Über eine Zeit kriegte die Jägersfrau einen kleinen Jungen und musste zu Bett liegen. Da wurde die Stiefmutter geholt, dass sie das Kind wüsche und anzöge, auch die Suppe kochte und sonst zur Hand wäre, wenn die kranke Frau ihrer bedürfen sollte. Der Jäger aber hatte zur Erheiterung und Kurzweil seiner Frau allerlei Vögel in die Stube gebracht, die sangen, und ein Spiel hatte er gemacht von allerlei Glocken, die klangen. Dicht an dem Hause lag ein großer Teich, auf dem viele Enten schwammen. Nun stand eines Tages die
Stiefmutter am offenen Fenster und sah auf den Teich hinaus, und weil des Jägers Frau schon wieder
auf Besserung war und zuweilen aufstehen konnte, rief ihr die Hexe zu: Als es nun Abend ward und die Magd allein in der Küche war, kam auf dem Teich her eine Ente
angeschwommen, die schnatterte vor dem Gossensteine wie Enten tun: »Niep, Niep! Natt,
Natt!« Und dann fing sie ordentlich an zu sprechen: Da antwortete die Magd: Den zweiten Abend kam sie wieder, steckte den Kopf durch das Gossenloch und schnatterte ganz
betrübt: »Niep, Niep! Natt, Natt!« Und dann fing sie an zu sprechen: Und die Magd antwortete: Darauf sprach die Ente: Das alles erzählte die Magd ihrem Herrn, der sagte: Als nun die Ente den dritten Abend wieder den Kopf durch das Gossenloch steckte, fasste die Magd ein Beil und hieb ihn ab. In demselben Augenblicke, da das Blut floss, wich der Zauber. Die Frau war erlöst und ging zu ihrem Manne. Der freute sich, dass er seine liebe Frau wieder hatte, denn sie erzählte ihm, wie das alles so gekommen und welcher großen Gefahr sie entgangen war. Der Jäger, der nun wusste, was die Stiefmutter für ein böses Weib war, ließ sich nichts merken, sondern sann, wie er sich am besten an ihr rächen könnte. Auf den andern Abend lud er eine große Gesellschaft. Doch musste seine Frau noch zurückbleiben.
Wie sie nun alle zu Tische saßen, stand der Jäger auf und fragte, was sie wohl meinten, dass der
Mutter geschehen müsste, die ihre Tochter in ein unvernünftiges Tier verwünscht hätte. Da sprang
die Stiefmutter auf von ihrem Stuhle und war ganz verblendet und schrie: »Du hast dir selbst dein Urteil gesprochen, du Hexe!« rief der Jäger und ließ seine Frau herein in die Stube treten. Wie das die Hexe sah, dass sie verraten war, ward sie kreideweiß vor Schreck und stürzte der Länge nach auf den Boden hin. Da wurde sie in ein Fass gesteckt, welches mit eisernen Nägeln durchschlagen war. Das wurde auf den höchsten Berg gebracht und da hinabgerollt. So hat die Hexe ihren verdienten Lohn erhalten. |
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Letzte Änderung: 08.09.2025 21:23:26
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