wollen, liegt weit weg, sodass sie mit dem Flugzeug fliegen müssen. Es gibt dort keinen Flughafen. Daher muss jeder Forscher mit dem Fallschirm abspringen. Aus diesem Grund heißt das erste Spiel:

    Der Sprung durch die Wolken
    guv-si-8045_3c-1.webp Spielregel: Die Kinder sitzen im Halbkreis und stellen sich vor, sie wären Fallschirmspringer, die gleich nach und nach aus dem Flugzeug springen. An der offenen Seite des Kreises hat man vorher einen erhöhten Standpunkt (Ausstiegsluke) mit einem Turnkasten (auch Bank ist hier möglich) aufgebaut. Davor liegt eine Turnmatte oder Matratze (Wiese zum Landen). Die Höhe des Kastens richtet sich nach dem Alter der Kinder. Das Spiel verläuft so, dass die Kinder nun der Reihe nach würfeln. Hat eines eine ungerade Zahl geworfen, bedeutet das »Der Wind ist günstig zum Absprung«. Es klettert zur Ausstiegsluke und springt durch das Wolkenpapier (bemalte oder unbemalte Zeitung), das von zwei oder vier Kindern an den Ecken gehalten wird. Die Spielleiterin leistet auf Wunsch Hilfestellung. Nach dem Sprung landet der Fallschirmspringer selbstverständlich auf der Matte. Wer nicht durch die Wolken springen will, wartet, bis keine Wolke mehr da ist (Papier wegnehmen).

    Die Kinder springen zuerst zögerlich, später will fast jedes noch öfter springen. Jedem werden noch zwei Zusatzsprünge zugestanden. Durch die Sprünge wird die Beinmuskulatur gekräftigt. Dadurch, dass gezielt (auf die Zeitung) gesprungen werden muss, wird zudem eine Zielgenauigkeit der Bewegung gefordert. Dies fördert die Bewegungssteuerung.

    In der Rahmenhandlung erreicht die Expedition einen Zauberbach, der durchquert werden muss. Jedes Kind, das ins Wasser fällt, wird so lange in ein Tier verzaubert, bis das nächste Kind den Bach überquert hat. Das dazugehörige Spiel heißt:

    Bach überqueren
    guv-si-8045_3c-2.webp Spielregel: Ein flacher »Bach« soll durchquert werden. Dabei kann man »Steine« (Pappscheiben) zur Hilfe nehmen. Bei der Überquerung geht jeweils ein Kind über den »Bach«, der durch Striche auf dem Boden markiert wird. In einer Proberunde werden die Steine in einer Schlangenlinie ausgelegt. Die Kinder balancieren so zum anderen Ufer. Dann werden die »Steine« bis auf drei weggenommen. Nun muss man auf zwei »Steinen« stehen und jeweils den Dritten mit der Hand weiterlegen.
    Schwieriger wird es, wenn nur zwei »Steine« benutzt werden können. Man muss dann entweder auf einem Bein balancieren und den zweiten »Stein« mit Hand oder Fuß verschieben oder versuchen, mit beiden Füßen auf einem »Stein« Halt zu finden und den Zweiten mit der Hand weiterzubefördern (geht nur mit größeren »Steinen«).

    Dieses Spiel fördert ebenfalls Gleichgewicht, Bewegungssteuerung und Geschicklichkeit. Die Kinder, die den Bach schon überquert haben, feuern die anderen an und leisten vom Ufer aus Hilfestellung (Förderung des Sozialverhaltens).

    In der Rahmenhandlung sind die Kinder nun im gewünschten Gebiet angekommen. Sie erreichen eine tiefe Schlucht, die überquert werden muss. Dies ist Inhalt des dritten Spiels:

    Heia Safari
    Spielregel: Die Kinder erfüllen die Aufgaben einzeln. Die Expeditionsteilnehmer gehen der Reihe nach über eine Seilbrücke (Fuß vor Fuß auf einer gezeichneten Linie), sie tragen dabei ihr Gepäck (Schächtelchen oder Karton) auf dem Kopf. In der Mitte der Brücke fällt ihnen ein, dass sie ihre Verpflegung, eine Melone (leichter Ball), vergessen haben. Ein anderer Expeditionsteilnehmer wirft ihnen diese zu. Wer kommt heil mit seinem Gepäck auf die andere Seite?

    Nicht allen Kindern gelingt es, mit der Schachtel auf dem Kopf die andere Seite der Schlucht zu erreichen. Die »Abgestürzten« dürfen es nochmals versuchen. Durch dieses Spiel wird in erster Linie das Gleichgewicht, die Bewegungssteuerung und die Geschicklichkeit verbessert.

    Am Ende gelangt die Expedition schließlich an ein Schloss.

    Hier wohnt der Hexenmeister, der auch dem letzten Spiel den Namen gab.
    Spielregel: In der Mitte des Spielfeldes steht der »Hexenmeister« mit seinem Besen. Die Mitspieler haben sich aufgeteilt und stehen in den Ecken des Spielfeldes. Der Hexenmeister fliegt mit seinem Besen in eine Ecke. Diese Kinder werden verhext und müssen alles nachmachen, was der Hexenmeister vormacht, z.B. Tanzen, auf allen Vieren kriechen, Hüpfen etc. Fliegt der Hexenmeister in eine andere Ecke, sind sie erlöst und andere werden neu verhext.

    Zuerst will keines der Kinder »Hexenmeister« sein. Als sie aber merken, dass dieser »Macht« über die anderen Kinder ausüben kann, sind gleich mehrere Interessenten da. Je nach »Zauberspruch« werden durch das Spiel sehr unterschiedliche motorische Fähigkeiten gefördert. Als die Gruppenleiterin merkt, dass bei einigen Kindern die Konzentration nachzulassen beginnt, wird sie selbst zur »Hexenmeisterin«. Sie »hext« alle Kinder in den Gruppenraum zurück, wo nun das gemeinsame Mittagessen ansteht.

    Die Bewegungsförderung wurde in der Einrichtung fester Bestandteil des Kindergartenangebots, wobei Förderungsziele und Spiele wechselten (beliebte Spiele wurden selbstverständlich wiederholt). Als günstig erwiesen sich Absprachen im Team, um entwicklungsmäßig ähnliche Kindergruppen zusammenstellen zu können.

    Das obige Beispiel ist sicherlich nicht überall in dieser Form durchführbar. Jede Erzieherin oder jedes Elternteil kann aber Spiele so auswählen, dass sie den Kindern Spaß machen und zusätzlich gezielt motorische Fähigkeiten fördern.

    04. Entwicklungspsychologische Grundlagen der Sicherheitserziehung

    04a. Denken

    Die Berücksichtigung der kindlichen Denkstrukturen gehört zu den wichtigsten Grundlagen jeder Erziehung. Gerade im Kindergartenalter sind diese einer sehr starken Entwicklung unterworfen. Bei den jüngeren Kindergartenkindern findet man dabei Strukturen, die das Verständnis von Sachverhalten erschweren können, trotzdem aber einen starken Einfluss auf das konkrete Verhalten haben. Auf diese soll im nun folgenden Abschnitt eingegangen werden.

    Der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget⮧, von dem die bisher umfassendste Theorie über die Entwicklung kognitiver Strukturen bei Kindern stammt, unterteilt diese in vier Stadien.

    Im Alter zwischen drei und sechs Jahren durchlaufen die Kinder zwei dieser Entwicklungsstadien:

  • mit drei und vier Jahren befinden sie sich laut Piaget im präoperationalen Stadium,
  • fünf- und sechsjährige Kinder durchlaufen das konkret-operatorische Stadium.
  • Auch wenn die Altersnormen nicht bei allen Kindern auf das Jahr genau stimmen (es handelt sich hier um Mittelwerte, von denen Spät- und Frühentwickler deutlich abweichen können), so macht doch jedes Kind im Laufe seiner Entwicklung diese Stadien durch.

    Einige Denkstrukturen, die bei Kindern während des präoperationalen Stadiums auftreten, können Maßnahmen zur Sicherheitserziehung erschweren. Diese alterstypischen Denkstrukturen sollen im Folgenden näher behandelt werden:

    Egozentrismus

    Kinder im präoperationalen Stadium sind im kognitiven Bereich – im Gegensatz zum emotionalen Bereich – unfähig, sich in andere Personen hineinzuversetzen. Sie glauben, ihre Sichtweise der Welt sei die einzig mögliche. Dies wird durch das nachstehende Beispiel aus dem Wahrnehmungsbereich deutlich.

    Egozentrismus macht sich im Übrigen auch im kommunikativen Bereich bemerkbar. So kann sich ein Kind nicht vorstellen, dass andere Personen etwas nicht verstehen, was es selbst gesagt hat. Es wird daher weder etwas erläutern noch nachfragen, ob die Information vollständig beim Gesprächspartner angekommen ist.

    guv-si-8045_4a-1.webpVier Jahre alten Kindern wurde das Modell einer Landschaft gezeigt, zunächst vom Blickpunkt 1 aus.
    Sie wurden gebeten, die Landschaft zu beschreiben.
    Dies gelang allen Kindern.

    guv-si-8045_4a-2.webpAnschließend zeigte man den Kindern die Landschaft vom Blickpunkt 2 aus.
    Auch hier konnten die Kinder die Landschaft beschreiben.

    guv-si-8045_4a-3.webpFührte man sie aber anschließend wieder zum Blickpunkt 1 zurück und bat sie, die Landschaft so zu beschreiben, wie sie eine andere Person vom Blickpunkt 2 aus sieht, war dies den Kindern nicht möglich.

    Beschränkung auf nur einen Aspekt des Handlungsfeldes

    Kinder im Alter von drei und vier Jahren können nur einen Aspekt einer Situation beachten. Alle anderen Aspekte werden zunächst ignoriert. Natürlich kann der beachtete Aspekt wechseln. Nicht möglich ist den Kindern im präoperationalen Entwicklungsstadium aber die gleichzeitige Berücksichtigung aller Handlungsaspekte.
    Auch dies kann anhand eines Beispiels verdeutlicht werden:

    guv-si-8045_4a-4.webpZwei gleiche Gläser wurden mit der gleichen Menge einer Flüssigkeit gefüllt.
    Die Kinder im Alter von vier bis fünf Jahren bestätigten, dass die Flüssigkeitsmenge in beiden Gläsern gleich sei.
    Dann wurde der Inhalt eines der Gläser in ein schmaleres Glas umgefüllt.
    Nun wurden die Kinder erneut befragt, in welchem der Gläser sich mehr Flüssigkeit befände. Die meisten Kinder beachteten entweder den Aspekt Höhe, d.h. sie sagten, in dem schmaleren Glas mit dem höheren Flüssigkeitsstand sei der Inhalt größer, oder sie beachteten nur den Aspekt Breite – dann wurde der Inhalt des niedrigen, breiten Glases als größer angesehen. Nur sehr wenigen Kindern war es möglich, beide Aspekte zu beachten und somit zur richtigen Lösung »gleich viel Flüssigkeit« zu kommen.

    Bildhaftes Denken

    guv-si-8045_4a-5.webpBildhaftes Denken ist nicht auf das Kindesalter beschränkt, sondern tritt zuweilen auch bei Erwachsenen auf. Ein sehr hoher Anteil dieser Form des Denkens ist aber ein weiteres Kennzeichen des präoperationalen Entwicklungsstadiums. Die Welt ist für die Kinder noch nicht durch Symbole repräsentiert, sondern durch Bilder. Sichtbar wird dies, wenn Kinder zählen sollen:
    Ist die Zahl mit Gegenständen verbunden (z.B. Äpfeln oder den eigenen Fingern), so beherrschen sie das Zählen besser als mit den (gedachten) abstrakten Zahlen. Noch abstraktere Begriffe sind den Kindern nicht einmal vermittelbar.

    Flexibilität des Denkens (Transferfähigkeit)

    Das Denken der Kinder in diesem Stadium ist noch relativ wenig flexibel. Ein Transfer von Wissen, das in einer Situation erworben wurde, auf eine neue Situation ist vielfach nicht möglich. Dieser Transfer würde das Erkennen von abstrakten, informationsunabhängigen Prinzipien voraussetzen.

    Diese Unbeweglichkeit des Denkens gilt auch für sprachliche Informationen. Kinder merken sich zum Beispiel Märchen oder Geschichten ganz genau. Ein Abweichen von einem einmal vorgegebenen Text wird sofort korrigiert.

    Im Alter von fünf Jahren beginnt der Übergang in das konkretoperatorische Entwicklungsstadium. Die Kinder beginnen hier, die oben genannten Denkstrukturen zu überwinden. Das Denken wird flexibler, es kann mehr als ein Aspekt einer Handlung beachtet werden, und es ist den Kindern auch möglich, Dinge aus anderen Blickwinkeln als dem Eigenen zu betrachten. Das Denken in Bildern bleibt aber teilweise noch bis in das Schulalter erhalten.

    Für die Praxis der Sicherheitserziehung – insbesondere bei den jüngeren Kindergartenkindern – ergeben sich aus den besonderen Denkstrukturen folgende Konsequenzen:

  • Die Kinder sind noch nicht fähig, den Standpunkt anderer Personen einzunehmen. Das bedeutet, dass die Folgen eigener Handlungen für andere Personen nicht bedacht werden können. So kann ein Kind zwar wissen, dass es auf einer Wasserlache auf glatten Fliesen ausrutschen kann.
    Dies bedeutet aber nicht, dass es auch die Gefahr für andere erkennt, wenn es selbst Wasser verschüttet. Es muss daher immer damit gerechnet werden, dass Kinder trotz des Wissens um Gefahren diese für andere nicht erkennen und beseitigen.
  • Die Kinder können nur jeweils einen Handlungsaspekt gleichzeitig erkennen. Gerade Unfallabläufe bestehen aber aus einer Reihe von miteinander verknüpften Ursachen.
    Versuche, diese komplexe Ursachenkonfiguration zu erklären, müssen scheitern. Es ist hingegen sinnvoll, einen Gefahrenaspekt (vorzugs­weise die einfachste und am besten darstellbare Gefahr) herauszugreifen und zu erklären.
    Eine differenziertere Darstellung ist erst bei älteren Kindern zweckmäßig.
  • Das Denken der Kinder ist noch stark an Bilder gebunden.
    Abstrakte Sachverhalte sind daher schlecht oder überhaupt nicht vermittelbar. Hinter vielen Unfallgefahren stecken aber abstrakte Prinzipien, wie zum Beispiel Kräfte und Energien. Hier muss man versuchen, Gefahren oder Unfallursachen herauszustellen, die bildhaft darstellbar sind, während auf abstrakte Begriffe verzichtet werden sollte.
  • Das Denken der Kinder ist noch relativ unbeweglich. So bedeutet ein Erkennen von Gefahren in einer bestimmten Situation (z. B. bei freihändigem Stehen auf der Rutschbahn die Gefahr des Absturzes mit schweren Verletzungen) noch nicht, dass dies auch auf andere Situationen übertragen wird (z. B. auf die gleiche Situation auf dem Kletterturm).
    Gefahren müssen also für jede einzelne Situation separat erklärt werden. Die Unbeweglichkeit des Denkens macht sich bei Erklärungen oder Instruktionen bemerkbar. Oben wurde schon erwähnt, dass Kinder Märchen gerne stets im gleichen Wortlaut hören wollen. Sie sind dadurch für die Kinder besser verständlich. Der gleiche Mechanismus gilt auch für Hinweise auf Gefahren oder für Verhaltensinstruktionen, die man deshalb unter Verwendung derselben Begriffe mehrfach wiederholen sollte.
  • Ein praktisches Beispiel könnte folgendermaßen aussehen:

    guv-si-8045_4a-6.webpKinder stecken oft unbekannte Dinge wie zum Beispiel Beeren in den Mund oder trinken auch aus unbekannten Gefäßen (z.B. Spülmittelflaschen mit Zitronen auf dem Etikett).
    Die Jüngsten können noch nicht erkennen, ob etwas genießbar ist oder nicht. Sie sollen daher lernen, nichts zu essen oder zu trinken, das nicht von den Erzieherinnen oder Eltern erlaubt wurde. Um die Gefahr zu erklären, sollen die obigen Folgerungen angewandt werden:

    Essen oder Trinken von unbekannten Dingen birgt eine Vielzahl von Gefahren in sich (Vergiftungen, Verätzungen, mangelnde Hygiene etc.). Die für das Kind Bildhafteste ist wohl das Bauchweh (hat jeder schon einmal gehabt). Ein zweiter, den Kindern bekannter Begriff ist die Krankheit. Selbst jüngere Kindergartenkinder assoziieren mit dem Begriff »Krankheit« zum Beispiel Bettruhe, Übelkeit oder Fieber, die sie für sich selbst vermeiden wollen. Diese beiden Begriffe können für eine Warnung vor den Gefahren verwendet werden, die etwa lautet: »Wenn du diese Sachen isst (oder trinkst), die du nicht von uns bekommen hast, kannst du Bauchschmerzen bekommen und krank werden.« Diese Erklärung müsste dann in allen entsprechenden Situationen wiederholt werden.

    * Das Werk Piagets ist über 50 Jahre alt. Inzwischen wurde es in Detailfragen durch neuere Untersuchungen ergänzt oder relativiert, in der Regel aber bestätigt. Da keine andere Forschungsarbeit eine auch nur annähernd so umfassende Beschreibung der kindlichen kognitiven Entwicklung bietet, soll die Arbeit Piagets trotz ihres Alters hier als Grundlage dienen.


    04b. Gedächtnis

    Die Kapazität des Gedächtnisses von Kindern im Kindergartenalter unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem der Erwachsenen. So ist das Kurzzeitgedächtnis schon bei Kleinkindern voll ausgebildet: Die Kapazität (die Anzahl von Informationen, die man gleichzeitig behalten kann) beträgt in allen Altersgruppen ca. sieben Zeichen (z.B. eine Telefonnummer). Auch bei der Kapazität des Langzeitgedächtnisses bestehen zwischen den Altersgruppen keine Unterschiede.

    Trotzdem können sich jüngere Kinder viele Dinge schlechter merken als Erwachsene. Dies liegt daran, dass die Kinder noch nicht fähig sind, die Informationen, die auf sie einströmen, so zu gruppieren, dass größere Mengen davon im Gedächtnis gespeichert werden können.

    Erwachsene fassen ähnliche Informationen zu Gruppen zusammen oder denken sich abstrakte Prinzipien aus, um sich die zu merkende Information später wieder erschließen zu können. Das nachfolgende Beispiel macht dies deutlich:

    Die Strichfolge der folgenden Abbildung soll eingeprägt und behalten werden.

    guv-si-8045_4b-1.webp In der obersten Reihe kann man die Information ungruppiert sehen.
    Die zu behaltende Strichfolge Erster Strich von oben links nach unten rechts, zweiter Strich von unten links nach oben rechts etc. beansprucht viel Speicherkapazität.
    Fasst man die Information aber nach einem Prinzip zusammen (z.B. zu abstrakten Zeichen), so werden Kapazitäten frei: die Zusammenfassung zu Buchstaben in Zeile 2.
    Die Möglichkeiten der Gruppierung können noch viel weiter geführt werden, wie die Zusammenfassung zu Worten in Zeile 3 zeigt.

    Die durch die gezeigte Reduktion frei werdenden Speicherplätze können zum Merken anderer Informationen verwendet werden.

    Kinder im Kindergartenalter verwenden ohne Anleitung nur die einfachsten Gedächtnisstrategien, wie zum Beispiel das ständige Wiederholen der zu merkenden Information. Für Erzieherinnen und Eltern besteht aber die Möglichkeit, die Kinder mit effektiveren Gedächtnisstrategien vertraut zu machen, damit sich die Kinder wichtige Informationen besser merken können oder damit ihr Gedächtnis allgemein verbessert wird:

    guv-si-8045_4b-2
  • Kinder merken sich Dinge besser, wenn sie wissen, dass sie etwas behalten sollen.
  • Kinder erinnern sich auch besser, wenn sie die Möglichkeit haben, die Dinge, die sie sich merken sollen, zu betasten.
  • Auch wenn Kinder von sich aus keine Gruppierungen von Informationen vornehmen, können sie von außen gegebene Oberbegriffe doch nutzen.
  • Kinder besitzen bereits die Fähigkeit, sich durch Wiederholen von Informationen diese besser einzuprägen. Diese Fähigkeit wird allerdings nicht auf alle Informationen angewandt.
  • Kinder behalten Informationen besser, die in Spielhandlungen eingebaut sind. Diese Tatsache soll durch ein kleines Experiment verdeutlicht werden:
  • guv-si-8045_4b-3 Zwei Kindergruppen im Vorschulalter sollten sich eine Liste von Gegenständen merken.
    Der ersten Gruppe wurde gesagt, dass sie sich die Gegenstände merken sollte. Anschließend wurde die Liste verlesen. Nach einiger Zeit wurden die Kinder aufgefordert zu sagen, was sie noch behalten haben.
    Die Kinder der zweiten Gruppe sollten sich eine vergleichbare Liste von Gegenständen (hier Lebensmittel) merken. Die Gedächtnisaufgabe war hier aber in ein Spiel eingebettet. Die Gegenstände der Liste sollten in einem Kinderkaufladen eingekauft werden.
    Die zweite Gruppe merkte sich über doppelt so viele Begriffe wie die erste Gruppe und wandte mehr Gedächtnisstrategien an. Dieses Experiment wird als Beleg dafür angesehen, dass die Verwendung von Gedächtnisstrategien davon abhängt, ob das Kind es auf Grund seines individuellen Zusammenhangs als sinnvoll ansieht, sich so viele Informationen zu merken.

    Für die Arbeit im Kindergarten ergeben sich folgende Notwendigkeiten:

  • Wichtige Informationen (z.B. über akute Gefahren) müssen von der Erzieherin immer wieder genannt werden (am besten im gleichen Wortlaut). Wichtig ist auch, dass die Kinder die Informationen selbst wiederholen.
  • Bei der Einführung von großen Mengen neuer Begriffe sollte überlegt werden, nach welchen Oberbegriffen diese geordnet werden könnten. Diese Oberbegriffe können die Kinder dann dazu verwenden, um sich die neuen Begriffe besser einzuprägen.
  • Da der Hinweis, dass ein Begriff gemerkt werden soll, die Behaltens­­leistung erhöht, ist es notwendig, bei wichtigen Informationen dies auch zu sagen.
  • Wenn es sich bei den zu merkenden Begriffen um Gegenstände handelt, sollten diese den Kindern gezeigt werden und ihnen die Gelegenheit gegeben werden, die Gegenstände zu betasten.
  • Eine der besten Möglichkeiten, die Gedächtnisleistung zu erhöhen, ist die Einbettung der zu merkenden Informationen in eine SPIELHANDLUNG. Diese Strategie lässt sich im Kindergarten besonders gut durchführen. So können zum Beispiel Rollenspiele dazu verwendet werden, das Verhalten in gefährlichen Situationen durchzuspielen und dabei bestimmte Verhaltens­anforderungen zu lernen und dauerhaft zu behalten.
  • Die obigen Möglichkeiten könnten zum Beispiel in folgender Situation angewandt werden:

    In Sandkästen (besonders von öffentlichen Spielplätzen) finden sich häufig scharfe oder stechende Gegenstände, wie Glasscherben, Spritzen, Blechteile etc. Damit sich die Kinder diese Gegenstände besser merken, ist die Einführung eines Oberbegriffs, z.B. »Sachen, an denen man sich schneiden oder stechen kann«, sinnvoll. Mit Hilfe dieses Oberbegriffs kann dann Vermeidungsverhalten gelernt werden.

    Die Merkfähigkeit der Kinder, welche Dinge zu den schneidenden oder stechenden Sachen gehören, kann zum Beispiel durch ein kleines Kreisspiel vertieft werden:

    guv-si-8045_4b-4 Die Patienten sitzen im Kreis (Wartezimmer), ein Kind in der Mitte ist der Doktor, der die Wunden seiner Patienten (mit Binden aus dem Kinder-Arztkoffer) versorgen soll.
    Jedes Kind bekommt vorher von der Erzieherin einen Gegenstand gesagt, an dem es sich geschnitten haben soll (Glasscherbe, scharfes Messer, Aufreißlasche von Getränkedosen). Bei älteren Kindern kann der Gegenstand mitgebracht werden und vorsichtig betastet werden.
    Da bei solchen Spielen Wiederholungen sinnvoll sind, wird das Spiel bald darauf nochmals gespielt. Nun geben die Kinder die Gegenstände aber schon selbstständig an.


    04c. Sprache

    Grundlage jeder Erklärung und jeder sonstigen Weitergabe von komplexen Informationen ist die Sprache.

    Im Kindergartenalter ist die Fähigkeit, korrekt zu sprechen und Erwachsene zu verstehen, noch nicht völlig vorhanden. Aus diesem Grund muss – gerade bei der Erklärung lebenswichtiger Sachverhalte wie der Sicherheitserziehung – das kindliche Sprachverständnis berücksichtigt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

    In diesem Zusammenhang sind primär zwei Phänomene zu beachten:

    Kinder unter fünf Jahren verstehen Passivsätze anders als Erwachsene. Sie folgen meistens noch eher der »Oberflächenstruktur« des Satzes; das im Satz erstgenannte Nomen wird als Subjekt, das als letztes Genannte als Objekt verstanden. Hierdurch kann es zu einer Umkehrung des Satzsinnes kommen!
    guv-si-8045_4c-1.webpHierzu ein Beispiel:
    Hans wird von Fritz gehauen) wird von Kindergartenkindern verstanden als Hans haut Fritz.
    Nach der Oberflächenstruktur des Satzes steht das Nomen Hans als erstes und wird damit zum Subjekt, während Fritz als letztes Nomen zum Objekt wird.

    Nur wenn Kinder einen Sachverhalt genau wissen, werden auch Passivsätze richtig verstanden.
    Auch hierzu ein Beispiel:
    Die Maus wird von der Katze gefressen lautet nach der Oberflächenstruktur
    Die Maus frisst die Katze.
    Da aber die Kinder wissen, dass Katzen Mäuse fressen und nicht umgekehrt, verstehen sie Die Katze frisst die Maus.

    Erklärungen von Gefahren bauen nur selten auf bereits vorhandenem Wissen der Kinder auf. Aus diesem Grund ist es wahrscheinlich, dass die Kinder bei vielen Passivsätzen einen falschen Sinn verstehen.

    Wie bereits im Kapitel Denken⮥ beschrieben, ist das Denken der Kinder im Kindergartenalter noch sehr stark an Bilder gebunden. Daher verwundert es nicht, dass die Kinder noch keine sprachlichen Metaphern (bildhafte Ausdrücke) verstehen können. Bei diesen steckt hinter dem Wort selbst noch eine weitere Bedeutung – quasi auf höherer Ebene.
    guv-si-8045_4c-2.webpAuch hierzu ein Beispiel:
    Der Rost hat den Pfosten der Schaukel zerfressen ist für die Kinder unglaubwürdig, da nach ihrem (bildhaften) Denken zum Zerfressen ZÄHNE notwendig sind, die der Rost eben nicht hat.

    Neben dem vorher beschriebenen Verständnis der Sprache selbst ist für jede Art Erziehung auch die Funktion der Sprache bei der Handlungsregulierung wichtig. Darunter versteht man die Fähigkeit, sich bei gestellten Aufgaben die Instruktion selbst geben zu können. Diese Fähigkeit ist bei drei- bis vierjährigen Kindern noch nicht vorhanden. Sprache dient bei diesen Kindern nur als Impuls – die Handlung erfolgt unabhängig vom Inhalt der Sprache.
    Dazu ein Beispiel:

    In einem Versuch sollten Kinder verschiedener Altersgruppen auf ein Lichtsignal hin einen Gummiball drücken. Ein rotes Licht bedeutete »drücken«, ein Grünes hingegen »nicht drücken«. Dabei sollte jeweils gesagt werden, was zu tun sei. Kinder im Alter von drei und vier Jahren waren durchaus fähig, sich richtig zu instruieren (bei rotem Licht sagten sie »drücken«, bei grünem Licht »nicht drücken«). Bei dieser Altersgruppe war aber die sprachliche Instruktion nicht handlungsregulierend: auch wenn sie »nicht drücken« sagten, drückten sie den Ball. Die Sprache war hier nur Impuls zu einer Handlung – unabhängig vom Sprachinhalt.

    Erst Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren verwendeten auch den Sprachinhalt: wenn sie sagten »nicht drücken«, drückten sie nicht.

    Für die pädagogische Arbeit ist im Zusammenhang mit der kindlichen Sprachentwicklung Folgendes zu beachten:

  • Bei allen Erklärungen, die für das Kind von Wichtigkeit sind, sollte man versuchen, auf Passivsätze zu verzichten. Es besteht die Gefahr, dass die Kinder bei diesen einen entgegengesetzten Sinn verstehen.
  • Metaphern sind für Kinder im Kindergartenalter ebenfalls noch unverständlich. Man sollte sie vermeiden.
  • Bei jüngeren Kindern muss damit gerechnet werden, dass sie – obwohl sie den Inhalt von Instruktionen bereits verstehen – diese lediglich als Impuls für Handlungen sehen, die der Instruktion nicht unbedingt entsprechen.
    Diese Besonderheit lässt sich nur durch erhöhte Aufsicht der Erzieherinnen ausgleichen.
  • Ein Anwendungsbeispiel wäre zum Beispiel folgende Situation:

    Kinder erforschen gerne mit Hilfe von Nägeln u.ä. Ritzen, Höhlungen oder Löcher. Eine Gefahr ist dabei, dass sie Gegenstände in nicht kindergesicherte Steckdosen stecken. Um die Kinder auf die Gefährlichkeit solcher Handlungen hinzuweisen, wird zum Beispiel häufig gesagt, die Kinder sollten damit aufhören, sie würden sonst vom Schlag getroffen. In einer solchen – nicht seltenen – Warnung steckt sowohl eine Passivkonstruktion als auch eine Metapher (vom Schlag getroffen werden). Besser ist hier zum Beispiel die Erklärung: »Hör auf, Sachen in die Dose zu stecken, da kannst du dir so wehtun, dass du daran sterben kannst.« Optimal wäre allerdings die Erhöhung der technischen Sicherheit durch Anschaffung von Kindersicherungen.


    04d. Beurteilungsvermögen

    Die Fähigkeit, etwas als »richtig« oder »falsch«, als »gut« oder »schlecht« beurteilen zu können, ist für das sicherheitsbewusste Verhalten von großer Bedeutung – insbesondere dann, wenn das Verhalten der Kinder von anderen (z.B. älteren Kindern) beeinflusst wird. Ob deren Handeln imitiert wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es in Übereinstimmung mit den eigenen moralischen Werten der Kinder steht.

    Eine entwicklungsbedingte Eigenart der Kinder ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig:
    Im Abschnitt Denken⮥ wurde bereits die mangelnde Fähigkeit der Kinder zwischen drei und sechs Jahren beschrieben, mehr als einen Aspekt einer Situation zu berücksichtigen. Dies gilt auch für moralische Urteile.

    Kinder im Alter bis zu fünf Jahren können eine Handlung moralisch nur entweder anhand der Intention oder des Handlungsausgangs bewerten. Meistens wählen sie den (konkret fassbareren) Handlungsausgang. Hierzu ein Beispiel von Piaget:

    Einer Kindergruppe (Alter drei bis vier Jahre) wurden zwei Geschichten erzählt. Anschließend bat man sie zu beurteilen, welche der Hauptfiguren moralisch negativer zu beurteilen sei.

    guv-si-8045_4d-1.webpIn der ersten Geschichte sieht ein Junge die Mutter spülen und möchte ihr helfen. Dabei zerbrechen ihm versehentlich zehn Tassen. Der Junge in der zweiten Geschichte wird von seiner Mutter gebeten, ihr zu helfen. Er hat aber keine Lust und zerbricht aus Wut eine Tasse.

    Die meisten der befragten Kinder bewerteten ausschließlich den Handlungsausgang (hier den größeren Schaden), der erste Junge wurde daher negativer beurteilt als der Zweite.

    Im Zusammenhang mit dem Handlungsausgang ist noch eine andere Beobachtung wichtig: Kinder erleben einen Unfall erst als »wirklichen« Unfall, wenn er sichtbare Folgen wie Verletzungen hat. Je stärker Folgen für das Kind sichtbar und erkennbar sind, desto eher wird es einen Unfall als solchen ernst nehmen. Ein »Beinahe-Unfall« wird also nicht als richtiger Unfall gewertet.

    Aus den oben beschriebenen Eigenarten der Kinder kann für die praktische Arbeit gefolgert werden:

  • Wenn der Handlungsausgang bei der Beurteilung von Unfällen für die Kinder eine so große Rolle spielt, so sollte er zum Beispiel bei der Besprechung eines aktuellen Unfalls deutlich herausgestellt werden. Es sollte dabei vermieden werden, die Kinder mit einer allzu deutlichen Unfalldarstellung zu erschrecken; als mögliche Strategien bieten sich aber Hinweise auf Unfallfolgen wie Schmerzen, Arzt- oder Krankenhausbehandlungen sowie Unfallschilderungen durch den Verunfallten selbst an. Auch bei Erklärungen von Gefahren allgemein kann auf vorangegangene Unfälle und ihre Folgen eingegangen werden: »Mit nassen Gummistiefeln ist es sehr gefährlich, auf das Klettergerüst zu steigen. Da kann man von den Stangen abrutschen und runterfallen, so wie damals der Markus – der hat sich sogar ein Bein gebrochen und durfte lange nicht in den Kindergarten.«

  • 04e. Wahrnehmung

    Die Wahrnehmung ist ein wichtiger Aspekt jeder menschlichen Entwicklung. Von ihrer Qualität hängen Lernprozesse ebenso ab wie das Verhalten – insbesondere in neuen oder komplexen Situationen.

    In den ersten drei Lebensjahren entwickeln sich die Wahrnehmungsleistungen sprunghaft. Sie unterscheiden sich aber immer noch in wichtigen Fähigkeiten von denen Erwachsener. Diese Fähigkeiten sowie ihre Bedeutung für das Verhalten der Kinder in kritischen Situationen sind Thema dieses Abschnitts:

  • Der Schwerpunkt der visuellen Wahrnehmung von Kindern zwischen drei und sechs Jahren liegt im Nahbereich. Zwar können sie auch weiter entfernte Objekte mit Blicken verfolgen, sie zeigen diese Fähigkeit aber relativ selten, da ihre Aufmerksamkeit sich primär auf den Nahbereich bezieht.
    Das Blickfeld der Kinder ist kleiner als das Erwachsener, ihre Blickposition auf Grund ihrer Größe niedriger. Bei den Drei- und Vierjährigen ist auch die Tiefenwahrnehmung (die Fähigkeit, die Distanz zu entfernten Objekten abzuschätzen) noch wenig entwickelt.
  • Um ein klares, eindeutiges Bild von der Umwelt zu erhalten, werden beim Erwachsenen einzelne Wahrnehmungseindrücke im Gehirn nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten zu einem Gesamtbild zusammengesetzt. Kinder im Kindergartenalter sind dazu noch nicht fähig. Sie sehen nur – möglichst auffällige – einzelne Aspekte einer Situation, nicht das Gesamtbild. Dies wurde auch durch die Beobachtung von Augenbewegungen bestätigt: Während Erwachsene ein Bild systematisch erkunden, bleiben die Augenbewegungen der Kinder unsystematisch, schweifen oft ziellos umher und verharren dann lange auf auffälligen, aber unwichtigen Details. Die Geschwindigkeit des »Abtastens« mit den Augen ist zudem langsamer als bei Erwachsenen.
    Die starke Fixierung auf Details bei gleichzeitiger Vernachlässigung des Gesamtbilds führt unter anderem dazu, dass teilweise verdeckte oder unvollständige Gegenstände nur schwer erkannt werden.
    Die gerade genannten Besonderheiten in der Wahrnehmung sind vor allem beim Spielen mit vielen Kindern sowie für das Verhalten im Straßenverkehr bedeutsam. So wird zur Einschätzung von Situationen (z.B. bei Laufspielen oder beim Rad- und Rollerfahren) die Fähigkeit benötigt, schnell die Position, Richtung und Geschwindigkeit aller Spielteilnehmer zu erkennen. Ähnliches gilt für Situationen im Straßenverkehr. Dort – insbesondere von der Blickposition der Kinder aus – verdecken sich viele Verkehrsteilnehmer gegenseitig. Dies kann ebenfalls zum »Übersehen« wichtiger Details führen. Durch das engere Gesichtsfeld und die Bevorzugung des Sehens im Nahbereich ist zudem der notwendige Blickkontakt zu anderen Verkehrsteilnehmern erschwert.
  • Kinder im Kindergartenalter haben eine andere Betrachtungsweise von Bildmaterial als Erwachsene. Dies soll anhand zweier kleiner Versuche näher erläutert werden:
    Im ersten Versuch wurden Kindern zwischen fünf und zehn Jahren und Erwachsenen verschiedene Fotos von ihnen bekannten Gegenständen gezeigt. Sie sollten jeweils das Foto auswählen, das die Gegenstände am besten repräsentiert. Ältere Kinder und Erwachsene wählten meist Totalansichten der Gegenstände. Fünf- und Sechsjährige suchten dagegen Aufnahmen ihrer Meinung nach charakteristischer Details aus (z.B. einzelne gemalte Blümchen aus dem Muster einer Tasse an Stelle der gesamten Tasse).
    In einem zweiten Versuch zeigte man Kindern Fotos von ihnen bekannten Gegenständen in verschiedenen Schärfen. Die Kinder sollten sagen, welcher Gegenstand abgebildet sei. Jüngere Kinder konnten bei unscharfer Darbietung die Gegenstände nicht oder nur schwer erkennen, während dies älteren keine Probleme bereitete. Wurden Gegenstände aus Positionen fotografiert, die für die Kinder ungewohnt waren, so wurden sie von den jüngeren Kindern nicht erkannt.
    guv-si-8045_4e-1.webpBildmaterialien sind bei allen Erklärungen (u.a. auch von Gefahren) sehr populär. Es ist aber sehr fraglich, ob gerade jüngere Kindergartenkinder von solchen Materialien profitieren. Besser ist es, wenn der Gegenstand, der vorgestellt werden soll, in natura dargeboten wird: Durch die Möglichkeit des Betastens steigt die Wahrscheinlichkeit eines späteren Wiedererkennens stark an.
  • Im Gegensatz zu vielen früheren Untersuchungen geht man heute davon aus, dass selbst Kinder im Kindergartenalter eine Vorstellung von Geschwindigkeit besitzen. Dies gilt aber nur für lineare, gleichförmige Geschwindigkeiten. Bestätigt wurde hingegen auch in neueren Untersuchungen, dass die Kinder Beschleunigungs- und Abbremsvorgänge noch nicht adäquat erfassen können.
  • In einer anderen Untersuchungsreihe wurde die Bewegungswahrnehmung untersucht. Den Kindern wurde ein Tennisball im Flug gezeigt. Sie sollten angeben, wo dieser im Feld aufkommen würde. Jüngere Kinder verschätzten sich dabei stark. Es zeigte sich aber, dass die Fähigkeit, Bewegungen richtig wahrzunehmen, übungsabhängig ist.
    Die richtige Wahrnehmung von Bewegungen ist für viele Lebensbereiche der Kinder wichtig: Beim Spiel wird diese Fähigkeit, zum Beispiel zur Vermeidung von Zusammenstößen oder zum rechtzeitigen Ausweichen vor Wurfgeschossen, benötigt. Auch im Straßenverkehr kommen sehr häufig nichtlineare Bewegungen vor: So müssen Kinder vor der Überquerung des Zebrastreifens einschätzen, ob ein Fahrzeug abbremst oder nicht.
  • Für die Praxis in Kindergarten und Elternhaus ergibt sich aus der spezifischen Wahrnehmung der Kinder zwischen drei und sechs Jahren Folgendes:

  • Erklärungen mit Unterstützung durch Bildmaterial sind immer besser als rein verbale Erklärungen. Es muss aber darauf geachtet werden, dass Kinder eine andere Betrachtungsweise von Bildern haben. So ist es zum Beispiel sinnvoll, die Kinder auf charakteristische Details aufmerksam zu machen. Bilder, die Gegenstände aus ungewohnten Perspektiven zeigen, sollten bei den jüngeren Kindern ebenso wenig eingesetzt werden wie schematische Zeichnungen.
  • Da die Wahrnehmung von Bewegungen übungsabhängig ist, kann diese – für Kindergarten, Freizeit und Straßenverkehr wichtige – Fähigkeit durch Bewegungsspiele gefördert werden. Siehe Abschnitt 3c⮥

  • 04f. Imitationslernen und Verhaltensgewohnheiten

    Die Einschätzung einer Situation hängt entscheidend vom Wissen über Handlungsmöglichkeiten, aber auch über Gefahren und Risiken dieser Situation ab. Dieses Wissen wird über Lernprozesse vermittelt. Richtiges Lernen von wichtigen Informationen stellt daher ein Element jeder Sicherheitserziehung dar.

    Je nach Alter werden verschiedene Lernarten eingesetzt. Im Kindergartenalter dominiert das Imitationslernen und das Lernen durch Verstärkung, das für die Bildung von sicheren und unsicheren Verhaltensgewohnheiten verantwortlich ist. Die beste Lernart, das Lernen durch Einsicht (Transfer von Wissen auf neue Situationen), verlangt eine größere Flexibilität des Denkens, findet sich daher in der Regel erst bei älteren Kindern. Aus diesem Grund sollen hier nur die beiden ersten Lernformen näher beleuchtet werden.

    Bei der ersten, für Kinder im Kindergartenalter wichtigen Lernform handelt es sich um das Imitationslernen (Lernen am Modell). Bei diesem Lernen wird vom Kind das Verhalten einer anderen Person (Modell) zunächst beobachtet und sich eingeprägt. In einer vergleichbaren Situation reproduziert dann das Kind das beobachtete Verhalten.

    Beispiel für Imitationslernen
    guv-si-8045_4f-1.webpIm abgebildeten Beispiel beachtet die Erzieherin nicht, dass das spielende Kind sie beobachtet, als sie für die Befestigung eines Mobiles nicht die Leiter benutzt, sondern sich auf eine unsichere Unterlage stellt. Das Kind hat diese Möglichkeit nun registriert.
    Einige Tage später hat es ebenfalls Probleme, einen Gegenstand außerhalb seiner Reichweite zu ergreifen. Hier setzt dann der Imitationsprozess ein: Es wird ebenfalls eine unsichere Unterlage gewählt.

    Die Übernahme von Verhalten durch Imitation hängt von mehreren Faktoren ab:

    Modelle, die für den Beobachter einen hohen Status besitzen, werden stärker nachgeahmt als Modelle mit niedrigerem Status.

    Dies gilt insbesondere, wenn der Beobachter eine positive emotionale Beziehung zu dem Modell hat. Für Kindergartenkinder sind beide Bedingungen (emotionale Beziehung und höherer Status) bei den Eltern und älteren Geschwistern, aber auch bei den Erzieherinnen der Kindergartengruppe erfüllt. Andere starke Modelle sind ältere Freunde (z.B. Hortkinder).

    Weitere Faktoren, die Imitationsprozesse fördern, sind Alter und Fähigkeiten des beobachteten Modells sowie Ängstlichkeit oder Abhängigkeit des Beobachters.

    Für die praktische Sicherheitsförderung im Kindergarten ergeben sich als Konsequenzen:

  • Die Personen, die am stärksten imitiert werden, sollten sich (zumindest) im Beisein der Kinder sicherheitsbewusst verhalten. Für die Beschäftigten der Kindergärten ist dies mit einiger Übung und entsprechender Ausstattung der Einrichtung leistbar, zum Beispiel beim Hochsteigen die Leiter zu benutzen.
  • Schwieriger ist es schon, ältere Kinder (z.B. aus dem im gleichen Gebäude untergebrachten Hort) entsprechend zu beeinflussen.
  • Die wichtigsten »Modelle« sind die Eltern. Gerade bei diesen ist es unerlässlich, dass auch Eile und der tägliche Stress nicht dazu führen, im Beisein der Kinder riskante Dinge zu tun (z.B. in Strümpfen auf glatten Fliesen laufen, Messer ablecken). Mit derartigem Verhalten (selbst wenn es nur selten vorkommt) können die Bemühungen der Beschäftigten der Kindergärten, sicheres Verhalten der Kinderzu fördern, in Frage gestellt werden.
  • Aus diesem Grund ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Elternhaus unerlässlich. Neben den Gesprächen beim Bringen und Abholen der Kinder bieten sich hierfür vor allem Elternabende an. Bei deren Organisation und Durchführung sollten folgende Punkte beachtet werden:
    • Bei der Terminplanung müssen eventuelle parallele Veranstaltungen (auch beliebte Fernsehserien oder Sportübertragungen) berücksichtigt werden:
    • Wichtig ist die Offenlegung des pädagogischen Konzeptes der Kita zur Sicherheitsförderung und zur Verkehrserziehung. Nur so ist eine wirksame Zusammenarbeit mit den Eltern möglich.
    • Die Eltern sollten regelmäßig über das Unfallgeschehen im Kindergarten informiert werden. In vielen Fällen konnten durch Elterninitiativen (Selbsthilfe, Spenden) kleinere bauliche Mängel beseitigt werden.
    • Die Einladung eines »Spezialisten«, wie zum Beispiel eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin der Präventionsabteilung des zuständigen Unfallversicherungsträgers oder der Abteilung Verkehrserziehung der Polizei, ist bei den Themen der Sicherheitsförderung und der Verkehrserziehung zu empfehlen.
    • Filme ermöglichen einen guten Einstieg in ein Thema wie die Sicherheitsförderung. Sie können entweder beim zuständigen Unfallversicherungsträger oder bei der Landesfilmstelle entliehen werden.
  • Ein einmal gezeigtes imitiertes unsicheres Verhalten der Kinder birgt zwar Gefahren, geht aber in den meisten Fällen gut aus.
    Problematisch wird es jedoch, wenn sich aus dem einmaligen unsicheren Handeln eine unsichere Verhaltensgewohnheit entwickelt.

    Der größte Teil menschlichen Verhaltens läuft gewohnheitsmäßig ab. Hier wird nicht mehr über jeden neuen Handgriff nachgedacht (und dabei auch die Risiken abgewogen); vielmehr ist ein bestimmtes Handlungsmuster »in Fleisch und Blut übergegangen«. Verhaltensgewohnheiten treten häufig auf und laufen unbewusst ab. Daher stellt ihre Beeinflussung einen Schwerpunkt jeder Sicherheitserziehung dar. Da viele Verhaltensgewohnheiten schon im Kindergartenalter erworben werden, wollen wir nachfolgend den Mechanismus des Erwerbs näher behandeln.

    Grundlage jeder Verhaltensgewohnheit ist ein einmal gezeigtes, bewusstes Handeln. Die Konsequenz dieses Handelns entscheidet dann darüber, ob es wieder aufgegeben oder wiederholt wird. Bringt das Verhalten dem Handelnden oder einem beobachteten Modell wiederholt Erfolg (positive Verstärkung), ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es gewohnheitsmäßig gezeigt wird. Dies soll anhand eines Beispiels demonstriert werden:

    guv-si-8045_4f-2.webpDas abgebildete Kind weiß aus dem Kindergarten, dass es die Rutschbahn nur sitzend hinabrutschen soll.
    Beim Spielen nachmittags auf einem öffentlichen Spiel­platz rutschen ältere Kinder auf dem Bauch liegend hinab. Sie erzählen dem Kind, wie aufregend dies sei und verspotten es, als es nicht so rutschen will.
    Die sichere Art zu rutschen ist hier also mit Nachteilen verbunden.

    guv-si-8045_4f-3.webpDas Kind versucht daraufhin einmal probeweise das Rutschen auf dem Bauch. Es erleidet keinen Unfall, sondern landet weich im Sand. Das Rutschen sorgt für etwas »Nervenkitzel«; zudem fühlt es sich mutig und anderen Kindern, die nicht so rutschen wollen, überlegen.
    Ein unsicheres Verhalten hatte hier Erfolg.

    guv-si-8045_4f-4.webpDer Erfolg führt dazu, dass das unsichere Verhalten »auf dem Bauch die Rutschbahn hinabzurutschen« häufiger gezeigt wird – sich unter Umständen sogar zu einer Gewohnheit entwickelt.
    Erleidet das Kind hingegen einen Unfall oder hat das unsichere Verhalten sonst negative Folgen, wird das Rutschen auf dem Bauch eventuell wieder aufgegeben. Unfälle sind aber so selten, dass häufig die unsichere Gewohnheit beibehalten wird.

    Der Erwerb von Verhaltensgewohnheiten über Lernprozesse kann aber auch zu sicheren Verhaltensgewohnheiten führen.
    Grundlage hierfür ist eine höhere Attraktivität des sicheren gegenüber dem unsicheren Verhalten.

    Die oben gezeigten Mechanismen kann man für die Sicherheitserziehung nutzen:

  • Spontan auftretendes sicheres Verhalten der Kinder muss immer unterstützt werden (etwa durch Lob und Anerkennung oder auch durch materielle Anreize). Spielen Kinder ein sicheres Spiel gern, kann man es häufiger anbieten.
  • Unsicheres Verhalten – auch einzelner Kinder – darf nicht ignoriert werden. Hier empfiehlt sich der Hinweis auf frühere Unfälle im Kindergarten, die ein solches Verhalten als Ursache hatten. Bei riskanten, aber beliebten Spielen kann versucht werden, die Risiken zu minimieren, die Spielidee jedoch beizubehalten. Hierzu ein Beispiel:
  • Häufig fahren die Kinder auf dem Hof mit Rollern, Rädern und Dreirädern frei umher. Dadurch kommt es immer wieder zu Zusammenstößen. Dieses Spiel kann durch das Aufmalen eines Parcours auf dem Boden »entschärft« werden. Zusätzlich kann die Regel eingeführt werden, dass Kinder, die die »Straßen« verlassen und über »Häuser« fahren, ihr Fahrzeug an ein anderes Kind abgeben müssen. Ein solcher Parcours eignet sich auch als Grundlage für Verkehrs-Rollenspiele.

  • Kinder sollten auf keinen Fall von jeder – auch noch so geringen – Gefahr fern gehalten werden (»in Watte packen«).
    Vielmehr sollen sie im Schutz der Erwachsenen lernen, mit den alltäglichen Gefahren umzugehen. Das Lernen des Umgangs mit den Gefahren kann zwar zu Misserfolgen führen. Gerade aber diese Misserfolge können das Verhalten des Kindes in einer Weise beeinflussen, dass sich sichere Verhaltensgewohnheiten entwickeln. Dadurch können oft spätere schwer­wiegende Unfälle vermieden werden. Ein solches »Heranführen« ist selbst­verständlich nur bei solchen Gefahren möglich, die zu keinen ernsten Schäden führen können.
  • Dies ist beispielsweise beim Erwerb von Geschicklichkeit beim Klettern möglich.
    guv-si-8045_4f-5.webpDie ungefährlichste Art zu klettern ist die auf dem Spielplatz auf niedrigen Klettergeräten, die über Fallschutzplatten montiert sind. Stürze sind hier möglich, bleiben aber ohne ernste Folgen und zeigen dem Kind seine Fehler beim Klettern auf. Haben die Kinder eine gewisse Geschicklichkeit erworben, kann auch einmal eine schwierigere (oft äußerst attraktive) Aufgabe in Angriff genommen werden, zum Beispiel das Erklettern eines niedrigen Obstbaums, der von Wiesen- oder Humusboden umgeben ist. Sind die Kinder motorisch geschickt, und ist eine Erzieherin oder ein Elternteil in der Nähe, die im Falle von Angst eingreifen können, so bleibt auch hier das Risiko kalkulierbar.


    04g. Verhaltenssteuerung und Aufmerksamkeit

    Die Verhaltenssteuerung der Kinder im Kindergartenalter unterscheidet sich sehr stark von der der meisten Erwachsenen. Gerade in diesem Alter orientiert sich Verhalten noch vor allem am Lustprinzip. Die Fähigkeit, Bedürfnisse (etwa zur Erlangung späterer, höherwertiger Ziele) aufzuschieben, ist nicht vorhanden; sie müssen sofort befriedigt werden.

    Es wird direkt auf die Umwelt reagiert. Dabei ist etwa das Wissen über Gefahren, die mit dem eigenen Tun verbunden sind, nicht handlungsregulierend. Die Risiken werden während der Handlung nicht bedacht, obwohl sie später benannt werden können.

    Diese Art der Verhaltenssteuerung wird auch bei Streitigkeiten in den Kinder­gruppen deutlich: Es besteht die Tendenz, erlittenes Unrecht sofort zu vergelten, ohne nach anderen Konfliktlösungen zu suchen und ohne die Folgen für sich selbst zu bedenken. Gleiches gilt im Übrigen beim Beistand für bedrängte Freunde.

    Diese kindlichen Verhaltensstrukturen können von den Betreuern kaum beeinflusst werden, sie brechen selbst bei sonst relativ rational bestimmtem Handeln immer wieder durch. Daraus leitet sich für Betreiber und Mitarbeiter von Kindergärten sowie für Eltern die Verpflichtung ab, Gegenstände, die zu Unfällen mit schweren Folgen führen könnten, von den Kindern fern zu halten.

    Kinder sind mit etwa drei Jahren fähig, Wettbewerbssituationen zu begreifen. Sie sind aber noch nicht in der Lage, Misserfolge in derartigen Situationen adäquat zu ertragen. Ihre Frustrationstoleranz ist sehr gering, das Selbstwertgefühl wird stark gemindert. Als Folge solcher Misserfolge brechen sie dann das begonnene Spiel ab und gehen ihm in Zukunft möglichst aus dem Weg. Erst ab etwa fünf Jahren können sie mit frustrierenden Situationen besser umgehen. Sie »flüchten« dann nicht mehr aus dem Spiel, sondern versuchen, ihre Niederlage durch vermehrte Anstrengungen wettzumachen.

    Für den Einsatz von Spielen, die Maßnahmen zur Sicherheitserziehung unter­stützen können, bedeutet das, dass man Spiele frühestens ab fünf Jahren in ihren Wettbewerbsvarianten anbieten sollte. Im anderen Fall besteht die Gefahr, dass gerade die schwächeren und jüngeren Kinder von den Spielen nicht profitieren können.

    Die Aufmerksamkeit der Kinder zwischen drei und sechs Jahren hat ähnliche Strukturen wie das Denken: Ein Aspekt einer Situation wird beachtet, alle anderen werden ignoriert. Dabei kann der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit äußerst schnell wechseln: Alles Neue und Auffallende zieht das Kind an. Wenn ein Gegenstand in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt ist, wird die umgebende Situation (mit all ihren Gefahren) nicht mehr beachtet. Bestes Beispiel ist der Ball, der aus dem Spielfeld rollt und geholt werden muss. Die Aufmerksamkeit ist auf diesen und nicht auf die Umgebung (z.B. schaukelndes Kind im Laufbereich, Straßenverkehr) gerichtet.

    Für die Praxis in Kindergarten und Elternhaus ergibt sich aus der besonderen Struktur der kindlichen Aufmerksamkeit:

  • Da Kinder ihre Aufmerksamkeit auf Neues, Auffallendes richten, sollten viele neue, attraktive, sichere Spiele angeboten werden – attraktiver als bekannte, riskante Spiele.
  • Da die Aufmerksamkeit nicht teilbar ist, ist es wenig sinnvoll, während eines laufenden Spiels Erklärungen über Gefahren zu geben. Die Aufmerksamkeit der Kinder ist in der Regel auf das Spiel gerichtet. Besser sind Erläuterungen in Spielpausen bzw. vor oder nach dem Spiel.
  • Ältere Kindergartenkinder sind (ähnlich wie bei der Denkentwicklung) fähig, ihre Aufmerksamkeit auf mehr als einen Aspekt zu richten und somit Mehrfachhandlungen auszuführen. Diese Entwicklung kann durch Spiele gefördert werden.
    Hierzu als Beispiel eine Abwandlung des Spiels Hexenmeister⮥:
  • Die Kinder laufen frei umher. Ein Kind ist der Hexenmeister.
    Sagt es einen Zauberspruch, wird jedes Kind in das Tier verwandelt, das es sein will, und bewegt sich entsprechend.
    Wenn der Hexenmeister hingegen mit seinem Zauberbesen auf den Boden klopft, stehen alle Kinder still und machen nur das Geräusch des gewählten Tieres nach. Klopft der Hexenmeister aber mit dem Besen und sagt zusätzlich einen Zauberspruch, so müssen die Kinder Bewegung und Geräusch der Tiere nachmachen. Die Signale wechseln sich dabei in freier Reihenfolge ab. Nach fünf Zauberaktionen wird ein anderes Kind zum Hexenmeister und kann verzaubern – eventuell in andere Tiere oder Gegenstände.


    04h. Gefahrenbewusstsein

    Eine Strategie der Sicherheitserziehung ist die Vermittlung von Wissen über die Gefahren inner- und außerhalb des Kindergartens. Wichtig sind in diesem Zusammenhang vor allem drei Fragen:

  • Welche Informationen über Gefahren besitzt ein Kind im Kindergartenalter im Normalfall?
  • Woher erhält es diese Informationen?
  • Wie wirkt sich Gefahrenwissen auf das konkrete Verhalten aus?
  • Zu diesen Fragen ist zu bemerken:

  • Gefahren können nur dann erkannt werden, wenn sie einen konkreten Bezug zum Kind haben (z.B. ein [mit]erlebter Unfall). Noch nicht eingetretene Gefahren müssen sich zumindest auf Situationen beziehen, die die Kinder gut kennen. Neue, nur abstrakt vorstellbare Gefahren können Kinder nur sehr unzulänglich erkennen.
  • Wenn ein Kind an einem Unfall beteiligt war, beginnt es, die Gefahren zu erkennen, die den Unfall bedingten. Durch den Unfall rücken die Gefahren, die dem Kind eventuell latent bekannt waren, in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit. Der Unfall wird zum Anlass genommen, von sich aus über die Gefahren nachzudenken.
  • Kinder, die unmittelbar an einem Unfall beteiligt waren, haben meist eine gute Gefahrenkenntnis. Dies gilt vor allem dann, wenn sie schuldlos Opfer eines Unfalls wurden. War das Verhalten des Kindes hingegen eine der Hauptursachen für das Zustandekommen des Unfalls, so ist es in der Regel nicht fähig, seinen »Beitrag« zu erkennen. Es wird die Handlungen anderer oder den Beitrag äußerer Umstände überschätzen und sein Verhalten bagatellisieren.
  • Auch Unfallzeugen sind potenziell in der Lage, das Gesehene zu analysieren und dadurch Wissen über Gefahren zu erwerben. Häufig handelt es sich aber um »Knallzeugen«, die erst durch den Unfallknall oder das Schreien des Verunfallten auf das Geschehen aufmerksam wurden. Bei diesen fehlt die genaue Beobachtung des Unfallablaufs und damit die Grundlage einer Analyse.
  • Im Laufe eines spannenden Spiels ist die volle Aufmerksamkeit auf das Spielgeschehen gerichtet. Es ist den Kindern hier nicht möglich, vorhandenes Gefahrenwissen anzuwenden. Auch Erklärungen von Gefahren im Laufe eines Spiels führen zu keinem Erfolg. Erst nach Beendigung des Spiels, mit einiger Distanz, können die Kinder die Gefahren ihres eigenen Spiels benennen.
  • Kinder neigen dazu, bestimmte Gefahren zu überschätzen und andere zu verharmlosen. So wird die Gefahr durch Schläge anderer Kinder oder materielle Unfallursachen (z.B. durch den Stein, über den man gestolpert ist) stark überbewertet, während immaterielle Ursachen (die eigene Geschwindigkeit) weniger beachtet werden. Von vielen Kindern werden im Übrigen Zufälle oder magische Gründe (wie das »Gesetz der Serie«) als Unfallursachen herangezogen.
  • Das Gefahrenwissen bezieht sich in der Regel auf eine konkrete Situation. Eine Übertragung auf (für Erwachsene) vergleichbare Situationen findet nicht statt.
  • Für die praktische Arbeit ergeben sich hieraus folgende Notwendigkeiten:

    guv-si-8045_4h.webp
  • Eine Erklärung von Gefahren, die es nur außerhalb des Kindergartens oder des Elternhauses gibt, ist wenig hilfreich. Hingegen sollte jeder Unfall, der sich im Kindergarten oder im Freundeskreis der Kinder ereignet, zum Anlass genommen werden, mit den Kindern über die zugehörigen Gefahren zu sprechen. Günstig ist es hier, den Verletzten oder Zeugen zu Wort kommen zu lassen.
  • Spätere Erklärungen oder Ermahnungen sollten – wenn möglich – stets mit dem Hinweis auf einen noch nicht lange zurückliegenden Unfall versehen werden (»Weißt du noch, wie letzte Woche der Jens von der Rutschbahn gefallen ist«). Damit erhalten die Kinder ein vorstellbares, konkretes Bild der Unfallsituation, das ihnen ein Erkennen der Gefahren erleichtert.

  • 05. Vorschläge für die Sicherheitserziehung im Kindergarten

    guv-si-8045_5.webpUm die praktische Arbeit in Kindergarten oder Elternhaus zu erleichtern, werden in diesem Abschnitt die wichtigsten Anregungen für eine effektive Sicherheitsförderung zusammengefasst:

  • Sicherheitsförderung soll die Kinder nicht vor Gefahren abschirmen. Nur ein kalkuliertes Vertrautmachen mit den Risiken und Gefahren des Alltags führt dazu, dass die Kinder den sicheren Umgang mit ihnen lernen (also beispielsweise beim Klettern Hilfestellung leisten bzw. Matten auslegen).
  • Sicherheitsförderung darf nie losgelöst von den anderen pädagogischen Maßnahmen betrachtet werden, sondern muss in den normalen Tagesablauf eingebunden werden, da hier die gleichen Entwicklungsvoraussetzungen gelten wie bei allen anderen pädagogischen Themen.
  • Betten Sie Maßnahmen zur Sicherheitsförderung nach Möglichkeit in Spielhandlungen ein. Insbesondere durch Rollenspiele lassen sich Lerninhalte gut vermitteln.
  • Besonders jüngere Kindergartenkinder können nur solche Gefahren verstehen, die sie schon kennen gelernt haben oder die zumindest betrachtet oder betastet werden können. Unbekannte Gefahren, die auf abstrakten Prinzipien beruhen (Elektrizität, Erstickungsgefahr durch Plastiktüten u.a.) können von den Kindern nicht verstanden werden. Allerdings ist auch hier Vermeidungslernen trainierbar. Dazu sind einheitliche Regeln in Kindergarten und Elternhaus notwendig. Treffen Sie Absprachen im Team der Erzieherinnen und im Rahmen von Elternabenden. Im Alter von etwa fünf Jahren können Sie beginnen, die hinter einem Verbot stehende Bedrohung (z.B. Gefahr des Erstickens) auch zu begründen.
  • Gefahrenwissen der Kinder bezieht sich immer auf eine konkrete Situation. Erklären Sie aus diesem Grund gleichartige Gefahren für unterschiedliche Situationen immer gesondert (z. B. Klettergerüst auf dem Außengelände und auf dem Spielplatz in der Nachbarschaft).
  • Verwenden Sie für Erklärungen eine bildhafte Sprache. Je bildhafter ein Gegenstand dargestellt wird, desto besser wird er verstanden und behalten. Wo es möglich ist, lassen Sie die Kinder die Dinge bei Ihrer Erklärung betasten oder beobachten. Fotografien, die gerne als Unterstützung von Erklärungen eingesetzt werden, verlangen oft schon zu viel Transferleistung. Noch ungünstiger sind gezeichnete Bilder. Bei allen Erklärungen sollten Sie auf eine für Kinder verständliche Sprache achten. Aus diesem Grund verzichten Sie bitte auf Passivsätze, Metaphern, Fremdwörter und abstrakte Begriffe.
  • Wiederholen Sie Erklärungen, Regeln oder Hinweise häufig und im gleichen Wortlaut. Dies verbessert die Merkfähigkeit der Kinder ebenso wie der Hinweis, dass sie sich etwas merken sollen. Wichtig ist auch, dass die Kinder die zu merkende Information selbst formulieren.
  • Nehmen Sie jeden Unfall zum Anlass, auf die jeweils zu Grunde liegenden Gefahren hinzuweisen und zeigen Sie gleichzeitig, wie man sie vermeiden oder bewältigen kann.
  • Es ist wichtig, dass alle Personen, die den Kindern als Vorbilder dienen, sich zumindest in deren Beisein sicher verhalten.
  • Motorische Defizite von Kindern können vor allem durch geeignete Spiele gezielt verringert werden. Dabei müssen die Bewegungen häufig wiederholt werden. Um die Motivation der Kinder hierfür zu fördern, fassen Sie unterschiedliche Spiele zu Spielrunden mit einer gemeinsamen Rahmenhandlung zusammen.
  • Passen Sie die Spiele dem Alter und Entwicklungsstand der Kinder an, um Überforderungen zu vermeiden.
  • Verzichten Sie auf Ausscheidungsspiele, da diese Spiele eine Förderung der schwächeren Kinder verhindern können.
  • Führen Sie Sicherheitserziehung nicht für die Kinder, sondern mit den Kindern durch. Ein Ziel ist dabei, dass die Kinder lernen, Verantwortung für andere – z.B. für jüngere Kindergartenkinder – zu übernehmen.

  • 06. Spiele zur Wahrnehmungsförderung

    guv-si-8045_6.webp Die vorhergehenden Kapitel haben gezeigt, dass Kinder ihre Sinnesfunktionen noch nicht ausreichend koordinieren können. Ihr Konzentrationsvermögen ist eingeschränkt und ihre Reaktionszeit verlangsamt. Hinzu kommt eine oft unzureichende Bewegungskoordination bei psychischer Anspannung sowie ein noch nicht ausgeprägtes Gefahrenbewusstsein.

    Deshalb spielt in der Sicherheitsförderung die Verbesserung der Wahrnehmung eine besonders große Rolle, denn diese ist eine Basis der Bewegungssicherheit. Kinder müssen lernen, wichtige von unwichtigen Reizen zu unterscheiden. Sie müssen in der Lage sein, aus der Vielfalt an Informationen diejenigen auszuwählen, die für sie wichtig sind, um so gegenüber auftretenden Gefahren sensibilisiert zu sein.

    Im Folgenden finden Sie Vorschläge für Bewegungsspiele zu den fünf Wahrnehmungsbereichen:

  • kinästhetische Wahrnehmung (Eigenwahrnehmung, Bewegungsempfinden),
  • vestibuläre Wahrnehmung (Gleichgewicht),
  • taktile Wahrnehmung (Tasten, Fühlen),
  • auditive Wahrnehmung (Hören),
  • visuelle Wahrnehmung (Sehen).
  • Diese Wahrnehmungsbereiche sind nur ein Raster zur Orientierung, anhand dessen Übungen gezielt ausgewählt werden können. Die Wahrnehmungs- und Bewegungswelt von Kindern ist wesentlich komplexer. Bei den einzelnen Spielformen werden immer mehrere motorische und sensorische Fähigkeiten gefördert und beeinflussen sich wechselseitig.


    06a. Spiele zur Förderung der kinästhetischen Wahrnehmung (Eigenwahrnehmung, Bewegungsempfinden)

    Die kinästhetische Wahrnehmung liefert dem Kind Informationen über die eigenen Muskeln, Sehnen und Gelenke. Durch sie ist es möglich, den Auf- und Abbau der Muskelspannung zu kontrollieren, unterschiedliche Gelenkstellungen und damit unterschiedliche Bewegungsrichtungen einzelner Körperteile wahrzunehmen sowie Körperpositionen zu halten und zu verändern, zum Beispiel gestreckte Beine bewusst beim Landevorgang einzusetzen.

    Kletten
    Zwei Kinder stehen sich gegenüber. Es wird ein Körperteil benannt, diesen sollen die Kinder »aneinander kleben« und sich durch den Raum bewegen.
    Variation: Eine Hindernisbahn gemeinsam zurücklegen.

    Roboter
    Die Kinder spielen »Roboter«. Sie nehmen eine starre Körperhaltung ein und bewegen sich im Raum. Die Kinder müssen darauf achten, den anderen auszuweichen.
    Variation: Auf ein Signal hin verändern sie ihr Bewegungstempo (ganz langsames – ganz schnelles Gehen, denn »Roboter« können nicht rennen).

    Rollende Reifen
    Jedes Kind bekommt einen Gymnastik-Reifen und kann damit verschiedene Spiele versuchen:
    − den Reifen rollen und versuchen, sich genau so schnell wie der Reifen zu bewegen, dabei möglichst ohne »Unfall« an den anderen Reifen vorbeikommen,
    − den Reifen rollen und versuchen, ihn dabei zu überholen und mit verschiedenen Körperteilen zu stoppen,
    − den Reifen auf der Stelle drehen.

    Zeitungsmauer
    Ein großes Zeitungsblatt wird von zwei Kindern an den Ecken gefasst und zwischen sich gehalten. Die anderen Kinder fahren auf Rollbrettern durch diese Mauer. Bei genügender Geschwindigkeit reißt die Zeitungsmauer.


    06b. Spiele zur Förderung der vestibulären Wahrnehmung (Gleichgewicht)

    Die vestibuläre Wahrnehmung ist für die Gleichgewichtsregulation des Körpers verantwortlich. Sie gibt dem Kind Informationen über die Lage seines Körpers im Raum. Je höher das Gleichgewichtsniveau des Kindes ist, desto bessere Möglichkeiten hat das Kind, sich sicher in seiner Umwelt zu bewegen. Es kann sein Fallen frühzeitig bemerken und entsprechend darauf reagieren.

    Ballkellner
    Die Kinder legen auf einen Tischtennisschläger einen Ball und versuchen, diesen zu balancieren.
    Variation: Balancieren im Gehen oder Laufen. Die Hand mit dem Schläger drehen. Handwechsel.

    Schlangenlinie
    Es werden mit Pappscheiben/Teppichfliesen Schlangenlinien auf dem Boden ausgelegt. Die Kinder müssen versuchen (auf Zehenspitzen), von Deckel zu Deckel zu gehen. Später kann man dann verschiedenfarbige Fliesen auf den Boden legen, wobei die Kinder nur jeweils eine Farbe betreten dürfen.

    Begegnungen auf der Bank
    In Gruppen balancieren die Kinder in zwei Richtungen auf einer Bank und versuchen, aneinander vorbeizukommen, ohne dass ein Kind herunterfällt.
    Variation: Bänke im Viereck aufstellen, alle Kinder balancieren darüber.


    06c. Spiele zur Förderung der taktilen Wahrnehmung (Tasten, Fühlen)

    Die taktile Wahrnehmung reagiert auf Informationen, die über die Haut empfangen werden (Druck, Berührung, Temperatur, Schmerz). Sie trägt dazu bei, dass das Kind die unterschiedliche Beschaffenheit von Materialien und Gegenständen seiner Umgebung differenzieren lernt. Dazu gehört das Erkennen von verschiedenen Gewichten, von unterschiedlicher Feuchtigkeit, Temperatur und Oberflächenbeschaffenheit. Besonders intensiv wird der Tastsinn bei geschlossenen Augen angesprochen.

    Gegenstände sortieren
    In der Kreismitte liegen verschiedene Gegenstände, ein Kind soll mit verbundenen Augen zum Beispiel alle Löffel oder alle Becher herausfinden.

    Fliegenspiel
    Zwei Kinder stehen sich gegenüber, ein Kind schließt die Augen. Das andere Kind tippt mit dem Zeigefinger auf ein Körperteil. Das »blinde« Kind versucht, die »Fliege« abzuschütteln.

    Kitzelmonster
    Die Kinder liegen mit geschlossenen Augen auf dem Bauch. Die Erzieherin/der Erzieher geht umher und berührt die Kinder mit einem Tuch, Seilchen, Feder oder pustet sie vorsichtig an. Die Kinder versuchen, keine Reaktion zu zeigen. Wer vom »Kitzelmonster« besucht wurde, darf zusehen, wie die anderen gekitzelt werden oder selbst mitkitzeln.
    Variation: Das Kitzelmonster begleitet die Aktionen mit Geräuschen oder Sätzen; die Kinder dürfen ebenfalls keine Reaktion zeigen.


    06d. Spiele zur Förderung der auditiven Wahrnehmung (Hören)

    Die auditive Wahrnehmung ermöglicht es, Geräusche, Stimmen, Klänge und Töne wahrzunehmen und sie zu unterscheiden. Das auditive System spielt eine wichtige Rolle für die Verständigung und Kognition; es bildet die Grundvoraussetzung für den Spracherwerb.

    Insbesondere die differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit unterschiedlicher Geräuschquellen im Straßenverkehr sowie im Spielraum ist für die Sicherheit von Kindern bedeutsam.

    Der Polizist
    Die Kinder laufen im Kreis, in der Mitte steht der Polizist. Wenn er einmal pfeift, bleiben die Kinder stehen, wenn er zweimal pfeift, laufen sie weiter.
    Variation: Pfeift der Polizist dreimal, setzen sich die Kinder auf den Boden.

    Heulbojen
    Die Kinder teilen sich in zwei Gruppen. Die eine Gruppe stellt Schiffe dar, die andere die Heulbojen. Die »Schiffe« versuchen mit geschlossenen Augen zum Hafen (andere Spielfeldseite) zu gelangen, ohne eine der im Raum verteilten Bojen zu berühren. Die Bojen geben ihre Position durch akustische Zeichen ( Heulen, Tuten ...) bekannt. Die Geräusche werden lauter, je näher ein Schiff kommt und leiser, wenn es sich wieder entfernt.

    Kleine Hunde – große Hunde
    Gemeinsam wird überlegt, wie kleine bzw. große Hunde bellen (z.B. Dackel ganz hoch und Schäferhunde ganz tief). Die Kinder suchen sich Hunde aus und »bellen« und bewegen sich dazu.


    06e. Spiele zur Förderung der visuellen Wahrnehmung (Sehen)

    Die visuelle Wahrnehmung beinhaltet das Erkennen optischer Reize, die Fähigkeit sie zu unterscheiden und sie durch Verbindungen mit früheren Erfahrungen zu interpretieren. Sie ermöglicht es, die Umwelt zu strukturieren, Vorder- und Hintergrund, nah und fern, Objekte, Größen, Farben, Formen sowie Höhe, Tiefe und Breite eines Raumes zu unterscheiden.

    Zublinzeln
    Die Kinder bilden einen Kreis. Je zwei Kinder stehen hintereinander, nur eines hat keine Partnerin/keinen Partner. Dieses Kind versucht, durch Zublinzeln zu einem Kind, das im Kreis innen steht, eine neue Partnerin/einen neuen Partner zu bekommen. Die Partnerin/der Partner, der hinter dem angeblinzelten Kind steht, versucht, das Kind fest zu halten. Wird ein Kind festgehalten, muss das allein stehende Kind eine andere Partnerin/einen anderen Partner anblinzeln.

    Fliegende Tücher
    Die Kinder haben je ein Jongliertuch und stehen sich zu zweit gegenüber. Auf ein Zeichen werfen sie das Tuch hoch und versuchen, das Tuch des Partner-Kindes in der Luft zu fangen, bevor es den Boden berührt.
    Variationen: • statt eines können zwei Jongliertücher genommen werden • Jongliertücher können durch Luftballons ersetzt werden • beim Platzwechsel verschiedene Fortbewegungsarten (Kriechen, Hüpfen) ausführen.

    Ein Ei gleicht dem anderen
    Alle Kinder haben je einen kleinen Ball und rollen ihn zugleich in eine Richtung. Jedes Kind versucht, seinen Ball nicht aus den Augen zu verlieren und nachher wieder zu finden.
    Variationen: • Gymnastikreifen statt Bälle verwenden • jeder Ball muss eine bestimmte Markierung im Raum erreichen.

    07. Literaturempfehlungen

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    Bundesverband der Unfallkassen (Hrsg.) Sicherheitsförderung – ein Baustein der Gesundheitsförderung in der Schule München, Bestellnummer GUV‑SI 8028.
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    Zimmer, R. Kreative Bewegungsspiele Psychomotorische Förderung im Kindergarten; Freiburg: Herder, 12. Aufl., 2000.
    Zimmer, R. Handbuch der Bewegungserziehung Freiburg: Herder, 2001.
    Zimmer, R. Sport und Spiel im Kindergarten Aachen: Meyer & Meyer, 2001.
    Zimmer, R. Bewegungsförderung im Kindergarten – Kommentierte Medienübersicht
    Anm. der BZgA: Dieser Band ist vergriffen und nicht mehr bestellbar, eine Neuauflage ist nicht vorgesehen. Wir stellen dieses Heft hier aber weiterhin als Archivpublikation im PDF-Format zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass die Inhalte von Archivpublikationen möglicherweise nicht mehr in vollem Umfang dem heutigen Wissensstand oder der aktuellen Rechtslage entsprechen.
    Heft hier herunterladen 617 KB
    Köln: BZGA. 2002.
    Zimmer, R.
    Circus, H.
    Psychomotorik Schorndorf, 1995.
    Links zum Thema Bewegungsförderung: Deutscher Bildungsserver:
    http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=2382
    Beispiele zu Themen der Sicherheitserziehung finden sich auch in »Briefe für den Elementarbereich zur Unfallverhütung und Sicherheitserziehung«, die bei den Trägern der gesetzlichen Unfall­versicherung erhältlich sind.

    08. Autor

    Dr. Torsten Kunz

    Jahrgang 1959.
    Studierte von 1980 bis 1985 Psychologie an der J.W.-Goethe-Universität Frankfurt am Main.
    Seit 1986 war er in der Präventionsabteilung der ehemaligen Eigenunfallversicherung der Stadt Frankfurt am Main unter anderem zuständig für die Bereiche Gesundheits- und Bewegungsförderung.
    Promotion zum Dr. phil. nat. über den Zusammenhang zwischen Unfällen und Bewegungsdefiziten bei Kindern.
    Seit 1995 Leitung der Präventionsabteilung der EUV, ab 1998 Leitung der Präventionsabteilung der neu gegründeten Unfallkasse Hessen.
    Vom Autor liegen zahlreiche Projekte und Veröffentlichungen zu unterschiedlichen Themen der Prävention von Unfällen und Gesundheitsschäden sowie zur Bewegungsförderung in Kindergärten und Schulen vor.

    Impressum

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    Herausgeber
    Bundesverband der Unfallkassen
    🖃 Fockensteinstraße 1, 81539 München
    www.unfallkassen.de
    © 2004 Alle Rechte vorbehalten • Printed in Germany
    Ausgabe Oktober 2004
    Gestaltung und Illustration: Julia Beltz
    Zu beziehen vom zuständigen Unfallversicherungsträger.





    © 23.09.2010 (akt. 06.11.2014) HansiHerrmann.de